OGH 13Os61/79

OGH13Os61/7931.5.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Mai 1979 unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Horak und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Lackner als Schriftführers in der Strafsache gegen Hans Peter A und einen anderen wegen des Verbrechens des versuchten, schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs 1, 143 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten Hans Peter A erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die vom Angeklagten Richard Walter B erhobene Berufung gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 22. Februar 1979, GZ 20 Vr 1761/78-82, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten Hans Peter A, Rechtsanwaltes Dr. Doczekal, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Hans Peter A wird verworfen.

Seiner Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 5 (fünf) Jahre herabgesetzt wird. Der Berufung des Angeklagten Richard Walter B wird teilweise Folge gegeben und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 15 (fünfzehn) Monate herabgesetzt. Im übrigen wird seiner Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der Gelegenheitsarbeiter Hans Peter A u. a. des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 (Abs 1), 143 StGB (Punkt I) des Schuldspruches) und der Hilfsarbeiter Richard Walter B - abweichend von der insoweit den gleichen Tatvorwurf (Tatbegehung in Gesellschaft des Hans Peter A als Beteiligter gemäß dem § 12 StGB) enthaltenden Anklageschrift - u. a. des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB (Punkt VII) des Schuldspruches) schuldig erkannt.

Das Urteil gründet sich auf den Wahrspruch der Geschwornen, welche insoweit in bezug auf den Angeklagten Hans Peter A die in Richtung des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs 1, 143 StGB (begangen in Gesellschaft des Richard Walter B) gestellte Hauptfrage 2 mit dem Stimmenverhältnis von 7 : 1 bejahten, in Ansehung des Angeklagten Richard Walter B hingegen zwar die ebenfalls in Richtung des Verbrechens des versuchten schweren Raubes nach den §§ 15, 142 Abs 1, 143 StGB (begangen in Gesellschaft des Hans Peter A) gestellte Hauptfrage 1 einstimmig bejahten, ebenso aber auch eine diesbezüglich in Richtung des Rücktritts vom Versuch gestellte Zusatzfrage und eine (für den Fall der Bejahung der Hauptfrage 1 und der erwähnten Zusatzfrage) auf das Vergehen der Körperverletzung nach dem § 83 Abs 1 StGB gerichtete Eventualfrage. Allein gegen den oberwähnten Punkt I) des ihn schuldigsprechenden Erkenntnisses (§§ 15, 142 Abs 1, 143 StGB) wendet sich der Angeklagte Hans Peter A mit einer ziffernmäßig auf den Nichtigkeitsgrund der Z 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützten, der Sache nach aber jenen der Z 6 der genannten Gesetzesstelle zur Darstellung bringenden Nichtigkeitsbeschwerde. In ihr vertritt er die Rechtsansicht, das gesamte Beweisverfahren habe eindeutig ergeben, daß er nur als 'Anstifter' (gemeint: Bestimmungstäter) in Frage komme, weshalb diesem Umstand im Sinne des § 314 StPO durch die Stellung einer entsprechenden Eventualfrage Rechnung zu tragen gewesen wäre. Bei Bejahung dieser Eventualfrage wäre die Qualifikation nach dem § 143 StGB weggefallen, da diese ein räumliches Naheverhältnis des Beteiligten bei Begehung der Tat voraussetze, er sich aber nicht am Tatort, sondern jederzeit weit davon entfernt befunden habe.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu ist festzuhalten, daß nach dem Wahrspruch der Geschwornen zu den Hauptfragen 1 und 2 sowie zu der zur Hauptfrage 1 gestellten, oben näher bezeichneten Zusatzfrage und Eventualfrage Richard Walter B und der Beschwerdeführer vereinbarten, B solle eine Prostituierte zusammenschlagen und fesseln und den (nach der Aktenlage im 'S***' wartenden) Beschwerdeführer sodann anrufen, damit sie gemeinsam die Wohnung der Prostituierten nach Geld durchsuchen können, worauf B auch tatsächlich unter dem Vorwand der Durchführung eines Geschlechtsverkehrs das Zimmer der Prostituierten Anneliese C betrat, ihr einen Faustschlag gegen den Kopf versetzte, sie an den Haaren riß und ihr einen Aschenbecher auf den Hinterkopf schlug, wodurch sie eine Schwellung an der Stirne mit mehrtägigen Schmerzen, verbunden mit einer Gesundheitsstörung unter 24 Tagen erlitt, sodann aber freiwillig die Ausübung des versuchten Raubes aufgab. Der Wahrspruch folgt hiebei ersichtlich der während des gesamten Verfahrens im wesentlichen gleichgebliebenen Verantwortung des Mitangeklagten Richard Walter B in Verbindung mit der Aussage der Zeugin Anneliese C. Daß der Beschwerdeführer etwa B nur zur Tat angestiftet habe, sein späteres eigenes Erscheinen am Tatort zwecks gemeinsamer Suche nach Bargeld und Wegnahme desselben aber nicht vorgesehen gewesen sei, wurde im Zuge der Hauptverhandlung von niemandem vorgebracht und wird auch vom Beschwerdeführer selbst - der bis zuletzt jeden Zusammenhang mit der Tat schlechthin leugnete - gar nicht behauptet.

Ausgehend hievon war aber entgegen der Meinung des Beschwerdeführers die Stellung einer Eventualfrage in Richtung des Verbrechens des versuchten Raubes als Beteiligter nach den §§ 12 (zweite Alternative), 15, 142 Abs 1 StGB in bezug auf seine Person durch nichts indiziert. Denn Raub nach der Bestimmung des Grundtatbestandes nach dem § 142 StGB ist ein Erfolgsdelikt, das im allgemeinen (Ausnahme etwa der Handtaschenraub) in zwei Tatphasen abläuft. Dem Konsens der beiden Angeklagten entsprechend sollte der Beschwerdeführer zwar zeitlich etwas später, nämlich nach der in der Gewaltanwendung als dem Mittel der Deliktsbegehung bestehenden ersten Tatphase, ins Tatgeschehen eingreifen, dessen ungeachtet aber jedenfalls auch selbst an der unmittelbaren Tatbildverwirklichung, wenn auch nur in der zweiten Tatphase, nämlich bei der Sachwegnahme, teilnehmen, sodaß beiden rechtlich die Stellung von Mittätern zukommt, zumal bei Begehung einer Tat durch eine Personenmehrheit jeder Beteiligte die Stellung eines unmittelbaren Täters einnimmt, der diese Mitwirkung im vorsätzlichen Zusammenwirken mit den anderen ausübt und sich an der Ausführung der Tat beteiligt, wobei nicht vorausgesetzt wird, daß jeder dieser Täter das gesamte Tatbild verwirklicht (vgl ÖJZ-LSK 1977/17, u.v.a.). Gegenüber solch unmittelbarer Täterschaft ist Bestimmungstäterschaft aber subsidiär. Wer - so wie hier - andere dazu bestimmt, mit ihm gemeinsam eine Straftat auszuführen, haftet daher nur als unmittelbarer Täter, wobei die Tatsache der Bestimmung erschwerend wirkt (vgl ÖJZ-LSK 1979/33).

Da nach dem Inhalt des Wahrspruches der Geschwornen der Mitangeklagte B den gemeinsamen Entschluß, die Tat solcherart als Mittäter und somit 'in Gesellschaft als Beteiligte' auszuführen, nicht bloß durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung betätigt (§ 15 Abs 1 StGB), sondern durch die Gewaltanwendung gegen sein Opfer bereits mit der Verwirklichung des Tatbildes selbst begonnen und somit einen strafbaren Versuch der Tat gesetzt hat, hat auch der Beschwerdeführer dieses gemeinsam abgesprochene deliktische Verhalten als Mittäter im vollen Umfang mitzuverantworten.

Daß Richard Walter B sodann nach dem weiteren Erkenntnis der Geschwornen freiwillig die Ausführung des versuchten Raubes aufgegeben hat (§ 16 Abs 1 StGB) kommt als persönlicher Strafaufhebungsgrund nur ihm selbst zugute (weshalb er im Sinne der insoweit gestellten Eventualfrage bloß für die der Anneliese C zugefügten leichten Verletzungen im Sinne des § 83 Abs 1 StGB verantwortlich bleibt), nicht aber auch dem Beschwerdeführer, der folglich davon unberührt als Mittäter für die gemeinsame Tat - eben das Verbrechen des versuchten (im Hinblick auf die Raubgenossenschaft schweren) Raubes nach den §§ 15, 142 Abs 1, 143 StGB - haftet.

Die Rüge des Angeklagten Hans Peter A erweist sich daher als unbegründet, weshalb seine Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war. Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten A nach dem 1. Strafsatz des § 143 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe von acht Jahren, über den Angeklagten B nach dem § 147 Abs 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren.

Bei der Strafbemessung waren erschwerend bei beiden Angeklagten die Wiederholung der diebischen Angriffe, der dauernden Sachentziehung und des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen sowie die besonders verwerflichen Beweggründe beim Betrug gegenüber der schwer körperbehinderten Heidi D, beim Angeklagten A überdies drei auf derselben schädlichen Neigung beruhende Vorstrafen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit vier Vergehen und der Umstand, daß er die treibende Kraft bei den Straftaten war, beim Angeklagten B außerdem eine einschlägige Vorstrafe und das Zusammentreffen von sechs Vergehen;

mildernd waren hingegen beim Angeklagten A das Teilgeständnis und der Umstand, daß es beim Raubversuch geblieben ist, beim Angeklagten B das Geständnis und die vom Sachverständigen festgestellte schuldmildernde Psychopathie.

Mit ihren gegen diesen Strafausspruch gerichteten Berufungen streben beide Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes, der Angeklagte B überdies die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an. Insoweit sich die Berufungen gegen die Strafhöhe wenden, kommt ihnen Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat zwar die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig erfaßt, insbesondere hat es auch der Sache nach alle in den Berufungen relevierten Tatumstände berücksichtigt; es ist aber dennoch bei beiden Angeklagten in unzutreffender Gewichtung der Strafzumessungsgründe zu einem überhöhten Strafmaß gekommen. Die verhängten Freiheitsstrafen waren daher auf das der auch vom Tatunrecht mitbestimmten Schuld entsprechende Ausmaß herabzusetzen, wobei der Grad dieser Schuld auch jeweils von den von Grund aus verschiedenen beiden Täterpersönlichkeiten determiniert wird.

Allerdings konnte dem Verlangen des Angeklagten B nach Gewährung einer bedingten Strafnachsicht nicht entsprochen werden. Abgesehen davon, daß das Vorleben dieses Angeklagten nicht ganz ungetrübt ist, fällt insbesondere der Unrechtsgehalt des an der an einen Rollstuhl gefesselten Heidi D begangenen Betruges aus dem Rahmen des Üblichen:

auch wenn diese Straftat nicht unter Ausnützung ihrer Infirmität verübt wurde, so mußte den Tätern doch angesichts der besonderen Hilfsbedürftigkeit dieser Frau bewußt sein, daß sie ihr Opfer um Geldmittel brachten, die diese auf die Hilfe anderer vielfach angewiesene Frau dringender benötigte als die Angeklagten, die sich durch ihre intakte Arbeitskraft die nötigen Subsistenzmittel leicht hätten durch Arbeit verschaffen können und die den herausgelockten Geldbetrag nicht etwa zur Linderung eigener Not, sondern zur Befriedigung eines Luxusbedürfnisses, nämlich zur Fahrt mit einem Mietwagen an den Gardasee, verwendet haben.

Der auf Gewährung der bedingten Strafnachsicht gerichteten Berufung dieses Angeklagten mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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