OGH 13Os60/09m

OGH13Os60/09m15.10.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Oktober 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fuchs und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Krajina als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Horst P***** wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 31. März 2009, GZ 4 Hv 25/09z-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Horst P***** mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er in J***** vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten Abgabenverkürzungen

1. bewirkt, und zwar im Jahr 2004 eine Verkürzung von Umsatzsteuer in der Höhe von 14.000 Euro sowie von Einkommensteuer in der Höhe von 34.999,76 Euro und

2. zu bewirken versucht, und zwar im Jahr 2005 eine Verkürzung von Umsatzsteuer in der Höhe von 8.285,65 Euro sowie von Einkommensteuer in der Höhe von 22.500 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Angeklagten aus Z 4 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt aus dem zweitgenannten Grund Berechtigung zu.

Zwar ist, wie der Vollständigkeit halber vermerkt sei, die Verfahrensrüge (Z 4) unbegründet. Die Abweisung des Antrags auf „Beiziehung eines Buchsachverständigen zum Beweis dafür, dass die tatbildmäßig erforderliche Abgabenverkürzung durch die Vorgangsweise des Angeklagten nicht vorliegt" (S 323), verletzte die Verteidigungsrechte nicht, weil ein unter Beweis gestelltes Sachverhaltssubstrat aus der Antragstellung nicht erkennbar war. Die Lösung von Rechtsfragen aber obliegt nicht einem Sachverständigen, sondern in der Hauptverhandlung dem Gericht (Hinterhofer, WK-StPO § 126 Rz 11, § 127 Rz 12; idS das ablehnende Zwischenerkenntnis S 323 f).

Überdies kommt rechtskräftigen (ON 20) Abgabenbescheiden nach ständiger Judikatur die dem Resultat eines fachspezifischen Ermittlungsverfahrens inhärente Bedeutung einer qualifizierten Vorprüfung der objektiven Tatbestandsvoraussetzungen des jeweils aktuellen Finanzvergehens zu, womit es einer weiteren Überprüfung durch einen Sachverständigen nur dann bedarf, wenn im Beweisverfahren unausgeräumt gebliebene Mängel aus konkreten Details der Tatsachengrundlagen der Bescheide abgeleitet werden (RIS-Justiz RS0087030), was fallbezogen nicht erfolgt ist.

Dem weiteren Antrag auf „Beischaffung der Steuerakten, und zwar sowohl des Einzelunternehmens, wie auch der GmbH" (S 325) fehlte (gleichfalls) ein erkennbares Beweisthema (vgl § 55 Abs 1 zweiter Satz StPO). Das dazu in der Nichtigkeitsbeschwerde Vorgetragene ist verspätet, weil bei der Prüfung der Berechtigung eines Antrags stets von der Verfahrenslage im Zeitpunkt der Stellung des Antrags und den bei seiner Stellung vorgebrachten Gründen auszugehen ist (RIS-Justiz RS0099618).

Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) mit dem Vorbringen, es liege keine vorsätzliche Verletzung der Anzeige- oder Offenlegungspflicht vor, einen Rechtsfehler mangels Feststellungen anspricht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 605), zeigt sie der Sache nach zutreffend auf, dass die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils ausreichende Konstatierungen zur inneren Tatseite vermissen lassen (vgl US 3). Die Tatrichter nannten insoweit lediglich das Wissen des Angeklagten, dass die M*****-GmbH mangels Dienstnehmern und mangels zugekaufter Fremdleistungen vereinbarte Leistungen nicht erbringen konnte, der Angeklagte somit für Leistungen bezahlt habe, von denen er gewusst habe, dass die GmbH sie nicht erbringen könne (US 4). Weitere Feststellungen zur subjektiven Tatseite enthält die angefochtene Entscheidung nicht. Daran ändert die Erwähnung des Wortes „vorsätzlich" im Tatsachenreferat des Erkenntnisses (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) nichts, weil in den Entscheidungsgründen fehlende Feststellungen durch den Spruch des Urteils nicht ersetzt werden (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 271, 580).

Angesichts der wegen des Rechtsfehlers mangels Feststellungen erforderlichen Aufhebung des Urteils bedurfte das übrige Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde keiner Erörterung.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Aufhebungsentscheidung zu verweisen.

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