Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Den beiderseitigen Berufungen wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Günter O*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 1.März 1947 geborene Installateur Günter O*** wurde des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen (richtig: gewerbsmäßigen schweren) Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 und 3, 128 Abs. 1 Z. 2 und 3, Abs. 2, 129 Z. 1, 130, zweiter Fall, und 15 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, von 1980 bis Mai 1986 in verschiedenen Orten Österreichs in insgesamt 32 Angriffen gewerbsmäßig, teils in Gesellschaft der Mitangeklagten Elisabeth C***, teils allein fremde bewegliche Sachen in einem 100.000 S übersteigenden Wert (vorwiegend Antiquitäten und alte Gebrauchsgegenstände, in einem Fall eine alte Holzplastik und ein altes Holzkruzifix von allgemein anerkanntem künstlerischem Wert) zum Teil durch Einbruch, zum Teil in der Religionsausübung dienenden Räumen, in einem Fall unter Ausnützung einer Gelegenheit, die durch eine ihm aufgetragene Arbeit als Installateur geschaffen worden war, mit dem Vorsatz, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, anderen weggenommen oder wegzunehmen versucht zu haben (I 1-25, II 1 a-c, 2 a-d). Diesen Schuldspruch bekämpft Günter O*** aus § 281 Abs. 1 Z. 4, 5, 9 lit. b und 10 StPO.
Zur Beschwerde:
Als Verfahrensfehler rügt der Beschwerdeführer die Abweisung der in der Hauptverhandlung gestellten Anträge auf zeugenschaftliche Vernehmung
a) des Alfred F*** zum Beweis, daß die Mitangeklagte Elisabeth C*** bereits mit Antiquitäten Geschäfte gemacht habe, bevor sie ihn (O***) kannte,
b) des Alfred F***, der Edith O*** und des Alfred
O*** zum Beweis, daß er regelmäßig Flohmärkte in Vorarlberg und Niederösterreich besucht habe,
c) des Otto S*** zum Beweis, daß er von diesem einen Tisch geschenkt erhalten habe (S. 68 Bd. III).
Durch das Unterbleiben dieser Beweisaufnahmen sind jedoch Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt worden. Daß Elisabeth C*** schon vor ihrer Bekanntschaft mit dem Nichtigkeitswerber sich mit Antiquitätengeschäften befaßt hat, war nach Ansicht des Erstgerichts nicht auszuschließen, wurde aber mangels Eignung dieses Umstands, den Angeklagten zu entlasten, mit Recht als unerheblich erachtet. Zugebilligt wurde dem Beschwerdeführer, Flohmärkte in Vorarlberg und Niederösterreich besucht und alte Gebrauchsgegenstände sich nicht ausschließlich durch Diebstähle verschafft, sondern möglicherweise auch reell erworben zu haben; insoweit wurde das Beweisthema ohnehin im Sinn des Antragstellers als geklärt angesehen. Zudem wurde als erwiesen angenommen, daß Otto S*** dem Angeklagten einen Tisch geschenkt hat. In diesem Zusammenhang hat das Gericht aber zutreffend erkannt, daß auf Grund der im Vorverfahren gegebenen Beschreibungen des S*** (S. 497 f., Bd. I) und des Eduard B*** (S. 507 ff., Bd. I) eine Feststellung der Identität dieses Tisches mit dem an den Antiquitätenhändler B*** verkauften (laut Verantwortung der Elisabeth C*** gestohlenen) Tisch nicht zu erwarten war. Keine der angebotenen Beweisaufnahmen war daher zur Widerlegung der den Rechtsmittelwerber belastenden Darstellung der Mitangeklagten C*** geeignet.
Rechtliche Beurteilung
Soweit ein Verfahrensmangel im Unterbleiben weiterer, in der Anklageschrift beantragter Zeugenvernehmungen erblickt wird, fehlt für dessen erfolgreiche Geltendmachung die formelle Voraussetzung eines in der Hauptverhandlung vom Beschwerdeführer gestellten, nicht oder abschlägig erledigten Beweisantrags. Aus der Tatsache, daß auf die betreffenden Zeugen von der Verteidigung nicht ausdrücklich verzichtet worden ist, kann der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 4 StPO nicht abgeleitet werden.
Als Urteilsunvollständigkeit rügt der Angeklagte, das Erstgericht habe folgende Verfahrensergebnisse und außerdem Widersprüche in den Angaben der ihn belastenden Mitangeklagten Elisabeth C*** im Vorverfahren gegenüber ihrer Verantwortung in der Hauptverhandlung übergangen: Zu I 3 (Faktum 28 der Anzeige = I 4 der Anklageschrift) habe C*** vor dem Untersuchungsrichter (ON. 16 S. 401 Band I) ausgesagt, der Kleiderständer sei total verschimmelt gewesen, sie habe ihn gereinigt und in ihrer Wohnung aufgestellt. In der Hauptverhandlung habe sie bekundet, sie habe den Kleiderständer gebeizt und angemalt; zu I 4 (Faktum 37 der Anzeige = I 5 der Anklageschrift) habe C*** erstmals in der Hauptverhandlung vorgebracht, der Nichtigkeitswerber habe neben dem Kaffeeservice auch einige Stabellen mitgenommen; zu I 2 (Faktum 26 der Anzeige = I 3 der Anklageschrift) sei die Urteilsfeststellung, der Angeklagte habe 1980 oder 1981 in Koblach oder Mäder mehrere alte Handschriften aus den Jahren 1749 und 1814 gestohlen, aktenwidrig, weil C*** sowohl im Vorverfahren als auch in der Hauptverhandlung jeweils gesagt habe, sie wisse nichts von Handschriften.
Dem ist zu erwidern:
Angesichts des Gebots gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs. 2 Z. 5 StPO) war das Schöffengericht nicht gehalten, sich mit dem nicht entscheidungswesentlichen Umstand auseinanderzusetzen, daß Elisabeth C*** vor dem Untersuchungsrichter nicht auch vorgebracht hat, den Kleiderständer gebeizt und angemalt zu haben (I 3).
Entgegen der Behauptung in der Nichtigkeitsbeschwerde hat C*** zu I 4 nicht in der Hauptverhandlung erstmals behauptet, der Angeklagte O*** habe neben dem Kaffeeservice auch einige Stabellen mitgenommen (siehe hiezu deren Angaben schon vor dem Untersuchungsrichter auf S. 403 im Band I).
Eine Aktenwidrigkeit liegt gemäß dem Wortlaut des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO vor, wenn zwischen dem eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde und der Wiedergabe dieses Inhalts in den Entscheidungsgründen ein erheblicher Widerspruch besteht. Aus dem Inhalt der Aussagen der Angeklagten C*** vor der Gendarmerie (S. 115 Band I), vor dem Untersuchungsrichter (S. 400 Band I) und in der Hauptverhandlung (S. 31 Band III) in Verbindung mit dem auf den Angaben der C*** beruhenden Teil der Gendarmerieanzeige (S. 227 Band I) konnte das Gericht auf Grund seiner an keine Regeln gebundenen Beweiswürdigung den durchaus denkmöglichen Schluß ziehen, daß die zu I 2 angeführten Handschriften Beute eines von beiden Angeklagten in den Jahren 1980 oder 1981 im Raum Koblach oder Mäder verübten Diebstahls waren. Da diese Urteilsfeststellung den Angaben der Elisabeth C*** in sämtlichen Stadien des Strafverfahrens nicht entgegensteht, ist die behauptete Aktenwidrigkeit nicht gegeben.
Verfehlt ist ferner die Rechtsrüge (Z. 9 lit. b), dem Angeklagten komme hinsichtlich des Urteilsfaktums I 1 tätige Reue zustatten, weil er die erbeutete Holzstatue (freiwillig und bevor die Behörde von seinem Verschulden erfahren habe) in die Kapelle in Egg zurückgebracht habe. Er übersieht nämlich, daß bei diesem im Sommer 1980 in Egg gemeinsam mit Elisabeth C*** verübten Einbruchsdiebstahl außerdem ein in weiterer Folge nicht zurückgestelltes altes Holzkruzifix gestohlen und mithin nicht der ganze aus dieser Tat entstandene Schaden wiedererstattet worden ist (siehe § 167 Abs. 2 Z. 1 StGB).
Den Ausspruch, er habe die ihm angelasteten Diebstähle jeweils in der Absicht begangen, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, bekämpft der Angeklagte als mangelhaft begründet (Z. 5) und als rechtlich verfehlt (Z. 10). Seine Beschwerde versagt auch in diesem Belang.
In tatsächlicher Hinsicht ist das Erstgericht auf Grund der für glaubwürdig erachteten Angaben der Elisabeth C*** und sohin mit zureichender Begründung davon ausgegangen, daß es O*** von Anfang an darum gegangen ist, die Diebsbeute durch die wegen ihrer Stellung als Lehrerin unverfänglich erscheinende C*** an Antiquitätenhändler abzusetzen, und daß diesem Vorhaben entsprechend von jener zahlreiche, aus der umfangreichen Diebsbeute stammende Gegenstände tatsächlich auf den Markt gebracht worden sind (S. 85, 119 ff., Band III). Die Ablehnung der gegenteiligen Verantwortung des Beschwerdeführers, Antiquitäten und alte Gebrauchsgegenstände als Sammlerstücke erworben und lediglich einen Schrank sowie zwei Uhren weiterveräußert zu haben, stellt einen der Anfechtung im Nichtigkeitsverfahren entzogenen Akt der Beweiswürdigung dar. Mithin haften dem Urteil im Zusammenhang mit der Annahme, daß die Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) des Angeklagten jeweils darauf gerichtet gewesen ist, sich durch die Verwertung der bei den wiederkehrend begangenen schweren Diebstählen erzielten Beute eine für längere Zeit wirksame (fortlaufende) Einkommensquelle zu erschließen, formelle Begründungsmängel (Z. 5) nicht an.
Mit der Behauptung, lediglich zufällig günstige Gelegenheiten zu Diebstählen ausgenützt und innerhalb eines Zeitraums von mehreren Jahren nur in wenigen Einzelfällen, ohne daß dies vorher geplant gewesen wäre, Diebsgut an Antiquitätenhändler verkauft zu haben, entfernt sich der Beschwerdeführer von den Urteilsfeststellungen, sodaß es insoweit an einer gesetzmäßigen Darstellung der angezogenen Nichtigkeit (Z. 10) fehlt. Soweit erbeutete Gebrauchsgegenstände unmittelbar der Befriedigung von Lebensbedürfnissen dienten, ist es zudem ohne Bedeutung, ob der Täter diese Sachwerte veräußern oder für sich verwenden wollte (LSK. 1977/8 u.a.). Desgleichen ist irrelevant, in welchem Umfang er das Diebsgut gewinnbringend zu veräußern vermochte (LSK. 1978/109).
Schließlich kann die auf wiederkehrende Einnahmen zielende innere Tendenz auch durch den Beschwerdeeinwand, die Einkünfte aus den Diebstählen wären im Verhältnis zu seinen legalen Einkünften nicht ins Gewicht gefallen, nicht in Frage gestellt werden. Kommt es doch nach ständiger Rechtsprechung bei der Frage der Gewerbsmäßigkeit nicht darauf an, welche Bedeutung die erstrebte Einnahmsquelle im Rahmen der sonstigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters hat. Es ist daher nicht entscheidend, ob und inwieweit der Täter die durch die wiederholte Tatbegehung erzielten Einkünfte für seinen Lebensunterhalt verwendet oder sich nur zusätzliche Einnahmen verschaffen will, sofern nur, wie dies hier zweifelsfrei zutrifft, das kriminelle Nebeneinkommen die Bagatellgrenze übersteigt. Der bekämpfte Ausspruch erweist sich damit auch in rechtlicher Beziehung als fehlerfrei.
Zu den Berufungen:
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten Günter Josef O*** nach dem zweiten Strafsatz des § 130 StGB eine Freiheitsstrafe von vier Jahren. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, den raschen Rückfall, die mehrfache Qualifikation zum Verbrechen des Diebstahls, die Wiederholung der diebischen Angriffe, die Begehung durch lange Zeit und den sehr hohen Schaden, mildernd hingegen ein Teilgeständnis und daß es teilweise beim Versuch geblieben ist. Mit ihren Berufungen begehren die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung der Freiheitsstrafe, der Angeklagte deren Herabsetzung. Beide Berufungen sind im Ergebnis nicht begründet.
Es trifft zu, daß der Angeklagte durch das Bezirksgericht Bregenz zuletzt am 25.August 1980 wegen § 165 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Da die verfahrensgegenständlichen Tathandlungen des Angeklagten aber schon 1980 begannen, liegt (zu Recht) der Erschwerungsgrund des raschen Rückfalls, keineswegs aber der Milderungsgrund einer lang zurückliegenden Vorstrafe vor. Von den elf Vorverurteilungen O*** ergingen fünf wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen. Demnach kann keine Rede davon sein, ein Großteil seiner Vorverurteilungen beruhe nicht auf gleicher schädlicher Neigung wie die gegenständlichen Straftaten. Wenn der Berufungswerber von 32 Fakten sich nur in sechs geständig verantwortete, kommt ihm zu Recht nur ein Teilgeständnis zugute.
O*** hatte trotz seiner 1980 erfolgten Eheschließung bis Ende 1985 eine festes Verhältnis mit Elisabeth C***. Dies läßt die Annahme nicht zu, er hätte ein ordentliches Leben als Familienvater geführt. Nach ständiger Rechtsprechung stellen Sorgepflichten einen Milderungsgrund nach den Bestimmungen des StGB nicht dar. Zutreffend wird in beiden Berufungen darauf verwiesen, daß vorliegend Tatwiederholung und Tatbegehung durch längere Zeit in der Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung aufgehen und daher als besondere Erschwerungsgründe nicht heranzuziehen sind, wenngleich Gewerbsmäßigkeit auch bei bloß einmaliger Delinquenz denkbar ist. Mit Recht führt die Staatsanwaltschaft in ihrer Berufung aus, daß dem Angeklagten zwei weitere Erschwerungsgründe anzulasten sind:
Er hat die Mitangeklagte Elisabeth C*** zur Begehung der Straftaten verführt (§ 33 Z. 3 StGB) und er war an der Ausführung der Diebstähle führend beteiligt (§ 33 Z. 4 StGB). Auf der anderen Seite kommt aber dem Angeklagten zugute, daß ein beträchtlicher Teil der Diebsbeute sichergestellt wurde und dadurch der Unwert der Diebstähle gemildert wurde.
Unter sorgfältiger Würdigung der so zu berichtigenden erstgerichtlichen Strafbemessungsgründe erachtet der Oberste Gerichtshof die vom Schöffengericht ausgemessene Freiheitsstrafe als tätergerecht, so daß weder zu einer Reduktion noch zu einer Erhöhung Anlaß besteht.
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