OGH 13Os53/14i

OGH13Os53/14i14.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. August 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Anscheringer als Schriftführer in der Strafsache gegen Andreas F***** wegen mehrerer Verbrechen der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 13. März 2014, GZ 12 Hv 16/14t‑22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0130OS00053.14I.0814.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Andreas F***** mehrerer Verbrechen der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 12. Jänner 2014 in G***** an fremden Sachen ohne Einwilligung der Eigentümer eine Feuersbrunst verursacht, indem er in den Kellerräumen der Wohnhäuser G*****gasse *****, W*****gasse ***** und M*****straße ***** durch Entzünden von Mülltonnen oder von in den Kellerräumen gelagerten Gegenständen Brände legte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl.

Dem Vorwurf einer Scheinbegründung (Z 5 vierter Fall) zuwider haben die Tatrichter die Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen unter Einbeziehung (US 6 f) der (allerdings als unglaubwürdig verworfenen, vorsätzliche Brandlegung leugnenden) Verantwortung des Angeklagten auf die vernetzte Betrachtung unter anderem der Umstände, dass die drei Tatorte im Umkreis von nur wenigen Gehminuten vom Wohnhaus des Angeklagten (und seines „Stammlokals“) liegen und die Brände nachts innerhalb eines Zeitraums von nur 73 Minuten jeweils nach dem selben modus operandi gelegt wurden, einer in der Hauptverhandlung in Augenschein genommenen Videoaufzeichnung (die den Angeklagten zur Tatzeit bei Betreten des Tatorts im Haus M*****straße ***** zeigt; US 7) und des (erst angesichts der Videoaufzeichnung erfolgten) Zugeständnisses des Angeklagten, die Feuersbrunst im Haus M*****straße ***** fahrlässig verursacht zu haben, gegründet (US 6 ff), was unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist.

Mutmaßungen, Meinungen, Werturteile und Schlussfolgerungen sind nicht Gegenstand des Zeugenbeweises (RIS-Justiz RS0097573 [insbesondere T9]), weshalb das Erstgericht zur Erörterung der Vermutung des Mohsen A*****, wonach zwei Burschen, die in der Tatnacht beim Verlassen des Hauses G*****gasse ***** beobachtet worden seien, als Täter in Betracht kommen könnten, gerade nicht verhalten war. Die Angaben des Genannten zu dessen sinnlichen Wahrnehmungen (vgl erneut RIS-Justiz RS0097573) haben die Tatrichter der weiteren Kritik (Z 5 zweiter Fall) zuwider in ihre Überlegungen miteinbezogen (US 9).

Der behauptete Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zwischen der Feststellung, wonach der Angeklagte seine Wohnung gegen 1:30 Uhr der Tatnacht zur Ausführung der zuvor geplanten Brandstiftungen verließ (US 4), und der ‑ auch gar nicht entscheidungswesentlichen - Konstatierung, nach der er zuvor nicht schlafen konnte (US 4), ist nicht erkennbar.

Mit dem Einwand, der Angeklagte habe früheren Vorverurteilungen zugrunde liegende Taten stets gestanden, dem Hinweis auf die Verantwortung des Angeklagten, wonach er versucht habe, die Flammen zu löschen, gehofft habe, das Feuer werde noch ausgehen, und die Polizei aus Angst, ihm würden weitere Brandstiftungen angelastet werden, von dem (angeblich bloß) fahrlässig verursachten Brand nicht verständigt habe, sowie der Behauptung, die „Route“, die der Angeklagte zurückgelegt haben müsste, sei „nicht nachvollziehbar“, bekämpft die Rüge nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Dem Einwand von Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) zuwider finden sich die Angaben des Angeklagten anlässlich seiner ersten Vernehmung vor der Kriminalpolizei, wonach er mit den Bränden nichts zu tun habe und sich auch nicht vorstellen könne, wer diese verübt hat, im Akt an der vom Erstgericht angegebenen Fundstelle (ON 5 S 43; US 6).

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS‑Justiz RS0118780).

Die Tatsachenrüge des Angeklagten, die in teilweiser Wiederholung des Vorbringens der Mängelrüge hinreichende Indizien für das dem Schuldspruch zugrunde liegende Verhalten des Angeklagten bestreitet und einen Freispruch „hinsichtlich der Brände in der G*****gasse und der W*****gasse“ aufgrund „der bestehenden Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten“ fordert, erweckt keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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