OGH 13Os46/92-6

OGH13Os46/92-611.6.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Juni 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Lachner, Dr. Kuch und Dr. Massauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Windisch als Schriftführer in der Strafsache gegen Mustafa A***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG, § 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Mustafa A***** und Mustafa U***** und über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Zollamtes Feldkirch gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 18.Februar 1992, GZ 20 Vr 1667/91-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Mustafa A***** und Mustafa U***** des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 und Abs. 3 Z 3 SGG im Deliktsstadium des Versuches nach dem § 15 StGB (Punkt 1 des Urteilssatzes) und des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG (Punkt 2) schuldig erkannt. Darnach haben sie

zu 1) am 2.Dezember 1991 den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer Menge, die zumindest das Fünfundzwanzigfache jener ausmacht, deren Weitergabe geeignet wäre, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen, nämlich 1.500 Gramm Heroin mit einem Heroinbasegehalt von ca. 400 Gramm, per Bahn aus Vorarlberg in die Schweiz aus- und einzuführen versucht;

zu 2) das genannte Suchtgift, mithin eine Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen wurde, dadurch, daß sie es auf dem Bahnhof Feldkirch unter einem Sitz eines Zugabteils versteckten, vorsätzlich verheimlicht.

Von der Anklage, sie hätten am 1. und 2.Dezember 1991 dieses Suchtgift auch aus der Türkei durch Ungarn und Jugoslawien nach Österreich eingeführt, wurden die Angeklagten gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Die Angeklagten bekämpfen diesen Schuldspruch mit getrennt ausgeführten, jeweils auf die Gründe der Z 5, 5 a und 9 lit. a, Mustafa U***** auch auf den der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden. Mit ihren Berufungen streben der Angeklagte Mustafa A***** eine Herabsetzung der "Strafe" an; Mustafa U***** eine Minderung der Freiheits-, Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe und die bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe. Die Staatsanwaltschaft hingegen begehrt eine Erhöhung der über die Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen. Der Vertreter des Zollamtes Feldkirch hat in der Hauptverhandlung Berufung angemeldet (S 213), diese in der Folge aber nicht ausgeführt.

Den Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht stellte zum Schuldspruch wegen des Vergehens der Abgabenhehlerei nach dem § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG fest, den Angeklagten sei bewußt gewesen, daß sie durch das Verstecken des Heroins unter dem Sitz ihres zuerst benützten Abteils des von Feldkirch in die Schweiz führenden Zuges D 448 eine Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen worden war, verheimlichten, worauf es ihnen auch angekommen sei (US 5). Es begründete dies damit, daß es eine offen zutageliegende Tatsache sei, daß ein in Österreich befindliches Heroin zuvor geschmuggelt worden sein mußte (US 7).

Der in den Mängelrügen (Z 5) der Angeklagten erhobene Vorwurf, das Erstgericht gebe damit nur eine offenbar unzureichende Begründung, ist unzutreffend. Im Hinblick auf den gerichtsnotorischen Mangel einer selbst illegalen Erzeugung von Heroin in Österreich, ist die Annahme, daß dieses Suchtgift auch in geringen Mengen nur im Wege des Schmuggels nach Österreich gelangt sein kann, denkrichtig (Dorazil-Harbich, Komm. zum FinStrG, § 37 E 15).

Auch das Vorbringen der Angeklagten in ihren Tatsachenrügen (Z 5 a) ist nicht stichhältig.

Das Gericht stützte den Schuldspruch vor allem auf die Angaben der als Zeugen vernommenen Zollwachebeamten Leopold O*****, Dietmar K***** und Raimund U*****, die den Zug observiert hatten. Der Letztgenannte hatte das Suchtgift, das unter einem Sitz in einem zuvor von den beiden Angeklagten allein belegten Zugabteil versteckt worden war, sichergestellt. Demgegenüber behaupten die beiden Angeklagten, das Gericht sei der Frage nicht nachgegangen, ob sich auf dem Verpackungsmaterial des Suchtgifts oder auf den sichergestellten Gummihandschuhen (die zur "professionellen Manipulation von Suchtgift geeignet" waren, US 8) verwertbare Fingerabdrücke befanden, übergeht dabei aber den im Akt erliegenden Untersuchungsbericht (vgl. S 169). Im übrigen bezeichnet der Angeklagte A***** die Beweiswürdigung des Erstgerichtes als fragwürdig. Der Angeklagte U***** wendet sich in seiner Rüge dagegen, daß das Erstgericht seiner Verantwortung, er habe mit dem Suchtgift nichts zu tun gehabt, nicht folgte, bezeichnet die maßgeblichen Urteilsüberlegungen der Tatrichter als dürftig und nicht geeignet, die Täterschaft nachzuweisen und versucht, aus den Verfahrensergebnissen andere, für ihn günstigere Schlußfolgerungen abzuleiten. Damit vermögen die Beschwerdeführer aber nicht aufzuzeigen, inwieweit der Schöffensenat seine Pflicht zur amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit durch Übergehen aktenkundiger Umstände in einer Weise verletzt hätte, daß daraus erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des dem Schuldspruch zugrunde gelegten entscheidenden Sachverhalts resultieren müßten. Denn eine für die Anfechtung erforderliche, an die Aktenlage gebundene Geltendmachung von Bedenken gegen die Annahme entscheidender Tatsachen kann keineswegs in dem Vorbringen bestehen, daß das Erstgericht Beweisergebnisse bedenklich gewürdigt habe. Der Umstand, daß aus den von den Tatrichtern angeführten Prämissen auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen hätten gezogen werden können, ist für sich allein nicht geeignet, jene erheblichen Bedenken darzutun, auf die der Grund der Z 5 a des § 281 Abs. 1 StPO abstellt (13 Os 130/91 ua).

Die Rechtsrügen (Z 9 lit. a) der Angeklagten entbehren zur Gänze einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Der Angeklagte A***** verweist lediglich auf sein Vorbringen zu den Gründen der Z 5 und 5 a; in diesem Umfange sind seine Ausführungen als Rechtsrüge deshalb unbeachtlich, weil sie sich als ein auf Korrektur der Urteilsfeststellungen gerichtetes Vorbringen erweisen, auf das bereits im Rahmen der Behandlung der Mängel- und Tatsachenrüge eingegangen wurde.

Der Angeklagte U***** behauptet hinsichtlich des Schuldspruches zu Punkt 2 des Urteilssatzes Feststellungsmängel zur subjektiven Tatseite, übergeht dabei aber die oben angeführten Urteilskonstatierungen (vgl. US 5). Aus diesen ergibt sich auch, daß die Angeklagten im Hinblick auf dieses festgestellte vorsätzliche Verhalten Einsicht in das traditionelle Verbot des Schmuggels selbst hatten und um das rechtliche Verbotensein ihres Verhaltens wußten; damit trifft auch das weitere Vorbringen dieses Angeklagten nicht zu, das Urteil enthalte keine Feststellung darüber, daß er das Suchtgift als Schmuggelware angesehen und erkannt habe. Die Rüge geht daher nicht, wie dies zur gesetzmäßigen Darstellung einer Rechtsrüge erforderlich ist, vom festgestellten Urteilssachverhalt aus.

Unter dem Grund der Z 11 bringt der Angeklagte U***** vor, das Erstgericht habe bei der Begründung der nach dem Finanzstrafgesetz verhängten Strafe nur auf die "gefestigte Judikatur" des Oberlandesgerichtes Innsbruck verwiesen und habe dadurch in unvertretbarer Weise gegen Bestimmungen über die Strafbemessung verstoßen. Dieser Beschwerdeführer übersieht dabei aber die anderen gegebenen Erwägungen zur Strafbemessung (vgl. Urteil S 11) und geht damit auch hier nicht vom Urteilssachverhalt aus. Die Ausführungen im Rahmen der Berufung zum Doppelverwertungsverbot - ein solcher Verstoß könnte Nichtigkeit nach der Z 11, zweiter Fall, bilden (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO3, § 281 Z 11 ENr. 11) - gehen deshalb fehl, weil der Umstand, daß das Erstgericht bei der Strafzumessung die vielfache Überschreitung der Übermenge als erschwerend wertete, als eine über den "Normalfall", welche die gesetzliche Vertypung im Auge hat, hinausgehende Begehungsart von diesem Doppelverwertungsverbot nicht erfaßt wird (Leukauf-Steininger, Komm.3, § 32 RN 15).

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten waren daher teils als offenbar unbegründet gemäß dem § 285 d Abs. 1 Z 2 StPO, teils als nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt nach dem § 285 d Abs. 1 Z 1 StPO im Zusammenhalt mit dem § 285 a Z 2 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Über die Berufungen wird demnach das Oberlandesgericht Innsbruck zu entscheiden haben (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

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