OGH 13Os45/23a

OGH13Os45/23a28.6.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Juni 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Mair in der Strafsache gegen * M* wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm § 129 Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm § 130 Abs 1 erster Fall) und 15 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. März 2023, GZ 34 Hv 60/22y‑119, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0130OS00045.23A.0628.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Konfiskationserkenntnis sowie im Ausspruch der Einziehung eines Messers mit Scheide der Marke Columbia aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde im Übrigen wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * M* – soweit hier von Bedeutung – des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm§ 129 Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm § 130 Abs 1 erster Fall) und 15 StGB (I) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in W* und an anderen Orten vom 1. Juli 2020 bis zum 29. April 2022 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz (unter Verwirklichung der Kriterien des § 70 Abs 1 Z 1 und 3 StGB) gewerbsmäßig anderen Wertgegenstände und Bargeld in dem insgesamt 5.000 Euro übersteigenden Wert von 38.211 Euro durch Einbruch in Wohnstätten weggenommen und wegzunehmen versucht, indem er jeweils die Wohnungstüre mit einem Brecheisen aufbrach, und zwar in W* N*

I 2 C) am 11. November 2021 dem * E* und

I 3) vom 4. bis zum 12. November 2021 Gewahrsamsträgern der M* OHG Immobilien Kanzlei,

wobei es jeweils beim Versuch blieb,

sowie anderen namentlich genannten Geschädigten in – im Urteil näher dargestellten – zumindest 12 weiteren Angriffen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Allein gegen den dargestellten Schuldspruch I 2 C und I 3 sowie die Konfiskation eines in Polen zugelassenen PKW der Marke Mercedes Sprinter richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der – wie auch die Generalprokuratur zutreffend ausführt – teilweise Berechtigung zukommt.

[4] Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) aus dem im Urteil berücksichtigten (US 13) Ergebnis einer Untersuchung von an Tatorten in W* N* gesicherten Lackspuren (ON 118 S 18 iVm ON 69 S 585 ff) anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Angeklagten günstige Schlüsse ableitet, bekämpft sie nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung in unzulässiger Weise die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

[5] In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[6] Zutreffend zeigt der Beschwerdeführer auf, dass der Ausspruch der Konfiskation in Ansehung einesin Polen zugelassenen PKW der Marke Mercedes Sprinter mit Nichtigkeit (Z 11 dritter Fall) behaftet ist, weil das Erstgericht die in § 19a Abs 2 StGB zwingend vorgesehene Verhältnismäßigkeitsprüfung gänzlich unterließ (RIS‑Justiz RS0088035 [insbesondere T7]). Damit erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere dazu erstattete Beschwerdevorbringen.

[7] Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof zudem, dass das angefochtene Urteil mit nicht geltend gemachter Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 11 StPO behaftet ist, die zum Nachteil des Angeklagten wirkt und daher von Amts wegen aufzugreifen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):

[8] Auch in Ansehung des Ausspruchs der Konfiskation eines Paars sowie dreier einzelner Handschuhe, einer Jacke und einer Schirmkappe (US 7) hat das Erstgericht die in § 19a Abs 2 StGB zwingend vorgesehene Verhältnismäßigkeitsprüfung gänzlich unterlassen (Z 11 dritter Fall, erneut RIS‑Justiz RS0088035 [insbesondere T7]).

[9] Die Einziehung nach § 26 Abs 1 StGB setzt voraus, dass diese vorbeugende Maßnahme nach der besonderen Beschaffenheit des betroffenen Gegenstands geboten erscheint, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen durch den Täter selbst oder durch andere Personen entgegenzuwirken. Dabei spricht das Wort „geboten“ die Deliktstauglichkeit des Gegenstands an (RIS‑Justiz RS0121298), die bei – in der Regel als Gebrauchsgegenstände anzusehenden – gewöhnlichen Messern ohne besondere Eigenschaften zu verneinen ist (RIS‑Justiz RS0082031 [T9]). Feststellungen dazu als notwendige Grundlage der Gefährlichkeitsprognose hat das Erstgericht in Ansehung der gemäß § 26 Abs 1 StGB ausgesprochenen Einziehung des im Tenor genannten Messers allein mit der Anführung des Gesetzeswortlauts (vgl US 21) nicht getroffen (Z 11 zweiter Fall).

[10] Hinzugefügt sei, dass ein auf das solcherart verfehlt eingezogene Messer bezogenes Konfiskationserkenntnis die – dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmende – Bejahung der von § 19a Abs 2 StGB verlangten Verhältnismäßigkeit erfordert hätte.

[11] Das Konfiskationserkenntnis bezüglich der angeführten Kleidungsstücke und das Einziehungserkenntnis werden auch nicht mit Berufung bekämpft. Hievon ausgehend (RIS‑Justiz RS0130617 und RS0119220 [T9]) waren in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass beide Aussprüche bereits bei der nichtöffentlichen Beratung wie aus dem Spruch ersichtlich (zur Gänze) aufzuheben und das Verfahren in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien zu verweisen (§ 285e StPO [iVm § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO]).

[12] Vorerst hat das Oberlandesgericht über die Berufung zu entscheiden (§ 285i StPO).

[13] Der Kostenausspruch, der die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (RIS‑Justiz RS0101558), gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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