OGH 13Os42/07m

OGH13Os42/07m20.6.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Juni 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Frizberg als Schriftführerin in der Strafsache gegen Thomas S***** wegen des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Wels vom 19. Oktober 2006, GZ 11 Hv 98/06k-77, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden angefochtenen Urteil wurde Thomas S***** des Verbrechens des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB (1.), des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 StGB (2.) und des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (3.) schuldig erkannt.

Danach hat er

1. am 11. Juli 2004 Helene H***** durch Abgabe mehrerer Schüsse aus einem Revolver, wodurch sie einen Steckschuss im Bereich des linken Oberarms erlitt, zu töten versucht;

2. am 28. September 2005 Christine D***** mit Gewalt, indem er ihr eine Ladung Pfefferspray ins Gesicht sprühte, sie in weiterer Folge zu Boden riss, sie in ein angrenzendes Feld zerrte und ihr sodann eine neuerliche Sprayladung ins Gesicht sprühte, zur „Vornahme einer Duldung des Beischlafs" oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung zu nötigen versucht, wobei die Tat aufgrund der heftigen Gegenwehr des Opfers und dessen anschließender Flucht beim Versuch geblieben ist;

3. im Jahr 2004, wenn auch nur fahrlässig, unbefugt eine genehmigungspflichtige Schusswaffe, nämlich einen Trommelrevolver unbekannter Marke, Kaliber 22 I.R., besessen und geführt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 6 und 8 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Die Fragenrüge (Z 6) macht zunächst geltend, dass zur Hauptfrage II., die auf das Verbrechen der versuchten Vergewaltigung gerichtet war, eine Eventualfrage nach dem Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB zu stellen gewesen wäre, weil sich aus der Verantwortung des Angeklagten, über Christine D***** gekniet zu sein, ihre Arme fixiert und mit dem Pfefferspray gesprüht zu haben (S 343/II), sowie aus den dementsprechenden Angaben der Zeugin D***** (S 374/II) Anhaltspunkte hiefür ergäben. Zudem sei „aus dem Akt ersichtlich", dass der Angeklagte das Tatopfer mit Gewalt „zu einer Duldung nötigte", wohingegen „aus dem gesamten Akt eine geschlechtliche Handlung nicht ersehen werden" könne.

Der Sache nach wird solcherart bloß die Unterlassung einer uneigentlichen Zusatzfrage (§ 316 StPO) gerügt, ohne darzulegen, warum trotz § 330 Abs 2 erster Satz StPO, welcher es den Geschworenen gestattet, eine Frage nur teilweise zu bejahen, und ungeachtet des dem Schwurgerichtshof nach § 317 Abs 2 StPO eingeräumten Ermessens eine der in den §§ 312 bis 317 StPO enthaltenen Vorschriften verletzt worden sein sollte (13 Os 99/02, SSt 64/66 = EvBl 2003/43, 195). Demnach wird auch kein gegenüber der Eventualfrage IV. geänderter Sachverhalt behauptet und der Sache nach unter der Prämisse echter Idealkonkurrenz zwischen dem Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB und jenem der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (vgl aber Schwaighofer in WK² § 99 [2006] Rz 48 und 49) die Aufnahme einer zusätzlichen Eventualfrage, die dem Angeklagten zum Nachteil gereicht, begehrt.

Die weitere Fragenrüge vermisst unter Hinweis auf die Aussage des Angeklagten, wonach er der Meinung gewesen sei, mit einem Gasrevolver auf Helene H***** zu schießen, die Stellung einer Zusatzfrage „hinsichtlich eines Tatbildirrtums" zur auf das Verbrechen des Mordes gerichteten Hauptfrage I., ohne darzulegen, weshalb der solcherart in Abrede gestellte Tatvorsatz (§ 5 Abs 1 StGB) nicht Gegenstand dieser Hauptfrage (vgl § 312 Abs 1 StPO sowie Ratz, WK-StPO § 281 Rz 12, 283; § 345 Rz 33) und daher entgegen dem Wortlaut des § 313 StPO die Stellung einer echten Zusatzfrage vonnöten gewesen sein sollte. Die Instruktionsrüge (Z 8) behauptet der Sache nach eine irreführende Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung infolge Nichtaufnahme von Ausführungen zum Vergehen der Nötigung nach § 105 StGB sowie zu einem Tatbildirrtum, vernachlässigt dabei aber, soweit sie sich auf den Tatbestand der Nötigung bezieht, dass die Rechtsbelehrung lediglich insoweit angefochten werden kann, als sie Fragen betrifft, die den Geschworenen tatsächlich gestellt worden sind (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 63).

Was den Tatbildirrtum anlangt, übergeht sie diejenigen Teile der Rechtsbelehrung, welche das Erfordernis eines das gesamte Tatbild (den äußeren Tatbestand) erfassenden Vorsatzes (§ 5 Abs 1 StGB) betreffen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen (§§ 344, 285i StPO). Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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