Spruch:
Das Urteil des Landesgerichtes Strafsachen Wien vom 21. Februar 2005, GZ 111 Hv 18/05p-15, verletzt in den Punkten II. bis V. des Schuldspruchs das Gesetz in der Bestimmung des § 352 StPO. Das Urteil wird in den Punkten II. bis V. des Schuldspruchs sowie im Strafausspruch und weiters der gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO ergangene Beschluss zur Gänze aufgehoben.
Dato K***** wird vom Vorwurf, er habe in Wien gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen oder wegzunehmen versucht, und zwar
II. am 4. Mai 2004 vier Flaschen Tequila im Wert von 59,60 Euro und ein Paar Socken in nicht mehr feststellbarem Wert „in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken als Mittäter" Verfügungsberechtigten der Firma Zielpunkt;
III. „am 21. Mai 2004 Waren im Wert von 180,25 Euro Verfügungsberechtigten der Firma Metro;
IV. am 14. Juni 2004 Waren im Wert von 94,89 Euro Verfügungsberechtigten der Firma Zielpunkt;
V. am 10. Juli 2004 Waren im Wert von 89,70 Euro Verfügungsberechtigten der Firma Merkur"
gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Für das ihm laut Schuldspruch Punkt I. des Urteils des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 21. Februar 2005, GZ 111 Hv 18/05p-15, weiterhin zur Last liegende Vergehen des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 erster Fall StGB wird Dato K***** zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die Vorhaftanrechnung wird dem Erstgericht überlassen. Vom Widerruf der bedingten Nachsicht eines Teils der über Dato K***** mit Urteil des Landesgerichtes St. Pölten vom 24. August 2004, GZ 15 Hv 149/04w-10, verhängten Freiheitsstrafe wird gemäß § 53 Abs 1 StGB, § 494a Abs 1 Z 2 StPO abgesehen und die in jenem Verfahren bestimmte Probezeit gemäß § 53 Abs 3 StGB, § 494a Abs 6 StPO auf fünf Jahre verlängert.
Text
Gründe:
Mit mehreren Anträgen auf Bestrafung legte der Bezirksanwalt dem Dato K***** Vergehen des versuchten oder vollendeten Diebstahls zur Last, worauf das Bezirksgericht Hietzing das Strafverfahren wegen dieser strafbaren Handlungen zum AZ 14 U 124/04s gemeinsam führte. Mit Urteil vom 24. August 2004, GZ 15 Hv 149/04w-10, verhängte das Landesgericht St. Pölten über Dato K***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB eine Freiheitsstrafe von neun Monaten, von der ein Teil von sechs Monaten für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehen wurde. Mit Blick auf diese Verurteilung erklärte der Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Hietzing am 19. Oktober 2004 die Zurückziehung der Bestrafungsanträge aus dem Grund des § 34 Abs 2 Z 1 StPO (ohne Vorbehalt weiterer Verfolgung), worauf das Bezirksgericht mit Beschluss vom 25. Oktober 2004 das Strafverfahren gegen Dato K***** einstellte (AS 3a verso im Akt AZ 14 U 124/04s des Bezirksgerichts Hietzing, als ON 19 in den Akt 111 Hv 18/05p des Landesgerichtes für Strafsachen Wien einbezogen).
Mit Strafantrag vom 26. Jänner 2005 legte die Staatsanwaltschaft dem Dato K***** im Verfahren AZ 111 Hv 18/05p des Landesgerichtes für Strafsachen Wien das am 25. Jänner 2005 begangene Verbrechen des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 erster Fall StGB zur Last.
In der am 21. Februar 2005 durchgeführten Hauptverhandlung fasste die Einzelrichterin ungeachtet der erwähnten Verfahrenseinstellung den Beschluss auf Einbeziehung des Aktes AZ 14 U 124/04s des Bezirksgerichtes Hietzing, worauf der Staatsanwalt den Strafantrag sowie die - infolge der Einstellung gar nicht mehr aktuellen - Bestrafungsanträge in Richtung gewerbsmäßiger Begehung der Diebstähle „modifizierte" (Blg zu ON 15).
Mit in gekürzter Form ausgefertigtem Urteil vom 21. Februar 2005 erkannte das Landesgericht für Strafsachen Wien Dato K***** unter Punkt I. der mit Strafantrag vom 26. Jänner 2005 angelasteten strafbaren Handlung und weiters unter den Punkten II. bis V. der ihm ursprünglich im Verfahren AZ 14 U 124/04s des Bezirksgerichtes Hietzing angelasteten strafbaren Handlungen schuldig, sprach aus, dass er das Verbrechen des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 erster Fall StGB begangen habe, und verhängte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr über den Genannten. Gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO fasste es außerdem den Beschluss auf Widerruf der mit dem erwähnten Urteil des Landesgerichtes St. Pölten ausgesprochenen bedingten Nachsicht eines Teils der Strafe.
Rechtliche Beurteilung
Das Vorgehen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien steht, wie der Generalprokurator in der deswegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Hat sich die Staatsanwaltschaft bei dem nach Einbringung eines Bestrafungsantrags erklärten Rücktritt von der Verfolgung nach § 34 Abs 2 StPO die spätere Verfolgung nicht vorbehalten (vgl § 363 Z 3 StPO), ist eine weitere Verfolgung nur nach ordentlicher Wiederaufnahme des Strafverfahrens gemäß § 352 StPO zulässig. § 363 Z 1 StPO, wonach eine formlose Fortsetzung des Verfahrens auch dann zulässig ist, wenn die Vorerhebungen eingestellt wurden, ehe eine bestimmte Person als Beschuldigter behandelt wurde, ist nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht anwendbar, wenn das Strafverfahren - wie hier - über das Stadium von Vorerhebungen hinaus fortgeschritten ist.
Die Feststellung der dem Verurteilten nachteiligen Gesetzesverletzung war § 292 letzter Satz StPO mit der Aufhebung des verfehlten Schuldspruchs sowie des Strafausspruchs und des Widerrufsbeschlusses und der neuen Entscheidung in diesem Umfang zu verbinden. Bei der demnach gebotenen Strafneubemessung waren die einschlägige Vorstrafe und der rasche Rückfall als erschwerend, hingegen das Geständnis und der Umstand, dass es beim Versuch geblieben ist, als mildernd zu werten. Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen und der allgemeinen Strafzumessungsgründe (§ 32 Abs 2 und 3 StGB) erschien die im Spruch genannte Strafe tatschuldangemessen.
Der rasche einschlägige Rückfall nach Vollzug eines Strafteils von drei Monaten (bis 7. November 2004) stand einer bedingten Nachsicht entgegen.
Der bevorstehende weitere Vollzug lässt den Widerruf der bedingten Nachsicht eines Teils der früheren Strafe nicht geboten erscheinen, um den Angeklagten von weiterer Straffälligkeit abzuhalten (§ 53 Abs 1 StGB). Die Probezeit der früheren Verurteilung war allerdings angesichts der rascher Aufeinanderfolge einschlägiger Delinquenz auf fünf Jahre zu verlängern.
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