OGH 13Os36/21z

OGH13Os36/21z14.7.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Juli 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Mag. Pentz in der Verbandsverantwortlichkeitssache der CP ***** GmbH wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des belangten Verbandes gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10. August 2020, GZ 12 Hv 7/19p ‑ 138, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0130OS00036.21Z.0714.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem belangten Verband fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde die CP ***** GmbH gemäß § 3 Abs 1 Z 1 und Abs 2 VbVG iVm § 28a Abs 1 FinStrG für mehrere Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG verantwortlich erkannt.

[2] Nach den Feststellungen des Erstgerichts trug Ing. Herbert K***** vom Jänner 2006 bis zum April 2012 zur Ausführung der rechtswidrig und schuldhaft begangenen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG als Geschäftsführer des belangten Verbandes bei (§ 11 dritter Fall FinStrG), indem er in Umsetzung seines diesbezüglichen Tatplans die Finanzierung der oben genannten Tochtergesellschaften des belangten Verbandes sicherstellte, vom Jahresanfang 2006 bis zum Jahr 2009 den Transport des Grundöls nach Österreich finanzierte, Öltanks zur Lagerung und Vermischung des Grundöls mit Dieselkraftstoff zur Verfügung stellte und einen Großteil davon zum Vertrieb in den Tankstellen des belangten Verbandes abnahm. Von einer zugunsten des belangten Verbandes begangenen Tat ging das Erstgericht aus, weil die Unternehmen infolge der ersparten Aufwendungen höhere Gewinne ausschütten konnten, die Gesellschaftsanteile des belangten Verbandes einen höheren Wert aufwiesen und die Tankstellen des belangten Verbandes mit dem günstigeren Diesel-Grundöl-Gemisch versorgt wurden (US 5, 7, 11 f, 14, 24, 29 f).

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a und b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des belangten Verbandes.

[4] Der Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur Gewährung eines Darlehens an die T***** GmbH betrifft für sich betrachtet keinen für die Schuldfrage oder die Subsumtionsfrage entscheidenden Aspekt, worauf sich die Mängelrüge (Z 5) aber allein bezieht (RIS‑Justiz RS0117499 und RS0116737).

[5] Rechtliche Erwägungen in den Entscheidungsgründen sind nicht Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde (RIS‑Justiz RS0100877 [insb T11]; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 413, 417).

[6] Indem die Rechtsrüge Sozialadäquanz (Z 9 lit a) oder Verjährung (der Sache nach Z 9 lit b) behauptet, ihre Argumentation aber nicht auf der Basis der Feststellungen des Erstgerichts zur objektiven und zur subjektiven Tatseite (US 7 f, 10 ff, 14, 30 f) entwickelt, verfehlt sie den im Urteilssachverhalt gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).

[7] Soweit die Rechtsrüge Konzernverantwortlichkeit bestreitet, den Unterschied zwischen Gleichordnungskonzernen und Unterordnungskonzernen betont und argumentiert, eine Verantwortlichkeit im Sinn einer Beteiligung durch Unterlassen scheide aus, legt sie nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar, weshalb die Feststellungen des Erstgerichts zum aktiven Tun des Entscheidungsträgers des belangten Verbandes (vgl dazu insbesondere US 30) den Ausspruch der Verantwortlichkeit des belangten Verbandes nicht tragen sollten. Solcherart entzieht sich das Vorbringen einer inhaltlichen Erwiderung (RIS‑Justiz RS0116565).

[8] Hinzugefügt sei, dass § 3 Abs 1 VbVG einen alternativen Mischtatbestand normiert, womit es unter dem Aspekt rechtsrichtiger Subsumtion insoweit gleichgültig ist, ob die Taten zugunsten des belangten Verbandes begangen wurden oder ob durch sie Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen (RIS‑Justiz RS0132041).

[9] Weshalb zur Vermeidung einer unionsrechtswidrigen Doppelbesteuerung im Fall der Vermischung von Grundöl mit Dieselkraftstoff eine „Differenzbesteuerung“ vorzunehmen sei, legt die Rüge nicht methodengerecht aus dem Gesetz abgeleitet dar (RIS‑Justiz RS0116569). Warum die Frage der Versteuerung der „Dieselkomponente“ im Ausmaß von 8.689.357,33 Euro für den Ausspruch der Verantwortlichkeit des belangten Verbandes von Bedeutung sein sollte, macht die Rüge ebenso wenig klar. Die bloßen Hinweise auf die Bestimmungen der §§ 4 Abs 1 Z 12, 21 Abs 3 und 24 Abs 2 Mineralölsteuergesetz 1995 sind insoweit nicht verständlich. § 4 Abs 1 Z 12 Mineralölsteuergesetz 1995 betrifft Mineralöl im Sinn von § 2 Abs 1 Mineralölsteuergesetz 1995 (Altöle), die entweder unmittelbar nach der Rückgewinnung oder nach einer Aufbereitung zum Verheizen oder zu einem begünstigten Zweck verwendet werden sollen. § 21 Abs 3 Mineralölsteuergesetz 1995 regelt den Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld, wenn Mineralöl ohne Bewilligung gewerblich hergestellt wird. § 24 Abs 2 Mineralölsteuergesetz 1995 betrifft nicht den hier relevanten Fall der Herstellung eines neuen Mineralölerzeugnisses durch Vermischung (dazu § 26 Abs 1 Mineralölsteuergesetz 1995), sondern jenen der verbotswidrigen Verwendung und Abgabe von Mineralöl, Kraftstoffen oder Heizstoffen.

[10] Warum ein durch Vermischung von Dieselkraftstoff mit Grundöl hergestelltes Erzeugnis, wie hier festgestellt (US 9 ff), steuerbefreitem „Altöl“ (§ 4 Abs 1 Z 12 Mineralölsteuergesetz 1995) rechtlich gleichgesetzt werden müsse (vgl dazu die Erkenntnisse des BFG vom 29. 1. 2021, RV/7200039/2019, und vom 1. 2. 2021, RV/7200048/2019), lässt das weitere Vorbringen der Rüge (der Sache nach Z 11) im Dunkeln.

[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[12] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[13] Über den Antrag auf Wiederaufnahme des Finanzstrafverfahrens hat das Landesgericht für Strafsachen Wien zu entscheiden.

[14] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte