OGH 13Os36/05a

OGH13Os36/05a27.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. April 2005 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal und Hon. Prof. Dr. Ratz weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kreitner als Schriftführer in der Strafsache gegen Martin F***** und weitere Beschuldigte wegen der Verbrechen des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach § 217 Abs 1 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 19 Ur 133/04i des Landesgerichtes für Strafsachen Graz, über die Grundrechtsbeschwerde der Beschuldigten Sofia S***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Beschwerdegericht vom 10. März 2005, AZ 9 Bs 77/05z (ON 168 des Ur-Aktes), nach Anhörung der Generalprokuratur und Stellungnahme (§ 35 Abs 2 StPO) des Verteidigers in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Sofia S***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

In der gegen Sofia S***** geführten Voruntersuchung wegen Verbrechen des grenzüberschreitenden Prostitutionshandels nach § 217 Abs 1 zweiter Fall „und Abs 2" StGB wurde über sie (nach ihrer Festnahme am 19. August 2004) mit Beschluss des Untersuchungsrichters des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 22. August 2004 die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht-, Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1, 2 und Z 3 lit a und b StPO verhängt.

Sie ist dringend verdächtig, im Zusammenwirken mit weiteren Mittätern zwischen Oktober 2000 bis Frühjahr 2004 in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, etwa 50 moldawische Frauen, mögen sie auch bereits der gewerbsmäßigen Unzucht ergeben sein, dieser Unzucht in einem anderen Staat als in dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen oder in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, zugeführt bzw angeworben zu haben, indem MMag. Dr. Ewald R*****, Bordellbetreiber in der Steiermark, Martin und Claudia F*****, Günther S*****, Emmerich H***** und Michael Sch***** „anbot", Mädchen aus Moldawien zur Ausübung der Prostitution in deren Lokalen zu „besorgen", Sofia S***** diese Mädchen in Moldawien, auch über diverse Kontaktpersonen teilweise unter Täuschung über dieses Vorhaben, nämlich die Vorgabe ihnen eine Arbeit als Putzfrau oder Kellnerin zu vermitteln, anwarb und ihnen bei den Behördenwegen zur Erlangung der Visa behilflich war, wozu sie auch die benötigten Dokumente der Frauen den Bordellbetreibern vorab übermittelte, sodann die Reise nach Österreich per Flugzeug oder Bus organisierte und unter Mitwirkung des MMag. Dr. Ewald R***** vorfinanzierte, der dann in weiterer Folge die Frauen nach ihrer Ankunft abholte bzw abholen ließ und gemeinsam mit Sofia S***** auf die Bordelle „I*****" in Graz und Wörth, die „R*****" in Studenzen, das „F*****" in Spielfeld, das „P*****" des Emmerich H***** in Kalsdorf und das „E*****" des Michael Sch***** in Graz aufteilte, wo diese Frauen in weiterer Folge als Prostituierte beschäftigt waren.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht Graz einer Haftbeschwerde der Beschuldigten nicht Folge gegeben und die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 1 und Z 3 lit a und b StPO angeordnet.

Dagegen richtet sich die Grundrechtsbeschwerde der Beschuldigten, mit welcher sie unter Hinweis auf ihre geständige Verantwortung das Vorliegen der Voraussetzungen für eine sechs Monate übersteigende Untersuchungshaft bestreitet und behauptet, bei zügiger Führung der Voruntersuchung hätte diese innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen werden können.

Rechtliche Beurteilung

Unter Bejahung der Haftgründe hat das Oberlandesgericht Graz richtig erkannt, dass der Umfang und die Schwierigkeit der Voruntersuchung (vier Aktenbände) die Fortsetzung der Untersuchungshaft auch über sechs Monate hinaus rechtfertigt und somit angemessen ist, dies insbesondere schon angesichts der großen Anzahl der nach Österreich vermittelten moldawischen Frauen, die vorerst teilweise nur mit Vornamen von den bekannten Tätern benannt wurden, sodass deren Identität erst geklärt, diese auch teilweise erst ausgeforscht werden mussten und in der Folge (auch kontradiktorische) Vernehmungen zahlreicher Zeugen notwendig waren.

Schon unter diesem Gesichtspunkt erweist sich die Behauptung von Verzögerungen bei der Führung der Voruntersuchung als unberechtigt. In diesem Zusammenhang ist zum Vorwurf, während nahezu dreier Monate keine wesentlichen Verfahrensschritte gesetzt zu haben, auf S 3o verso des Antrags- und Verfügungsbogens iVm ON 117 f zu verweisen (umfassende gerichtlicher Erhebungs- und Vernehmungsauftrag an die Bundespolizeidirektion Graz).

Auf die Möglichkeit der Gewährung einer bedingten bzw teilbedingten Strafnachsicht hat das Oberlandesgericht Graz im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (zuletzt die auch von der Beschwerde zitierte Entscheidung 15 Os 34/04) zutreffend nicht Rücksicht genommen.

Da eine Verletzung des Grundrechts der persönlichen Freiheit somit nicht stattgefunden hat, war die Beschwerde der Sofia S***** ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

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