OGH 13Os34/22g

OGH13Os34/22g18.5.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Mai 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Kontr. Gsellmann in der Strafsache gegen * K* und weitere Angeklagte wegen Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten * K* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 27. Jänner 2022, GZ 3 Hv 119/21h‑128, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0130OS00034.22G.0518.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten * K* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * K* jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (A) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (B), eines Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall SMG (C) und mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall und Abs 2 SMG (D) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er – soweit hier von Bedeutung – in G* und anderen Orten vorsätzlich vorschriftswidrig Suchtgift

(A) in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge eingeführt, indem er

b) im November 2020 * H* dazu bestimmte (§ 12 zweiter Fall StGB), 2.000 Gramm Amphetamin mit einer Reinsubstanz von zumindest 258,6 Gramm Amphetamin-Base von den Niederlanden über Deutschland nach Österreich zu importieren, und

c) am 28. März 2021 im einverständlichen Zusammenwirken mit * S* (§ 12 erster Fall StGB) 10.000 Gramm Amphetamin mit einer Reinsubstanz von zumindest 1.293 Gramm Amphetamin-Base sowie 1.000 Stück MDMA‑hältige Ecstasy-Tabletten von den Niederlanden über Deutschland nach Österreich importierte,

(B) in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, und zwar vom Frühsommer 2020 bis zum 19. Mai 2021 insgesamt 2.500 Gramm Cannabiskraut mit einer Reinsubstanz von 100 Gramm Delta‑9‑THC, 11.000 Gramm Amphetamin mit einer Reinsubstanz von 1.422,30 Gramm Amphetamin-Base und 1.000 Stück MDMA‑hältige Ecstasy-Tabletten, sowie

(C) in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, indem er am 20. Mai 2021 412 Gramm Cannabiskraut mit einer Reinsubstanz von 16,48 Gramm Delta‑9‑THC und 116 Gramm Amphetamin mit einer Reinsubstanz von 14,99 Gramm Amphetamin-Base bis zur Sicherstellung an seiner Wohnadresse lagerte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten * K*.

[4] Der Einwand der Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) verkennt, dass diese nur dann vorliegt, wenn das Urteil den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS‑Justiz RS0099431 [T1]).

[5] Mit dem Vorbringen, * K* habe den Exekutivbeamten die Nachschau in seiner Wohnung freiwillig gestattet, wird ein solches Fehlzitat nicht behauptet.

[6] Der von der Mängelrüge (Z 5) darüber hinaus angesprochene Tag der Durchsuchung istweder für die Schuld- noch für die Subsumtionsfrage von Bedeutung (siehe aber RIS‑Justiz RS0106268), der im Urteil angeführte Zeitpunkt (20. Mai 2020, statt richtig: 20. Mai 2021) erweist sich im Übrigen als offensichtlicher Schreibfehler (US 11 f iVm US 4).

[7] Die tatrichterliche Beurteilung der Überzeugungskraft von Personalbeweisen (also die Glaubhaftigkeit der Angaben von Zeugen und Angeklagten) per se ist – so sie nicht undeutlich (Z 5 erster Fall) oder in sich widersprüchlich (Z 5 dritter Fall) ist (was hier nicht behauptet wird) – einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entzogen (RIS‑Justiz RS0106588 [T13]). Sie kann nur unter dem Aspekt der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) mangelhaft erscheinen, wenn sich das Gericht mit gegen die Glaubhaftigkeit sprechenden Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt hat. Der Bezugspunkt besteht dabei aber nicht in der Sachverhaltsannahme der Überzeugungskraft von Aussagen, sondern ausschließlich in den Feststellungen zu den entscheidenden Tatsachen (RIS‑Justiz RS0119422 [T4]). Diesen verfehlt die – nominell auf Z 5a gestützte – Beschwerde mit eigenen, nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung vorgetragenen Beweiswerterwägungen.

[8] Die von der Beschwerde aufgrund der teilgeständigen Verantwortung des * K* als importiert (A c) und überlassen (B) zugestandene Suchgiftmenge von 6.900 Gramm Amphetamin mit einem Reinsubstanzanteil von 12,93 % Amphetamin-Base entspricht rechtlich etwa dem 89‑Fachen der für diesen Wirkstoff festgelegten Grenzmenge.

[9] Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) die Feststellungen des Erstgerichts in Bezug auf den Import und die Überlassung einer 6.900 Gramm Amphetamin (mit einem Reinsubstanzanteil von 12,93 % Amphetamin-Base, US 10 und 11) und (von der Beschwerde ebenfalls zugestandene) 92 MDMA‑hältige Ecstasy-Tabletten übersteigenden Suchtgiftmenge bekämpft, bezieht sie sich somit auf keinen für die Schuldsprüche A c und B entscheidenden Aspekt (siehe aber erneut RIS‑Justiz RS0106268).

[10] Indem die Sanktionsrüge (Z 11) einen zusätzlichen Milderungsgrund reklamiert, erstattet sie (bloß) ein Berufungsvorbringen (RIS‑Justiz RS0099911 [T1]).

[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[12] Über die Berufung hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).

[13] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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