OGH 13Os33/02

OGH13Os33/028.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Mai 2002 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Steindl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Manfred G***** und einen anderen Angeklagten wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG und eines anderen Finanzvergehen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Günther B***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 13. November 2001, GZ 12cS Vr 3889/01-28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Soweit mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten, wurde Günther B***** jeweils mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 (I) und Abs 2 lit a (II) FinStrG schuldig erkannt. Danach hat er im Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes für den 12., 13., 14. und 23. Bezirk in Wien als faktischer Geschäftsführer der Team Bau Gesellschaft mbH in tatsächlicher Wahrnehmung deren steuerlicher Agenden unter Verletzung

I. einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenbarungs- oder Wahrheitspflicht durch Unterlassen von Anmeldung und Abfuhr selbst zu berechnender Kapitalertragssteuer deren Verkürzung für die Jahre 1999 und 2000 bewirkt (strafbestimmender Wertbetrag: 845.316 S);

II. der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 (§ 263 FinStrG) entsprechenden Voranmeldungen für Dezember 1999 bis Juli 2000 wissentlich eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer bewirkt (strafbestimmender Wertbetrag: 1,521.568 S).

Die aus Z 4, 5, 9 lit a und 11 (erster Fall) des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Mit zutreffender Begründung hat das Schöffengericht den Antrag auf Vernehmung von Thomas D*****, Ludmilla K***** und Jozef B***** zum Beweis dafür, dass der Angeklagte nicht mit der „Durchführung" von Buchhaltungsarbeiten und „Abgaberechenvorgängen" betraut war „und diese Tätigkeit auch tatsächlich nicht ausgeübt hat" (S 239), abgelehnt, weil dem Vorbringen kein Hinweis auf die Bedeutung des Beweisthemas für die Schuld-, Subsumtions- (Z 4) oder Sanktionsfrage (Z 11 erster Fall iVm Z 4) zu entnehmen war. Selbst wenn man unterstellt, dass als Beweisthema die faktische Wahrnehmung der steuerlichen Belange der Gesellschaft durch den Angeklagten zu erkennen war, ist ohne ergänzendes Vorbringen nicht nachzuvollziehen, weshalb es dazu der eigenhändigen Besorgung von Buchhaltungsarbeiten oder Rechenvorgängen bedurft hätte (vgl Leitner, Österreichisches Finanzstrafrecht2 156 f).

Nicht nur, dass die Vernehmung von Ahmed A*****, dessen Aufenthaltsort bloß mit "Tschechische Republik, Hrba-Hrbka" angegeben wurde (Seite 241), als undurchführbar beurteilt werden musste, ist die unter Beweis gestellte "Gewinnspanne von etwa 10 %" vom Erstgericht ohnehin als erwiesen angenommen worden (US 7). Woraus angesichts des - vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen - Fehlens einer ordnungsgemäßen Buchführung ein Sachverständiger darauf hätte schließen können, dass seitens des Angeklagten "keine Privatentnahmen stattgefunden haben und keine steuerpflichtigen Gewinne entstanden sind" (Seite 241), ließ der solcherart bloß Erkundungscharakter tragende Antrag offen, womit sich auch dessen Abweisung als zutreffend begründet erweist.

Soweit die Mängelrüge die Feststellung der Tatrichter über im Nachschauverfahren vorgelegte Geschäftsunterlagen ausdrücklich als richtig anerkennt, bekämpft sie sie nicht. Die weder das Unterlassen der Voranmeldungen zur Umsatzsteuer noch die Unvollständigkeit dieser Unterlagen (vgl aber § 119 Abs 1 zweiter Satz BAO) bestreitende Behauptung, die Abgabenbehörde hätte daraus "die anzurechnende Vorsteuer konkret" selbst ermitteln können, stellt den Ausspruch des Gerichtshofes über entscheidende Tatsachen (§ 270 Abs 2 Z 4 und 5 StPO) ebensowenig in Frage. Davon, dass das Gericht die Ergebnisse der abgabenbehördlichen Schätzung „ungeprüft" übernommen habe, kann angesichts der auch insoweit sorgfältig verfassten Entscheidungsgründe keine Rede sein (US 9). Unbeschränkte Verfügungsgewalt über die Gesellschaft und das Fehlen einer ordnungsgemäßen Buchführung stehen schließlich keineswegs im Widerspruch zu den tatsächlichen Feststellungen zur subjektiven Tatseite der Finanzvergehen.

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) pauschal deren Begründung in Frage stellt, orientiert sie sich nicht am Verfahrensrecht; soweit sie die dazu getroffenen Feststellungen negiert, gilt nichts anderes. Auf die Höhe des Verkürzungsbetrages braucht sich übrigens der Tatvorsatz nicht zu beziehen, weil dieser kein Tatbildmerkmal darstellt (vgl Dorazil/Harbich FinStrG § 33 E 50, 54; die von der Beschwerde erwähnte Entscheidung, welche im Ergebnis - jedoch ohne Auseinandersetzung mit Problematik und entgegenstehender stRsp - vom Gegenteil ausgeht, steht vereinzelt). Zusatzstrafen sieht das FinStrG nur im Verhältnis von Sanktionen wegen Finanzvergehen vor (§ 21 Abs 3 erster Satz FinStrG), wogegen § 22 Abs 1 FinStrG mit Bezug auf strafbare Handlungen anderer Art (hier: nach § 114 ASVG) ausdrücklich gesonderte Bestrafung anordnet.

Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung zur Folge (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet auf § 390a StPO.

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