OGH 13Os31/95

OGH13Os31/9519.4.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 19.April 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Haubenwallner als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Andreas Z* wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 27.September 1994, GZ 11 e Vr 215/94‑13, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1995:0130OS00031.9500000.0419.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

Andreas Z* wurde mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (I.) und des Vergehens des Mißbrauches eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (II.) schuldig erkannt, weil er (ab einem nicht mehr näher festzustellenden Zeitpunkt) bis Februar 1994 seine am 7.April 1989 geborene, unmündige eheliche Tochter Ramona zur Unzucht mißbrauchte, indem er an ihr einen Mundverkehr durchführte und sie veranlaßte, seinen Geschlechtsteil abzuschlecken.

 

Rechtliche Beurteilung

Die aus § 281 Abs 1 Z 3 und 4 StPO vom Angeklagten dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht begründet.

Die Rüge der Nichtbeachtung von Verfahrensvorschriften, deren Beobachtung das Gesetz ausdrücklich bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt (Z 3) macht geltend, das Tatopfer, auf dessen Aussage sich der angefochtene Schuldspruch (unter anderem) stützt, sei als Zeugin in der Hauptverhandlung nicht ausreichend über sein Entschlagungsrecht belehrt worden. Schwergewichtig wird moniert, das (im Vernehmungszeitpunkt fünf Jahre und fünf Monate alte) Kind sei nicht auf den Umstand hingewiesen worden, auf Grund seiner Aussage bestehe die Gefahr, daß sein Vater strafgerichtlich zu einer Haftstrafe verurteilt werden könne.

Gemäß § 152 Abs 5 letztem Satz StPO ist die Aussage eines Zeugen nichtig, wenn kein ausdrücklicher Verzicht auf das Zeugenentschlagungsrecht abgegeben wurde.

Nach dem über die gemäß §§ 250 Abs 3, 162 a StPO in der Hauptverhandlung durchgeführte Zeugenbefragung aufgenommenen Protokoll wurde das Kind eingangs unter anderem über sein Entschlagungsrecht belehrt und daran anknüpfend von der Sachverständigen auch noch befragt, ob es noch einmal erzählen möchte, was mit dem Papa war, denn wenn es das möchte, werde das aufgenommen und abgespielt. Darauf antwortete die Zeugin "Ich will ..." (siehe S 112 und Beiblatt zum Hauptverhandlungsprotokoll).

Damit wurde zusätzlich in kindgerechter und dem Alter der Zeugin durchaus entsprechender Weise dieser klargelegt, sie brauche nicht auszusagen, wenn sie das nicht möchte.

Entgegen der in der Beschwerde in diesem Zusammenhang zum Ausdruck kommenden Meinung ist das Gericht nicht gehalten, einen entschlagungsberechtigten Zeugen über die möglichen, detaillierten Folgen seiner Entschlagung oder aber auch eines Verzichtes darauf zu belehren (vgl Mayerhofer‑Rieder, StPO3 § 152 E 42).

Auch die Verfahrensrüge (Z 4) versagt. Sie behauptet Verletzung von Verteidigungsrechten des Angeklagten, weil sein Antrag auf Vernehmung der Gertrude (richtig: Gabriele s. S 67) K* vom Gericht abgelehnt wurde. Diese Zeugin war zum Beweis dafür geführt worden, "daß offensichtlich von der minderjährigen Romana lediglich nicht unmittelbar Erlebtes sondern allenfalls Gesehenes nacherzählt und nachgespielt wird", weil G.K* in ihrer Aussage vor der Kriminalabteilung des Landesgendarmeriekommandos für Niederösterreich am 7.April 1994 ausgesagt habe, dem Kind habe es "unten" nicht wehgetan, dies werde erst der Fall sein, wenn es größer sei (S 125).

Der Beweisantrag wurde vom Schöffengericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Frage, ob das Kind bei seiner Tatschilderung auf Selbsterlebtes oder nur bei anderen (direkt oder indirekt) Beobachtetes zurückgegriffen haben könnte, war unter anderem Gegenstand des Gutachtens der psychologischen Sachverständigen Dr.Angelika G* (S 122 f). In dem in der Hauptverhandlung zusätzlich verlesenen schriftlichen Gutachten (ON 7) kommt die Sachverständige in Kenntnis der Aussage der G.K* (siehe S 81) zum Ergebnis, es liege kein Hinweis dafür vor, daß das Kind möglicherweise anderwertig erlebte Vorgänge auf den Angeklagten überträgt (S 95). Im Rahmen der Hauptverhandlung wurde dazu auch erörtert, in welcher Weise es sich äußern würde, hätte dieses Kind nur etwas nachgespielt, was es irgendwo gesehen hat (S 124).

Vor allem unter Bedachtnahme auf die kriminalpolizeiliche Aussage von G.K*, nach deren Inhalt das Kind ihr gegenüber die inkriminierten Vorfälle in Inhalt und Darstellungsart mit ihren anderen im gesamten Verfahren abgelegten Aussagen übereinstimmend schilderte und nur hinzugesetzt hatte, es habe ihr "unten" jetzt noch nicht wehgetan, dies wäre erst später, wenn sie größer sei, der Fall (S 69), was nicht auf die Wiedergabe von bloß visuell Beobachtetem hinweist, hätte es zur Begründung des Beweisantrages eines weiteren Vorbringens bedurft, weshalb die beantragte Beweisdurchführung das Gericht hätte in die Lage setzen können, die durch die Gesamtheit der ihm vorliegenden Verfahrensergebnisse vermittelte Sach‑ und Beweislage maßgebend zu verändern (Mayerhofer‑Rieder, aaO, § 281 Z 4 E 83).

Mit der Ablehnung des Antrages auf Vernehmung von G.K* als Zeugin vor dem erkennenden Gericht sind somit Verteidigungsrechte nicht verletzt worden, weswegen auch die Verfahrensrüge ins Leere geht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit insgesamt als unbegründet bei einer nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO), woraus sich die Kompetenz des zuständigen Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über die zugleich erhobene Berufung des Angeklagten ergibt.

 

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte