Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde sowie aus deren Anlass werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen 1, 2 und 3, demzufolge auch in den Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und im Erkenntnis auf Abschöpfung der Bereicherung sowie der unter einem gefasste Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.
Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte Thomas A***** werden mit ihren Berufungen, Letzterer auch mit seiner Beschwerde, auf diese Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten Thomas A***** fallen auch die durch die Erledigung seiner Nichtigkeitsbeschwerde entstandenen Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
G r ü n d e :
Mit dem angefochtenen Urteil wurden - soweit im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren von Bedeutung - Thomas A***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (1/a), nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (1/b) und nach § 28a Abs 1 erster Fall SMG (1/d) sowie der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (4) und mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (1/c), Michael S***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG (2) und Peter M***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall SMG aF (3) schuldig erkannt.
Danach haben
(1) Thomas A***** in Graz und an anderen Orten - teilweise im einverständlichen Zusammenwirken mit Peter M***** - vorschriftswidrig
a) in den Jahren 2003 und 2004 in zumindest drei Angriffen 6,5 bis 7,5 kg Cannabisharz oder Cannabiskraut aus Holland aus- und über Deutschland nach Österreich eingeführt,
b) in den Zeiträumen vom Jahresanfang 2003 bis zum Frühjahr 2005 und vom September 2008 bis zum Mai 2009 insgesamt jedenfalls 1.200 Gramm Cannabisharz oder Cannabiskraut, 50 Gramm Kokain und 246 Substitolkapseln gewinnbringend an andere veräußert,
c) in der Zeit vom Mai 2008 bis zum Mai 2009 wiederholt Cannabisprodukte, Kokain und Substitolkapseln zum Eigengebrauch erworben und besessen sowie
d) im Jahr 2004 mindestens 1.000 Gramm Cannabiskraut angebaut, kultiviert und geerntet,
(2) Michael S***** im Jahr 2003 zur Aus- und Einfuhr von 2 bis 3 kg Cannabisharz beigetragen, indem er Thomas A***** bei einer der vom Schuldspruch 1/a umfassten Fahrten begleitete und zum Teil als Chauffeur fungierte,
(3) Peter M***** zum Jahresende 2004 im einverständlichen Zusammenwirken mit Thomas A***** anlässlich einer der vom Schuldspruch 1/a umfassten Fahrten vorschriftswidrig rund 4,5 kg Cannabisharz aus- und eingeführt sowie
(4) Thomas A***** am 6. Mai 2009 in Graz Patrick P***** durch Versetzen eines Faustschlags und durch die Drohung, ihn andernfalls zu töten, zur Abstandnahme von weiteren, jenen belastenden Aussagen zu nötigen versucht.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Thomas A***** ist teilweise im Recht.
Zum Schuldspruch 4:
Als Nötigungsziel ist den Entscheidungsgründen deutlich genug (Z 5 erster Fall) eine den Angeklagten begünstigende Änderung des Aussageverhaltens zu entnehmen (US 21).
Die vermisste Begründung (Z 5 vierter Fall) der Konstatierungen zum Schuldspruch 4 findet sich auf der US 26.
Der Einwand der Subsumtionsrüge (Z 10), der Beschwerdeführer habe nicht vorsätzlich mit dem Tod gedroht, übergeht die diesbezüglichen Urteilsfeststellungen (US 21) und verfehlt solcherart den gerade darin gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit.
Hinsichtlich des Schuldspruchs 4 war die Nichtigkeitsbeschwerde daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Zu den Schuldsprüchen 1 bis 3:
Die Subsumtionsrüge (Z 10) zeigt zutreffend auf, dass die angefochtene Entscheidung keine Feststellungen zum Reinheitsgrad der tatverfangenen Suchtmittel enthält. Da sich die hier für die rechtliche Unterstellung elementare gesetzliche Definition der sogenannten Grenzmenge (§ 28b SMG) aber gerade auf die Reinsubstanz des jeweiligen Wirkstoffs bezieht, tragen somit die mengenbezogenen Konstatierungen die Punkte a und b des Schuldspruchs 1 nicht.
Diese waren daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde schon bei nichtöffentlicher Beratung aufzuheben (§ 285e StPO).
Der angesprochene Mangel an Feststellungen betrifft auch die Schuldsprüche 1/d, 2 und 3, aus welchem Grund diese - Letztere zu Gunsten der Angeklagten Michael S***** und Peter M***** - ebenfalls zu kassieren waren (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).
Durch die Aufhebung der Schuldsprüche 1/a, b und d, 2 sowie 3 bleiben auch jene Annahmen, die - insoweit nicht erfolgte - Schuldsprüche nach § 27 Abs 1 SMG allenfalls zu tragen vermögen, nicht bestehen (RIS-Justiz RS0115884; Ratz, WK-StPO § 289 Rz 18).
Mit Blick auf die Bestimmungen der §§ 35 und 37 SMG war zudem der Schuldspruch 1/c zu kassieren (RIS-Justiz RS0119278).
Im zweiten Rechtsgang wird schon bei den im Rahmen der Hauptverhandlung vorzunehmenden Befragungen besonderes Augenmerk auf die Qualität der von den Anklagevorwürfen umfassten Suchtgiftmengen zu legen sein.
Im Fall neuerlicher Schuldsprüche werden hiezu - bezogen auf sämtliche Fakten - eindeutige Feststellungen sowohl zur objektiven als auch zur subjektiven Tatseite zu treffen und diese den Gesetzen logischen Denkens entsprechend zu begründen sein.
Zur Vermeidung weiterer Fehler sei abschließend darauf hingewiesen, dass das Erstgericht Thomas A***** und Michael S***** zwar jeweils (ua) nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall SMG schuldig erkannte (US 4), ihnen im Resümee der Entscheidungsgründe aber nur die Suchtgifteinfuhr anlastete (US 2, 3).
Unverständlich sind die Urteilsausführungen zur Gewerbsmäßigkeit (US 11, 28), weil insoweit - mit Blick auf die gesetzlichen Voraussetzungen des § 28a Abs 2 Z 1 SMG zu Recht - gar kein Schuldspruch erfolgt ist.
Schließlich ist auch die Verurteilung des Peter M***** nach § 28 Abs 2 zweiter und dritter Fall SMG idF vor BGBl I 2007/110 verfehlt, weil diese Gesetzesfassung, die zur Zeit der Tat gegolten hat, für den Angeklagten in ihrer Gesamtauswirkung nicht günstiger war, als die im Zeitpunkt des Urteils erster Instanz geltende (§ 61 StGB).
Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte Thomas A***** waren mit ihren Berufungen auf die Aufhebung des Strafausspruchs, Letzterer überdies mit seiner Beschwerde auf die Kassation des Widerrufsbeschlusses zu verweisen.
Der Kostenausspruch gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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