European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0130OS00022.20I.0327.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung werden zurückgewiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Erwin W***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (1) und des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB (2) schuldig erkannt, zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt sowie gemäß § 21 Abs 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Gemäß § 19a Abs 1 StGB wurde das sichergestellte zur Begehung der Straftaten verwendete und zur Zeit der Entscheidung erster Instanz im Eigentum des Angeklagten gestandene (US 5) Küchenmesser konfisziert.
Unmittelbar nach der Urteilsverkündung am 19. Dezember 2019 meldete der durch einen Wahlverteidiger (vgl ON 22) vertretene Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und „Berufung“ an (ON 45 S 49).
Nach Zustellung einer Urteilsausfertigung an den Wahlverteidiger mit Wirksamkeit (§ 89d Abs 2 GOG) vom 21. Jänner 2020 (vgl dazu den elektronischen Rückschein zu ON 46) gab dieser die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses bekannt (ON 52).
Am 27. Jänner 2020 beantragte der Angeklagte die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers (ON 51). Der daraufhin bestellte Verfahrenshilfeverteidiger (ON 1 S 20) brachte am 20. Februar 2020 eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde und eine gegen den Ausspruch über die Strafe gerichtete Berufung ein (ON 55).
Die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde ist, worauf auch die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zutreffend hinweist, verspätet:
Nach der Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde hat der Beschwerdeführer das Recht, binnen vier Wochen (hier) nach Zustellung einer Urteilsabschrift eine Ausführung seiner Beschwerdegründe beim Gericht zu überreichen (§ 285 Abs 1 StPO).
Der Lauf dieser Frist wird weder durch die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses zum Wahlverteidiger noch durch die danach erfolgte Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers beeinflusst (§ 63 Abs 2 StPO; RIS‑Justiz RS0125686 [insbesondere T1 und T2], RS0116182 [insbesondere T11]; Fabrizy , StPO 13 § 63 Rz 2; Murschetz , WK‑StPO § 84 Rz 4). Sie begann mit der Zustellung der Urteilsausfertigung an den Wahlverteidiger am 21. Jänner 2020 zu laufen und endete demzufolge (vgl § 84 Abs 1 StPO) mit Ablauf des 18. Februar 2020.
Da der Angeklagte demnach weder bei der Anmeldung noch innerhalb der vierwöchigen Ausführungsfrist Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnet hat, war seine Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 StPO iVm § 285a Z 2 StPO).
Gleiches gilt für die Berufung, weil der Angeklagte weder bei deren Anmeldung noch in einer rechtzeitig überreichten Berufungsschrift (§ 294 Abs 2 zweiter Satz StPO) erklärt hat, ob er den Strafausspruch, die Anordnung einer vorbeugenden Maßnahme nach § 21 Abs 2 StGB oder das Konfiskationserkenntnis bekämpft (§ 296 Abs 2 StPO iVm § 294 Abs 4 StPO; RIS‑Justiz RS0100395 [insbesondere T2] und RS0100042; Ratz , WK‑StPO § 294 Rz 10 und § 296 Rz 5).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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