Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde auf Unterbringung der Gertrude K***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB erkannt, weil sie von 11. bis 23. Mai 2004 in W***** unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden, auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruhenden Zustandes (§ 11 StGB) ihre 17-jährige Tochter Martina K***** tötete, indem sie es unterließ, dafür zu sorgen, dass diese ausreichend Nahrungsmittel und Flüssigkeiten zugeführt bekam „bzw ärztliche Hilfe in Anspruch genommen wurde" und dadurch das Verbrechen des Mordes nach § 75 StGB beging.
Rechtliche Beurteilung
Der aus Z 6, 8 und 11 lit a des § 345 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde der Betroffenen kommt keine Berechtigung zu. Wie schon - erfolglos - im ersten Rechtsgang, wird aus Z 6 erneut das Fehlen des Wortes „vorsätzlich" im Text der Hauptfrage nach dem Verbrechen des Mordes (§ 75 StGB) geltend gemacht.
Unzulässig im Sinn der §§ 344, 293 Abs 4 StPO ist die Beschwerde solcherart zwar nicht. Denn bindend ist eine in den Gründen einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zum Ausdruck kommende Rechtsansicht nur insoweit, als sie einem kassatorischen Erkenntnis zugrunde liegt (Ratz, WK-StPO § 293 Rz 11, 17).
Die durch die Eventualfragen nach fahrlässiger Tötung (§§ 81 Z 1, 80 StGB) angeblich entstandene Unklarheit ist indes rechtlicher Natur und solcherart nicht Gegenstand der Fragenrüge (Z 6). Unklarheiten rechtlicher Art ist nämlich durch die Rechtsbelehrung zu begegnen, deren Richtigkeit mit Nichtigkeit aus Z 8 bewehrt ist (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 33).
Dass „die Aufnahme der vorsätzlichen Begehung in die Frage bei hinreichend klarem Sachverhalt entfallen kann" räumt die Beschwerde zudem selbst ein, ohne jedoch klarzumachen, welche Aspekte des Sachverhaltes das Wort „vorsätzlich" in der Hauptfrage geklärt hätte. Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof bereits im ersten Rechtsgang klargestellt, dass eine dem Text des § 75 StGB entsprechende Formulierung der Hauptfrage die erforderliche subjektive Tatseite unmissverständlich zum Ausdruck bringt, weil zufolge § 7 Abs 1 StGB nur vorsätzliches Handeln strafbar ist, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt (13 Os 52/05d).
Die Instruktionsrüge (Z 8) vermisst einerseits den Hinweis, dass sich „der Vorsatz auf sämtliche Tatbildmerkmale beziehen" muss, räumt andererseits ein, dass eine derartige Belehrung ohnehin erteilt wurde. Warum „die Erläuterungen zur Hauptfrage, in denen die Vorsatzproblematik beispielhaft anhand aktiver Begehungsweise" dargelegt worden sei, „im vorliegenden Fall unzureichend und irreführend" gewesen sein soll, welcher Belehrungsinhalt mit anderen Worten unter dem Gesichtspunkt irreführender Unvollständigkeit fehle, wird nicht klar (WK-StPO § 345 Rz 65).
Da § 75 StGB kein über § 5 Abs 1 zweiter Teilsatz StGB hinausgehendes Vorsatzerfordernis enthält, war dieses zufolge § 7 Abs 1 StGB in der an die Geschworenen gestellten Hauptfrage enthalten, sodass die Behauptung eines Rechtsfehlers infolge fehlender Feststellung der subjektiven Tatseite nicht am tatsächlichen Inhalt des Wahrspruchs Maß nimmt (Z 11 lit a).
Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei der nichtöffentlichen Beratung (§§ 344, 285d Abs 1 Z 1 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufung zur Folge (§§ 344, 285i StPO).
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