Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das imübrigenunberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. (B) und im Freiheitsstrafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Josef A ist schuldig, in Wien und an anderen Orten vom 1. Februar 1981 bis zum 20. Juli 1983 wiederholt unberechtigt Suchtgifte erworben und besessen zu haben.
Josef A hat hiedurch das Vergehen nach § 16 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. begangen und wird hiefür sowie für die ihm laut den unberührt gebliebenen Schuldsprüchen zur Last liegenden strafbaren Handlungen, nämlich das Verbrechen wider die Volksgesundheit nach Par 12 Abs. 1 SuchtgiftG., teilweise auch in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB (A), das Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB (C) und das Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223 Abs. 2, 224 StGB (D) gemäß § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. und § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 23 (dreiundzwanzig) Monaten verurteilt. Hingegen wird Josef A von der weiteren wider ihn erhobenen Anklage, von 1980 bis zum 31.Jänner 1981 in Wien und an anderen Orten wiederholt Suchtgifte erworben und besessen und auch dadurch das Vergehen nach § 16 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. begangen zu haben, gemäß § 259 Z. 3 StPO freigesprochen.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft wird gemäß § 290 Abs. 1 StPO dahin ergänzt, daß dem Angeklagten Josef A gemäß § 38 StGB auch die Zeit vom 16.Dezember 1981, 9,30 Uhr bis 17.Dezember 1981, 19 Uhr, auf die Strafen angerechnet wird.
Mit seiner Berufung, soweit sie nicht, gegen die Verfallsersatzstrafe gerichtet, eine Nichtigkeit releviert, wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 18.Oktober 1943 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Josef (Karl) A wurde des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG., teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB (A), des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. (B), des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB (C) und des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223 Abs. 2, 224 StGB (D) schuldig erkannt.
Darnach hat er (zu A) Suchtgift in solchen Mengen in Verkehr gesetzt bzw. in Verkehr zu setzen getrachtet, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte bzw. hätte entstehen können, indem er (zu 1) im Dezember 1981 insgesamt elf Gramm Heroin in seiner Wohnung zum Zweck des Weiterverkaufs bereithielt;
(zu 2) im Februar 1982 den abgesondert verfolgten Heinz B und Erich C 2,8 Gramm Heroin verkaufte;
(zu 3) Ende März 1982 dem abgesondert verfolgten Peter D 1,5 Gramm Heroin verkaufte;
(zu 4) im April 1983 ca. zwei Gramm Heroin zum Zweck des beabsichtigten Weiterverkaufs an Peter D bereithielt;
(zu 5) von 1979 bis Anfang 1983 wiederholt der abgesondert verfolgten Editha A (seiner Ehefrau) Heroin überließ;
(zu B) von 1980 bis 20.Juli 1983 wiederholt unberechtigt Suchtgifte erworben und besessen;
(zu C) im April 1982 einen auf Hans E ausgestellten österreichischen Reisepaß für sich verwendet;
(zu D) in den Jahren 1982 und 1983, zuletzt am 7.April 1983, anläßlich seiner polizeilichen Perlustrierung den oben unter C angeführten Reisepaß, in welchen er sein Lichtbild einfügen hatte lassen, zum Beweis einer Tatsache gebraucht.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs. 1 Z. 5, 9 lit. b und 11 (gemeint: 10) StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die von seiner damaligen Wahlverteidigerin Dr. Margarethe F ausgeführt wurde. Auf die später eingelangte neuerliche Ausführung dieses Rechtsmittels durch den im folgenden Verfahren nach § 41 Abs. 2 StPO beigegebenen Verteidiger Dr. Karl G war keine Rücksicht zu nehmen (EvBl. 1950 Nr. 521, SSt. XXVII/44 u.a.).
Eine Undeutlichkeit der Urteilsbegründung (§ 281 Abs. 1 Z. 5 StPO) erblickt der Beschwerdeführer darin, daß sich ihr nicht entnehmen lasse, ob er im Dezember 1981 zehn oder elf Gramm Heroin in seiner Wohnung bereitgehalten habe (A 1). Das Gewicht von elf Gramm beziehe sich nämlich nicht bloß auf das Suchtmittel, sondern auch auf dessen Verpackung. Damit wird ein entscheidungswesentlicher Begründungsmangel nicht aufgezeigt. Sowohl die eine wie die andere Menge Heroin übersteigt nämlich die bei dieser Droge mit 0,5 Gramm anzunehmende Grenzmenge (§ 12 Abs. 1 SuchtgiftG.) um ein Vielfaches. Als unvollständig bezeichnet der Beschwerdeführer die Urteilsbegründung ferner deshalb, weil nicht festgestellt sei, daß er im Dezember 1981 weniger als zehn Gramm Heroin besessen habe, die außerdem für den Eigenbedarf des Beschwerdeführers und seiner Frau bestimmt gewesen seien, daß er an die Abnehmer Erich C und Peter D das Suchtgift bloß in Teilmengen von höchstens 0,5 Gramm verkauft habe und das an D gelieferte Heroin überdies von schlechter Qualität gewesen sei. Auch habe er bei seinem Treffen mit D im April 1983 weniger als zwei Gramm Heroin bei sich getragen, weil auch diese Suchtgiftmenge mit der Verpackung gewogen worden sei. Auch hierin kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden. Das Erstgericht hat ausdrücklich festgestellt, daß er die angeführten Mengen verkauft oder wenigstens zum Verkauf bereitgehalten hat (S. 175
bis 177) und konnte diese Feststellung - abgesehen vom Geständnis des Beschwerdeführers in der Hauptverhandlung (S. 159 f.) - auch auf die Tatsache stützen, daß das Suchtmittel an C und D, wenn auch in kleineren Teilmengen, jedenfalls in relativ kurzer Zeit (z.B. innerhalb einer Woche) weitergegeben wurde (S. 163). Mit Recht ist wegen dieser Verkäufe in rascher Aufeinanderfolge das Schöffengericht davon ausgegangen, daß der Rechtsmittelwerber die Gefährdung eines für ihn unüberschaubaren Personenkreises zumindest erwogen und billigend in Kauf genommen hat, weshalb ihm die Gefährdung der Volksgesundheit als Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. zur Last gelegt werden konnte. Aber auch seiner Ehegattin hat der Beschwerdeführer ohne Kontrollmöglichkeit Suchtgift überlassen, woraus der Schöffensenat den Schluß ziehen konnte, daß auch hiedurch eine abstrakte Gefährdung der Volksgesundheit - mag diese in der Folge auch nur für seine Frau aktuell geworden sein - gegeben war. Ein Mangel haftet dieser Schlußfolgerung nicht an, sie wurde auch hinreichend begründet. Welcher Qualität das an D gelieferte Heroin war, ob die vom Angeklagten am 7.April 1983 mitgeführten Heroinmengen zwei Gramm mit der Verpackung gewogen haben und ob es sich daher netto um ein geringeres Drogenquantum handelte, konnte auf sich beruhen, weil durch das Verhalten des Angeklagten jedenfalls eine die Grenzmenge (0,5 Gramm) bedeutend überschreitende Quantität Heroin in Verkehr gesetzt wurde bzw. werden sollte.
Rechtliche Beurteilung
Daß der Beschwerdeführer von 1980 (über den Beginn dieser Berechnung siehe später) bis 20.Juli 1983 wiederholt verbotswidrig Rauschgift für den Eigenverbrauch besessen und hiedurch das Vergehen nach § 16 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. verwirklicht hat (B), konnte das Schöffengericht auf Grund des Geständnisses des Nichtigkeitswerbers vor Gericht (S. 159 f.) und auf Grund seiner Verantwortung vor der Polizei (S. 63, 103) feststellen, wonach er sich im angegebenen Zeitraum ständig Opium 'gedrückt' und auch während seiner Haft ab 7. April 1983
Suchtmittel jeweils besessen hat (ON. 24).
Der auf Z. 11 (gemeint offenbar: 10) des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Einwand gegen die Verurteilung nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG., teils in der Entwicklungsstufe des Versuchs nach § 15 StGB, läuft darauf hinaus, daß nach dem Urteilsinhalt im Februar 1982
bei fünf oder sechs Gelegenheiten insgesamt nur 2,8 Gramm Heroin an B und C und im März 1982 an D ebenfalls bei mehreren Gelegenheiten bloß 1,5 Gramm Heroin überlassen wurden. Die jeweils übergebenen Mengen, so behauptet der Beschwerdeführer, lägen somit unter der Toleranzgrenze von 0,5 Gramm, weshalb nur ein Schuldspruch nach § 16 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. in Frage gekommen wäre.
Dabei übersieht der Beschwerdeführer, daß das Schöffengericht wegen der raschen Aufeinanderfolge der einzelnen Verkäufe von einem Gesamtvorsatz des Täters ausgegangen ist, in dessen Zielsetzung es gelegen war, ein die Grenzmenge von 0,5 Gramm Heroin insgesamt jedenfalls übersteigendes Suchtgiftquantum unter seine Abnehmer zu bringen, wobei ihm keine Kontrollmöglichkeit hinsichtlich der weiteren Verwendung der Droge zur Verfügung stand. Das Rauschgift ist nach den weiteren Urteilsfeststellungen tatsächlich in Kreise von Süchtigen, insbesondere im Prostituiertenmilieu, gekommen. Unter solchen Umständen sind die Suchtgiftmengen, die bei mehreren einzelnen Tathandlungen abgesetzt werden, zu addieren und es ist die Eignung nach § 12 Abs. 1
SuchtgiftG. an der Gesamtmenge zu prüfen (vgl. LSK. 1979/287). Im Rahmen der Berufung bekämpft der Angeklagte auch die ihm hinsichtlich der nicht ergriffenen Suchtgiftmenge gemäß § 12 Abs. 4 SuchtgiftG. auferlegte Verfallsersatzstrafe von 13.500 S. Insoweit ist sein Berufungsvorbringen als Nichtigkeitsbeschwerde anzusehen, weil ein solcher Ausspruch nur aus § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO anfechtbar ist (LSK. 1975/108, 1981/16, zuletzt 13 Os 119/83 und 13 Os 156/83).
Die Verfallsersatzstrafe setzt sich aus dem vom Angeklagten selbst eingestandenen Erlös der an C verkauften 2,5 Gramm Heroin (wohl nur teilweise A 2) von 9.000 S (S. 161 unten) und dem Wert der an D weitergegebenen 1,5 Gramm Heroin (A 3) zusammen (S. 179 unten). Nach der Aktenlage hat der Angeklagte, der von D nur 1.000 S verlangt haben will (S. 163), hier keinen Erlös erzielt (S. 162 bis 164). Der Rechtsmittelwerber räumt selbst ein, daß 'die Aussagen darüber nicht einhellig sind' (S. 200). Es war daher in Befolgung des § 12 Abs. 4 SuchtgiftG. der Wert des weitergegebenen Suchtgifts heranzuziehen. Wenn das Gericht von einem solchen von 3.000 S pro Gramm Heroin ausging, hielt es sich dabei an einen gerichtsnotorischen Wert. Im übrigen ist der Angeklagte schon deshalb nicht beschwert, weil etwa (zu A 2) nur die an C verkaufte Menge von 2,5 Gramm Heroin zur Berechnung der Verfallsersatzstrafe herangezogen wurde, während ihm (nach ebendiesem Faktum A 2) der Verkauf von 2,8 Gramm an C und Ö*** zur Last lag, von der Weitergabe von Heroin an seine Ehegattin (A 5) ganz abgesehen.
Begründet ist hingegen der auf den § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO gestützte Einwand des Beschwerdeführers, er sei wegen des zwischen Anfang 1978 und Jänner 1981 begangenen Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. zu 6 d Vr 7307/80 des Landesgerichts für Strafsachen Wien am 2.Februar 1981 bereits verurteilt worden. Für den im nunmehrigen Urteil angeführten Zeitraum 'von 1980 bis 20.Juli 1983'
(S. 173), für den ihm wieder das Vergehen nach § 16 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. angelastet werde (B), liege somit teilweise res iudicata vor.
Gegenstand des vorzitierten Urteils war das Vergehen nach § 16 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG., begangen von Anfang 1978 bis Jänner 1981 in Wien. Der Oberste Gerichtshof hat über die Nichtigkeitsbeschwerde des Josef A mit Urteil vom 25.Juni 1981, 12 Os 55/81, den Tatzeitraum auf '1.März 1979 bis Jänner 1981' richtiggestellt. Insofern war wegen des im XX.
Hauptstück der Strafprozeßordnung verankerten Grundsatzes der materiellen Rechtskraft (Verbot der Doppelbestrafung) der Nichtigkeitsbeschwerde teilweise Folge zu geben und bezüglich des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. der Tatzeitraum neu abzugrenzen.
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war daher das angefochtene Urteil im Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG. (B) und demgemäß auch im Strafausspruch aufzuheben und nach § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst wie eingangs zu erkennen.
Bei der Neufestsetzung der Freiheitsstrafe erachtete der Oberste Gerichtshof ein gemäß § 12 Abs. 1 SuchtgiftG. und § 28 StGB zu verhängendes Strafmaß von 23 Monaten als sachgerecht. Dabei waren, wie schon in erster Instanz, erschwerend die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstraftaten (§ 33 Z. 2 StGB) und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art (§ 33 Z. 1 StGB), mildernd war hingegen das im wesentlichen abgelegte Geständnis (§ 34 Z. 17 StGB). Mit seiner Berufung, soweit sie nicht, gegen die Verfallsersatzstrafe gerichtet, eine Nichtigkeit releviert, war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das Urteil an einer Nichtigkeit gemäß § 281 Abs. 1 Z. 11 StPO leidet, die dem Angeklagten zum Nachteil gereicht und von ihm nicht geltend gemacht wurde; sie war gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen. Josef A befand sich im gegenständlichen Verfahren nämlich auch vom 16.Dezember 1981, 9,30 Uhr, bis zum 17.Dezember 1981, 19,00 Uhr, in (Verwahrungs) Haft (S. 45, 55, 58), ohne daß ihm diese Haft nach Vorschrift des § 38 Abs. 1 Z. 1 StGB angerechnet worden wäre. Der Urteilsspruch war daher in diesem Punkt zu ergänzen. Die Schuldsprüche A, C und D, die Aussprüche nach § 12 Abs. 3 und 4 SuchtgiftG. und die Verfällung in die Verfahrenskosten erster Instanz blieben unberührt.
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