OGH 13Os194/95

OGH13Os194/956.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.März 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Archan als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Fevzi T***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und 3 Z 3 SGG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Fevzi T***** und Abdülkadir A***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 6.Juli 1995, GZ 8 Vr 1297/94-66, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Gemäß § 290 Abs 1 StPO wird das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem den Angeklagten Abdülkadir A***** betreffenden Strafausspruch nach § 12 Abs 5 SGG (Geldstrafe von 150.000 S, für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit zwei Monate Ersatzfreiheitsstrafe) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Fevzi T***** und Abdülkadir A***** wurden vom Landesgericht für Strafsachen Graz mit Urteil vom 30.Juni 1994, GZ 8 Vr 1297/94-35, des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und 3 Z 3 SGG, teilweise auch nach § 15 StGB, der Angeklagte Abdülkadir A***** zum Teil nach § 12 dritter Fall StGB, sowie des Finanzvergehens nach § 35 Abs 1 FinStrG, Abdülkadir A***** nach § 11 dritter Fall FinStrG, schuldig erkannt. Ihnen wurde angelastet, den bestehenden Vorschriften zuwider ein das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs 1 SGG genannten Suchtgiftmenge übersteigende Suchtgift aus- und eingeführt zu haben, indem Fevzi T***** am 8.Mai 1994 3.554,1 Gramm Heroin (beinhaltend 1.860 +/- 50 Gramm reine Heroinbase) in einem PKW aus Rumänien aus- und über Ungarn nach Österreich einführte, während Abdülkadir A***** dazu dadurch beitrug, daß er sich zur gemeinsamen Tatbegehung bereit erklärte und im vorhinein nach Österreich einreiste. Beide Angeklagte wurden ferner schuldig erkannt am Tag nach der Einfuhr das genannte Suchtgift durch Verkauf in Verkehr zu setzen versucht, sowie durch die Einfuhr des Suchtgiftes eingangsabgabepflichtige Waren (strafbestimmender Wertbetrag: 1,869.456 S) vorsätzlich dem Zollverfahren entzogen zu haben.

Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagten nach § 12 Abs 3 SGG zu Freiheitsstrafen sowie nach § 12 Abs 5 SGG zu Geldstrafen und gemäß § 35 Abs 1 (richtig: Abs 4) FinStrG zu Freiheits- und Geldstrafen und erkannte auf Einziehung des tatgegenständlichen Suchtgiftes sowie auf Verfall des zur Beförderung verwendeten PKWs.

Der dagegen von beiden Angeklagten erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 11.Jänner 1995, GZ 13 Os 204/94-7, dahin Folge gegeben, daß das angefochtene Urteil, teils auch gemäß § 290 Abs 1 StPO, mit Ausnahme des Schuldspruches wegen des Finanzvergehens nach § 35 Abs 1 FinStrG, beim Angeklagten Abdülkadir A***** in der Täterschaftsform nach § 11 dritter Fall StGB, sowie im Erkenntnis über die Einziehung des Suchtgifts aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten abermals wegen derselben Delikte schuldig erkannt und über sie (teilweise verminderte) Sanktionen verhängt. Die neuerliche Anführung des bereits im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Finanzvergehens des Schmuggels nach § 35 Abs 1 FinStrG im Schuldspruch stellt allerdings eine überflüssige, rechtlich verfehlte vorliegend aber nicht korrekturbedürftige Wiederholung dar (Mayerhofer/Rieder, aaO, § 289 E 4 a).

Gegen das im zweiten Rechtsgang ergangene Urteil erhoben beide Angeklagten Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs 1 Z 4 und 9 lit a StPO, der Erstangeklagte auch aus Z 5 und 11 leg. cit. Die Nichtigkeitsbeschwerden sind nicht berechtigt.

Mit Mängelrügen (Z 4) relevieren beide Beschwerden die Abweisung der Vernehmung von drei Zeugen (davon zwei ohne genaue Namens- und Anschriftenbezeichnung), zum Beweise dafür, daß die Angeklagten von einem verdeckten Fahnder zur Tat veranlaßt worden waren und dies einen Milderungsumstand darstelle.

Das Erstgericht ist jedoch ohnedies vom Einschreiten eines Fahnders ausgegangen (US 6 f). Damit können durch den abgelehnten Beweisantrag (schon begrifflich) Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt worden sein, abgesehen davon, daß unterlassene Beweise zu einem Strafzumessungsgrund nicht Grundlage einer Verfahrensrüge sein können (Mayerhofer/Rieder, StPO3, § 281 Z 4 E 63 a und 64).

Die Mängelrüge (Z 5) des Erstangeklagten wendet sich gegen das urteilsmäßig festgestellte Suchtgiftquantum (US 2, Gesamtmenge von 3.554,1 Gramm Heroin mit 1.860 +/- 50 Gramm reiner Heroinbase) und will dem die im Untersuchungsbericht des Bundesministeriums für Inneres ermittelte Menge reiner Heroinbase von 1.860 Gramm entgegenhalten, übersieht dabei aber, daß das Schöffengericht eben dieses Quantum an reiner Heroinbase seinem Urteil zugrunde gelegt hat. Auch die Mängelrüge geht somit ins Leere.

Beide Rechtsrügen (Z 9 lit a) reklamieren Feststellungsmängel hinsichtlich der subjektiven Tatseiten, übergehen dabei jedoch die Konstatierungen der Tatrichter zu Wissen und Wollen der Angeklagten (US 9 ff, nochmals zusammengefaßt US 13 f) und bringen diese Rüge damit nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Die Strafzumessungsrüge (Z 11) des Erstangeklagten schließlich wendet sich gegen einen vom Erstgericht angeführten Erschwerungsgrund, der im ersten Rechtsgang nicht genannt worden war. Damit allein hat das Gericht jedoch seine Strafbefugnis, die gemäß § 290 Abs 2 StPO limitiert war, noch nicht überschritten.

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten waren somit teils als offenbar unbegründet, teils als den formalrechtlichen Voraussetzungen nicht entsprechend, bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285 Z 2 StPO).

Im ersten Rechtsgang war über den Zweitangeklagten Abdülkadir A***** nach § 12 Abs 5 SGG eine Geldstrafe von 100.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Monaten verhängt worden. Im erneuerten Verfahren wurde er jedoch nach derselben Gesetzesstelle zu einer Geldstrafe von 150.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit zur Ersatzfreiheitsstrafe in derselben Höhe wie im ersten Rechtsgang verurteilt. Damit verstößt dieser vom betroffenen Angeklagten nicht bekämpfte Strafausspruch gegen § 290 Abs 2 StPO, der auch für Nebenstrafen unbeschadet dessen gilt, ob die Hauptstrafe herabgesetzt wurde oder nicht (Mayerhofer/Rieder, aaO, § 293 E 43). Das Urteil ist daher zum Nachteil dieses Angeklagten mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 11 StPO behaftet, was gemäß § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen war.

Die Strafzumessung nach § 12 Abs 5 SGG hat davon auszugehen, daß die danach zu bestimmende Geldstrafe den konkreten aus der Tat gezogenen oder erwarteten Nutzen übersteigen soll. Bei Ermittlung dieses Nutzens sind vom Gesamtwert des Suchtgiftes die Gestehungskosten, allenfalls der Wert des vom Täter verkauften oder verschenkten Teiles, abzuziehen (Foregger/Litzka, SGG2, § 12 Erl X). Das angefochtene Urteil trifft dazu aber mit Ausnahme des Kaufpreises, den der Zweitangeklagte erhoffte, keine Feststellungen (US 9), weswegen eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes selbst nicht eintreten kann.

Der nichtige Strafausspruch war daher gemäß §§ 285 e, 290 Abs 1 StPO in nichtöffentlicher Sitzung aufzuheben (Mayerhofer/Rieder, aaO, § 290 E 22) und dem Erstgericht die diesbezügliche Entscheidung erneut aufzutragen.

Über die Berufungen, die sich alle gegen nicht von der Aufhebung betroffene Strafaussprüche richten, wird aber zunächst das zuständige Oberlandesgericht zu entscheiden haben (§ 285 i StPO).

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