Spruch:
Der Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 28. August 1991, GZ 18 e BE 177/91-8, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 46 Abs. 3 StGB.
Dieser Beschluß wird aufgehoben und es wird dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung aufgetragen.
Text
Gründe:
I./ Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 18. Februar 1987, AZ 9 Vr 1426/86, wurde der am 24.August 1967 geborene Hannes S***** wegen der Verbrechen des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs. 1, 143 StGB und des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 StGB schuldig erkannt, weil er am 3. April 1986 - gemeinsam mit anderen Mittätern - einen bewaffneten Raubüberfall auf ein Juweliergeschäft sowie anfangs April und am 24.April 1986 insgesamt vier Einbruchsdiebstähle verübt hatte. Hannes S***** wurde hiefür zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Jahren verurteilt, die er derzeit in der Strafvollzugsanstalt Wien-Simmering verbüßt. Das urteilsmäßige Strafende fällt unter Berücksichtigung der Vorhaftanrechnung auf den 1.Mai 1992.
Rechtliche Beurteilung
Mit rechtskräftigem Beschluß vom 28.August 1991, GZ 18 e BE 177/91-8, lehnte das Landesgericht für Strafsachen Wien (als Vollzugsgericht) die bedingte Entlassung des Strafgefangenen Hannes S***** gemäß dem § 46 Abs. 2 StGB im wesentlichen mit der Begründung ab, daß eine solche Maßnahme bei schweren und schwersten Straftaten, wozu bewaffnete Raubüberfälle gehörten, schon aus generalpräventiven Erwägungen ausgeschlossen sei.
II./ Dieser Beschluß verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 46 Abs. 3 StGB.
Wohl sind bei der Entscheidung über eine bedingte Entlassung die Erfordernisse der Spezial- und Generalprävention gleichermaßen zu berücksichtigen (vgl. RZ 1988/89 = EvBl. 1988/147). Demnach kann nach dem § 46 Abs. 3 StGB die bedingte Entlassung auch allein aus generalpräventiven Erwägungen abgelehnt werden. Dies allerdings nur, wenn aus besonderen Gründen im Einzelfall Bedenken gegen die bedingte Entlassung bestehen (vgl. dazu Graff, AnwBl. 1989, S 100 f).
Im vorliegenden Falle stellt der angefochtene Beschluß aber nicht auf solche besondere Gründe des Einzelfalles sondern (nur) darauf ab, daß Hannes S***** einen bewaffneten Raubüberfall begangen habe und daß bei solchen Straftaten "die Wirksamkeit der inländischen Rechtsordnung" nur durch den Vollzug der Strafe "in ihrer vollen urteilsmäßigen Dauer manifestiert" werden könne, "weil solche Täterkreise erfahrungsgemäß ausschließlich die tatsächlichen Folgen des Gesetzesbruches in ihre Überlegungen einbeziehen". Eine bestimmte Tätergruppe vom Anwendungsbereich des Institutes der bedingten Entlassung von vornherein auszunehmen, ist jedoch rechtlich verfehlt, weil nach der Intention des Gesetzgebers eine bedingte Entlassung bei keinem Straftatbestand und bei keiner Tätergruppe aus generalpräventiven Erwägungen grundsätzlich ausgeschlossen sein soll (RZ 1988/59 = EvBl. 1988/147; Graff aaO).
Die vorliegende Entscheidung des Vollzugsgerichtes wirkte sich zum Nachteil des Verurteilten aus, der seine Strafe derzeit noch nicht verbüßt hat.
Es war daher wie im Spruch zu erkennen.
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