OGH 13Os188/85

OGH13Os188/8520.12.1985

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Dezember 1985 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Huber als Schriftführers in der Strafsache gegen Ewald P*** wegen des Verbrechens des versuchten Raubs nach §§ 15, 142 Abs 1 und 2 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengerichts vom 2.September 1985, GZ. 31 Vr 1352/85-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB. (V) und im Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht verwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte hierauf verwiesen.

Text

Gründe:

Ewald P*** wurde der Vergehen des Betrugs nach § 146 StGB. (I), des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z. 4 StGB. (II), der versuchten dauernden Sachentziehung nach §§ 15, 135 Abs 1 StGB. (III), des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 StGB. (IV), der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 StGB. (V) und des Verbrechens des versuchten Raubs nach §§ 15, 142 Abs 1 und 2 StGB. (VI) schuldig erkannt.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten richtet sich gegen die Schuldsprüche wegen der gefährlichen Drohung (V) und wegen des Raubs (VI). Darnach hat Ewald P*** am 13.Mai 1985 in Klagenfurt Renate M***WITZ dadurch gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, daß er auf sie bis auf Körperkontakt zuging und äußerte, er werde ihr einen Tritt in den Geschlechtsteil versetzen (V) und dadurch, daß er der Edith H*** eine Ohrfeige versetzte, sie an der Brust erfaßte und aufforderte, die Handtasche herzugeben, versucht, dieser mit Gewalt gegen ihre Person Bargeld mit Bereicherungsvorsatz abzunötigen, wobei der Raub ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Werts versucht wurde und die Tat nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat (VI). Mit seiner Mängelrüge (§ 281 Abs 1 Z. 5 StPO.) wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Schuldspruch wegen Raubs (VI), weil das Erstgericht lediglich der Aussage der Zeugin H*** gefolgt sei, ohne auf deren Widersprüche zu seiner eigenen Einlassung in der Hauptverhandlung einzugehen, die es einfach als "völlig unrichtig" und "unlogisch" abgetan habe. Damit deklariert sich dieses Vorbringen als Angriff gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung, die es dem Gericht nicht verwehrt, in der gebotenen gedrängten Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z. 5 StPO.) der Verantwortung eines Angeklagten den Glauben schlechthin zu versagen, ohne dazu die Widersprüche zu einer als Feststellungsgrundlage herangezogenen Zeugenaussage im einzelnen gesondert aufzuzeigen. Warum die Tatsache, daß Edith H***, schockiert und kopflos und in ihrer Aufregung und Angst vor dem Angeklagten, zunächst die linke Türverriegelung des Autos nach unten drückte (und dadurch verschloß), dann aber wieder öffnete und um Hilfe rief (was den Angeklagten bewog, aus dem Fahrzeug auszusteigen und zu flüchten), neben der Konstatierung, daß H*** zuvor nicht versucht hätte, den Angeklagten am Aussteigen zu hindern (S. 128, 129), logisch nicht bestehen könne, bleibt unerfindlich, weil die Frau ganz offensichtlich in ihrer Kopflosigkeit, nicht aber, um den Angeklagten am Verlassen des Kraftwagens zu hindern, die Tür vorübergehend kurz verriegelt hatte. Insoweit war die Beschwerde zurückzuweisen.

Berechtigt ist hingegen die Rechtsrüge (§ 281 Abs 1 Z. 9 lit. a StPO., richtig Z. 10, weitergreifend Z. 9 lit. c). Sie bekämpft den Schuldspruch wegen gefährlicher Drohung (V): Es handle sich nur um eine Beleidigung; zu deren Verfolgung fehlt eine Privatanklage.

Wie schon dem Gesetzestext zu entnehmen (§ 107 StGB.: "Wer einen

anderen gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen

...), ist in bezug auf den mit der Tathandlung verfolgten Zweck, den

Bedrohten in Furcht und Unruhe zu versetzen, Absicht (dolus directus

specialis: § 5 Abs 2 StGB.) gefordert (LSK. 1975/203). Nun hat das

Schöffengericht im Urteilsspruch zwar den Gesetzestext wiedergegeben

(S. 122: "... um .... in Furcht und Unruhe zu versetzen ...") und

bei der rechtlichen Beurteilung ausgeführt, daß vom Angeklagten in

subjektiver und objektiver Hinsicht alle Voraussetzungen zur

Verwirklichung (auch) des Tatbestands der gefährlichen Drohung

erbracht seien (S. 131). Neben dieser formelhaften Wendung und dem

substanzlosen Gebrauch der verba legalia (LSK. 1979/336), fehlt aber

eine ausreichend begründete Konstatierung, daß es dem Angeklagten

geradezu darauf angekommen sei, durch sein Verhalten Renate

M***WITZ (die ihn immerhin vor und nach der drohenden Äußerung mit

je einer Ohrfeige bedacht hat: S. 72, 77, 88, 112 und 127) in Furcht

und Unruhe zu versetzen. Daß die Frau von ihm tatsächlich in einen

solchen Zustand versetzt wurde (S. 127 bis 131), ist entgegen der

vom Schöffensenat offenbar vertretenen Auffassung (S. 131: "... in

Furcht und Unruhe versetzt, sodaß dieser Tatbestand ... erfüllt

ist") irrelevant und vermag die fehlende Feststellung zur subjektiven Tatseite nicht zu ersetzen.

Da sich sohin zeigt, daß die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, war in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde das Urteil im Schuldspruch V sowie im Strafausspruch schon bei einer nichtöffentlichen Beratung (§ 285 e StPO.) aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zu verweisen. Im übrigen erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt und war daher unter einem nach §§ 285 d Abs 1 Z. 1, 285 a Z. 2 StPO. zurückzuweisen. Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.

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