OGH 13Os184/95

OGH13Os184/956.3.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.März 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Archan als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Josef C***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Josef C***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 9.Oktober 1995, GZ 37 Vr 381/95-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil - das im übrigen unberührt bleibt - im Schuld-, Straf- und Kostenausspruch des Josef C***** aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit seiner Berufung wird Josef C***** auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurden (zu I/1, 2 a und b) Josef C***** und (zu II) Roswitha S***** des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Danach hat Josef C***** in den Jahren 1991 bis 1994 in im Urteil detailliert beschriebenen Fällen als Kassier der Amtskasse Zell am See sowohl (I/2 a) aus der ihm anvertrauten Bezirkskasse insgesamt mehr als 503.000 S, darüber hinaus (I/1) von Gendarmeriebeamten eingehobene und an die genannte Kasse bezahlte Organmandatsstrafen und weiters (I/2 b) zur Einzahlung auf das Girokonto bei der ***** Sparkasse übernommene Geldbeträge an sich genommen und für sich verwendet. Seine Vorgesetzte Roswitha S*****, welche um die Malversationen des Josef C***** wußte, deckte diese (II). Sie ließ das Urteil unangefochten, er hingegen bekämpft seinen Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde, gestützt auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5 a, 9 lit b und 10 StPO.

Der Verfahrensrüge (Z 4) liegt der vom Erstgericht abgewiesen Antrag des Verteidigers auf Einholung eines "Sachbefundes" aus dem Rechnungswesen darüber, daß in den angeblichen Kassenfehlbetrag von 503.000 S Buchungs- und Übertragungsfehler "eingeflossen" seien (S 445/I), zugrunde.

Abgesehen davon, daß dieser Antrag auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis abzielt (Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr 88 zu § 281 Z 4) und vom Antrag keine entscheidende Tatsache berührt wird, weil dem Beschwerdeführer neben der Wegnahme des Bargeldbetrages von 503.000 S aus der Amtskasse (I/2 a) noch die Vereinnahmung von Organmandatsstrafgeldern (I/1) und die Nichtabfuhr von übernommenen Bargeldbeträgen an die ***** Sparkasse (I/2 b) zur Last liegt, womit die Wertqualifikation jedenfalls weit überschritten wird, wurde im Antrag nicht dargetan, warum der im Prüfungsweg ermittelte und belegte Betrag Fehlbuchungen enthalten sollte (siehe S 431/I).

Aber auch Mängel- (Z 5) und Tatsachenrüge (Z 5 a) zeigen keinen der zitierten Nichtigkeitsgründe auf. Erhebliche Bedenken gegen die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Feststellungen bestehen schon deshalb nicht, weil der Angeklagte ursprünglich geständig war und sich diese Verantwortung mit den sonstigen Beweismitteln durchaus deckt. Welche Konsequenzen aus Gutschriften zu ziehen und wie Verzögerungen in der Einzahlung von Beträgen zu werten sind, fiel in die unbekämpfbare Beweiswürdigung des Schöffengerichts, die nicht mit dem Argument bekämpft werden kann, daß im Ergebnis andere Feststellungen aus dem vorhandenen Beweismaterial für möglich erachtet werden.

Zutreffend ist jedoch die Rechtsrüge (Z 10), die ein Amtsgeschäft des Beschwerdeführers verneinend ersicht- lich dessen Schuldspruch in Richtung § 133 Abs 1 und Abs 2 StGB anstrebt.

Die Ansicht des Erstgerichts, der Angeklagte habe den Bargeldbereich der Bezirkshauptmannschaft Zell am See nicht nur zu verwahren, sondern auch zu verwalten gehabt, findet in dem im Urteil selbst festgestellten Aufgabenbereich keine Deckung (insb S 7). Auch die gebotene Einzahlung von Bargeldern auf das Girokonto der Bezirkshauptmannschaft bei der ***** Sparkasse stellt eine nach den Konstatierungen des Urteils bloß manipulative Tätigkeit dar. Insgesamt präsentiert sich das Verhalten des Angeklagten vielmehr als (bloßer) "Griff in die Amtskasse" (EvBl 1990, 127 und die dort zitierte Judikatur). Auf Grund rechtsirriger Subsumtion hat das Erstgericht aber Feststellungen zum Vorsatz unrechtmäßiger Bereicherung nicht getroffen und ist es dem Obersten Gerichtshof verwehrt, diese Feststellung (aus den Akten) nachzuholen und sofort einen Schuldspruch in Richtung des § 133 StGB zu fällen.

Wegen des bezeichneten Feststellungsmangels zur subjektiven Tatseite war daher der Nichtigkeitsbe- schwerde des Angeklagten bereits in nichtöffentlicher Beratung Folge zu geben, der ihn betreffende Urteilsspruch aufzuheben und dem Erstgericht Verfahrenserneuerung auf- zutragen. Dabei kann auch geprüft werden, wie die Rechtsrüge des Angeklagten weiters ausführt (Z 9 lit b), ob hinsichtlich des entnommenen Bargeldbetrages (von 503.000 S) allenfalls § 167 StGB anzuwenden ist, sofern nicht hinsichtlich sämtlicher Tathandlungen ein einheitlicher Willensvorsatz vorlag.

Die Aufhebung des Strafausspruchs hat der Berufung des Angeklagten den Boden entzogen.

Nur am Rande sei erwähnt, daß von dem aufgezeigten (geänderten) rechtlichen Gesichtspunkt die Angeklagte S*****, welche das Urteil nicht angefochten hat, nicht betroffen ist, weil ihr strafrechtlich relevantes Fehlverhalten unter anderem auch im Mißbrauch der ihr zukommenden Kontroll- und Dienstaufsicht und damit gar wohl im Amtsmißbrauch gelegen war (SSt 58/86, 60/32, 60/45).

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