OGH 13Os179/93

OGH13Os179/9315.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Dezember 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Massauer, Dr. Markel, Dr. Ebner und Dr. Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kramer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Anton P* wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 4 StGB über die vom Generalprokurator erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 3. Mai 1993, GZ 13 E Vr 775/92‑13, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Fabrizy, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0130OS00179.9300000.1215.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 3. Mai 1993, GZ 13 E Vr 775/92‑13, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 128 Abs 1 Z 4 StGB.

Gemäß dem § 292, letzter Satz, StPO wird dieses Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, daß der Wert der von Anton P* weggenommenen fremden beweglichen Sache 25.000 S überstieg, in der rechtlichen Beurteilung der Tat als schwerer Diebstahl nach dem § 128 Abs 1 Z 4 StGB sowie im Strafausspruch aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht Leoben verwiesen.

 

 

Gründe:

 

Mit dem oben bezeichneten Urteil wurde Anton P* des Vergehens des schweren Diebstahls nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 4 StGB schuldig erkannt, weil er im März 1992 in Kindberg ein Programmiergerät der Marke Siemens im Wert von 39.000 S zum Nachteil der VÖEST‑Alpine gestohlen hat.

 

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil steht ‑ wie der Generalprokurator in seiner deshalb gemäß dem § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt - mit dem Gesetz (§ 128 Abs 1 Z 4 StGB) nicht im Einklang:

1. Bei Ermittlung des strafrechtlich relevanten Wertes gestohlener Sachen, die im Gebrauch stehen, ist zunächst vom objektiven Neuwert solcher Sachen zur Zeit der Tat auszugehen, wobei ein seinerzeit bei redlicher Anschaffung der Sachen konkret geleisteter Kaufpreis unter Bedachtnahme auf Waren‑ und Geldwertänderungen zwischen Kauf‑ und Tatzeitpunkt eine Orientierungshilfe bieten kann. Dem Käufer dabei allenfalls gewährte Preisnachlässe könnten allerdings nur dann Berücksichtigung finden, wenn diese nicht bloß bestimmten Einzelkunden individuell gewährt wurden, sondern jeder potentielle Käufer schlechthin mit der Gewährung einer solchen Vergünstigung rechnen konnte. Von einem solcherart ermittelten Neuwert ist sodann ein der Wertminderung durch den Gebrauch (Abnützung) und/oder durch bloßen Zeitablauf (Veraltern) entsprechender Betrag abzuziehen und das Ergebnis als "Zeitwert" der strafrechtlichen Bewertung zugrunde zu legen (EvBl 1977/271 = RZ 1977/115 = ÖJZ‑LSK 1977/281; Leukauf‑Steininger Kommü RN 24; Bertel im WK Rz 12; Foregger‑Kodek StGB5 Erl IV, je zu § 128).

Das Landesgericht Leoben hat zwar richtig erkannt, daß der effektive Zeitwert den Schaden des Bestohlenen darstellt, doch den ‑ im gegebenen Fall sogar über dem tatsächlich aufgewendeten Kaufpreis liegenden ‑ Neupreis des Gerätes in der Höhe von 39.000 S als Wert der gestohlenen Sache zum Tatzeitpunkt festgestellt (US 7), ohne die Wertminderung durch Abnutzung und Veraltern zu berücksichtigen. Dabei hat es den Umstand, daß elektronische Geräte auf Grund des raschen technischen Fortschrittes auf diesem Gebiet bekanntlich einem starken Wertverlust unterliegen, gänzlich außer acht gelassen. Der Ausspruch über den Wert der gestohlenen Sache betraf eine für die rechtliche Beurteilung entscheidende Tatsache (§ 281 Abs 1 Z 5 StPO), weil davon die Überschreitung der Wertgrenze des § 128 Abs 1 Z 4 StGB abhängig ist.

2. Der Wert der gestohlenen Sachen muß vom Vorsatz des Täters umfaßt sein, damit ihm die Wertqualifikation subjektiv zugerechnet werden kann (Leukauf‑Steininger Kommü RN 31; Bertel im WK Rz 16 f; Mayerhofer‑Rieder StGBü E 31, je zu § 128). In rechtsirrtümlicher Verkennung dieses Erfordernisses hat das Landesgericht Leoben keine Feststellungen zu den subjektiven Vorstellungen des Angeklagten über den Wert der gestohlenen Sache getroffen. Diese lassen sich auch nicht schlüssig aus anderen Teilen der Urteilsbegründung ableiten, zumal der Angeklagte das gestohlene Programmiergerät irrtümlich für einen Computer gehalten hatte (US 3). Diese Abweichung der tatsächlichen Beschaffenheit des Diebsgutes von den Vorstellungen des Täters hätte vielmehr eine ausdrückliche Feststellung dahin erfordert, ob ein 25.000 S übersteigender Wert der Sache vom ‑ sei es auch nur bedingten ‑ Vorsatz des Angeklagten umfaßt war.

Zur Beseitigung des mit den festgestellten Gesetzesverletzungen für den Verurteilten verbundenen Nachteils war spruchgemäß die Erneuerung des Verfahrens anzuordnen (§ 292, letzter Satz, StPO).

 

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