OGH 13Os172/95

OGH13Os172/956.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.Dezember 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Bodner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Mira D***** wegen des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11.August 1995, GZ 2 b Vr 2256/95-26, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mira D***** des Verbrechens des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 erster Fall StGB schuldig erkannt, weil sie am 4.Februar 1995 gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz versuchte, Bargeld und Wertgegenstände jeder Art aus der Handtasche ihres Opfers wegzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 5 a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten versagt.

Die Mängelrüge (Z 5) behauptet zunächst mangelnde Begründung der vom Erstgericht zur Gewerbsmäßigkeit des versuchten Diebstahls getroffenen Feststellungen. Die Angeklagte habe diesen Feststellungen zuwider keinen Mangel an finanziellen Mitteln gehabt, weil sie von ihrem Gatten und ihren Schwiegereltern unterstützt worden sei.

Das Erstgericht stellte (begründetermaßen infolge bisher erfolgter Verurteilungen der Angeklagten, siehe Strafregisterauskunft S 13 f, sowie die Akten 2 b E Vr 15911/93 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien und 3 b E Vr 957/91 des Jugendgerichtshofes Wien) fest, daß die Angeklagte eine starke Neigung zu Diebstählen hat (US 3) und in der Absicht handelte, sich durch die wiederholte Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 5). Sie war einkommens-, beschäftigungs- und vermögenslos und für drei Kinder sorgepflichtig (US 2). Zur Tatzeit war sie seit 10.Mai 1994 auf der Flucht aus dem Strafvollzug und in Geldschwierigkeiten (US 4).

Die Feststellungen zum Vorsatz und zur Gewerbsmäßigkeit gründet das Erstgericht unter anderem ausdrücklich auf die angeschlossenen Vorstrafakten, die Art der Tatbegehung und die Persönlichkeitsstruktur der Angeklagten (US 7).

Diese Konstatierungen zur Einkommens- und Vermögenssituation der Angeklagten sind durch die Beweisergebnisse ebenso gedeckt wie jene über ihren Vorsatz und Absicht fortlaufender Einkommensverschaffung auch bei einer nur versuchten Tat (vgl Mayerhofer/Rieder, StGB4, § 70 E 6, 7, 20, 28, 31, 33 und 40).

Daraus erhellt, daß das Schöffengericht ohne formellen Begründungsmangel aus den von ihm genannten Prämissen auf eine gewerbsmäßige Tatbegehung schließen konnte, auch wenn die Angeklagte während ihrer Fluchtzeit Unterstützungen vom Ehegatten und den Schwiegereltern erhalten haben sollte.

Die von der Beschwerde geforderte Begründung zur Gewerbsmäßigkeit des versuchten Diebstahls wurde vom Erstgericht in seinem Urteil jedenfalls gegeben.

Zu den Feststellungen über den Tatablauf selbst wirft die Mängelrüge dem Erstgericht vor, daß es sich diesbezüglich nur auf die gemäß § 252 Abs 1 Z 1 StPO verlesene Aussage des Tatopfers vor der Polizei (S 33 f) stützt (S 116). Demgegenüber ist aber auch eine verlesene Zeugenaussage ein Beweismittel über dessen Beweiskraft die Tatrichter in freier Beweiswürdigung zu befinden haben (s Mayerhofer/Rieder StPO3 § 258 ENr 108f).

Soweit mit dem Beschwerdevorbringen sachlich der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO wegen Verletzung des § 252 Abs 1 (und 4) leg cit geltend gemacht wird, ist auf das vom Erstgericht eingeholte, in der Hauptverhandlung verlesene (ebenso S 116) Gutachten zu verweisen (ON 23), das bei der Zeugin einen in Abs 1 Z 1 leg cit beschriebenen Zustand attestiert (S 109).

Das Tatgericht konnte daher zu Recht das amtliche Protokoll über die Aussage der Tatzeugin vor der Polizei in der Hauptverhandlung verlesen (Foregger/Kodek, StPO6 § 252 Erl II) und dieses als Beweis für die Täterschaft der Angeklagten verwerten.

Das erwähnte Gutachten dahin zu ergänzen, weshalb die Zeugin aber angesichts ihrer schweren Krankheit in der Lage war, vor der Polizei eine klare Aussage des Vorfalles abzugeben, wurde nicht beantragt, weswegen das diesbezügliche Beschwerdevorbringen unter dem Aspekt einer Verfahrensrüge (Z 4) versagen muß.

Der Tatsachenrüge (Z 5 a) genügt die Erwiderung, daß die Beschwerde nicht in der Lage ist, aus der Aktenlage hervorkommende Umstände anzuführen, die geeignet wären, erhebliche Bedenken an den der Schuldentscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Tatsachenfeststellungen hervorzurufen. Die in diesem Zusammenhang von der Beschwerde hervorgehobenen Umstände (Art des Taschenverschlusses, Anwesenheit anderer Personen in Tatortnähe, Umdrehen des Opfers, nachdem es eine Bewegung an seiner Umhängtasche wahrnahm) stellen insgesamt keine entscheidungswesentlichen Momente dar.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit als offenbar unbegründet schon bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285 i StPO).

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