OGH 13Os172/08f

OGH13Os172/08f17.12.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Dezember 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gebert als Schriftführerin in der Maßnahmenvollzugsache des Franz O*****, AZ 18b BE 1115/86 des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen die Feststellung der Gegenstandslosigkeit einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme vom 18. November 1991 (ON 35) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Dr. Sperker, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Feststellung der Gegenstandslosigkeit einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vom 18. November 1991, GZ 18b BE 1115/86-35, verletzt § 54 Abs 1 letzter Satz StGB idF BGBl Nr 60/1974.

Sie wird ersatzlos aufgehoben.

Text

Gründe:

Mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht vom 25. März 1987, GZ 18b BE 1115/86-10, wurde Franz O***** aus der mit Urteil des Kreisgerichts Krems an der Donau vom 8. Jänner 1981, GZ 10 Hv 17/80-30, angeordneten Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB unter Setzung einer Probezeit bedingt entlassen.

Wegen während dieser Probezeit begangener strafbarer Handlungen wurde Franz O***** mit Urteil des Landgerichts München I vom 14. Juni 1991, Zl 463 Js 172646/90, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und seine Unterbringung in der (für Rückfallstäter vorgesehenen) Sicherheitsverwahrung nach § 66 Abs 1 dStGB angeordnet.

Am 18. November 1991 stellte das Landesgericht für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht unter Verwendung eines Formblatts (StPForm BedEntl 25) die Gegenstandslosigkeit der mit dem bezeichneten Urteil des Kreisgerichts Krems angeordneten mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme fest (ON 35). Durch Ausfüllen des Vordruckformulars findet sich auf dem Schriftstück der Passus: „Die Anordnung dieser Maßnahme ist gegenstandslos geworden, weil wegen einer während der Probezeit begangenen mit Strafe bedrohten Handlung dieselbe vorbeugende Maßnahme mit dem Urteil des Landgerichts München I, GZ 463 Js 176246/90, vom 14. Juni 1991 neuerlich angeordnet worden ist (§ 54 Abs 1 letzter Satz StGB)".

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht diese Feststellung mit dem Gesetz nicht im Einklang:

§ 54 Abs 5 StGB (bis 31. Dezember 2001 wortident § 54 Abs 1 letzter Satz StGB idF BGBl Nr 60/1974) knüpft an die neuerliche Anordnung derselben Maßnahme wegen einer während der Probezeit (§ 53 Abs 1 StGB) nach einer bedingten Entlassung aus einer der in den §§ 21 bis 23 StGB bezeichneten Anstalten begangenen mit Strafe bedrohten Handlung die (allein) kraft Gesetzes eintretende Folge (arg: damit) der Gegenstandslosigkeit der früheren Anordnung dieser Maßnahme (RIS-Justiz RS0091662).

Eine gerichtliche Entscheidung (vgl §§ 35 Abs 2 und 86 Abs 1 StPO) ist in diesem Zusammenhang gesetzlich nicht vorgesehen.

Im Übrigen stellt § 54 Abs 5 StGB ausschließlich auf die innerstaatliche (neuerliche) Anordnung einer Unterbringung „in einer der in den §§ 21 bis 23 StGB bezeichneten Anstalten" und nicht auf die Anordnung (allenfalls auch ähnlicher) vorbeugender Maßnahmen nach fremden Rechtsordnungen ab. Das Gesetz sieht statt dessen ein Verfahren nach § 441 Abs 1 StPO vor (vgl dazu auch Medigovic, WK-StPO § 441 Rz 4).

Die Feststellung des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht vom 18. November 1991, AZ 18b BE 1115/86-35, war zur Klarstellung zu beseitigen (RIS-Justiz RS0116270, RS0116267; vgl auch Ratz, WK-StPO § 292 Rz 45 f).

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