Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die Strafe in Anwendung des § 41 StGB auf 4 (vier) Jahre herabgesetzt.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 6.Juli 1937 geborene, pensionierte Angestellte der Sozialversicherung Ferdinand A wurde zufolge des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des schweren Raubs nach § 142 Abs 1, 143 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 24.Juni 1983 in Wien der Astrid B und dem Michael C dadurch, daß er ihnen eine als solche nicht erkennbare Gaspistole anhielt und äußerte, sie sollten ihm alles in der Kassa befindliche Bargeld übergeben, sonst schieße er, eine Barschaft von 16.820 S abgenötigt.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte aus § 345 Abs 1 Z. 4, 6 und 8 StPO mit Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Einleitend wird vorgebracht, daß dem Hauptverhandlungsprotokoll nicht zu entnehmen sei, ob die Ersatzgeschworne Erna D nach Schluß der Verhandlung ausgeschieden sei (S. 228). Ihre Anwesenheit bei der Beratung und Abstimmung der Geschwornen zöge nämlich eine Urteilsnichtigkeit nach sich (§ 329, 345 Abs 1 Z. 4 StPO). Mit dem Beschluß auf Ergänzung des Hauptverhandlungsprotokolls vom 15. Dezember 1983 (S. 275), wonach die Ersatzgeschworne 'Erika' (richtig: Erna) D vor dem Betreten des Beratungszimmers durch die Geschwornen ausschied, ist der diesbezüglich ohnedies nur bedingt erhobenen Beschwerde der Boden entzogen.
Eine Verletzung von Vorschriften über die Fragestellung (§ 345 Abs 1 Z. 6 StPO) erblickt der Beschwerdeführer im Unterbleiben einer Zusatzfrage nach seiner Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB). Dies zu Unrecht.
Voraussetzung für eine Zusatzfrage ist, daß in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht worden sind, die, wenn sie als erwiesen angenommen werden, die Strafbarkeit ausschließen oder aufheben würden (§ 313 StPO). Damit ist nicht ein als möglich denkbares, sondern nur ein tatsächliches Verfahrensergebnis gemeint, was ja schon der Wortlaut des § 313 StPO klar aussagt. Im Beweisverfahren haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, daß der Beschwerdeführer aus einem im § 11 StGB aufgezählten Grund unfähig gewesen wäre, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung den Raubüberfall zusammenhängend geschildert.
Wiederholte Aufenthalte in einem Neurologischen Krankenhaus besagen noch nichts für die Frage der Zurechnungsfähigkeit. Diese hängt wesentlich von der Diagnose, dem festgestellten Krankheitsbild ab, d. h.
von medizinischen Sachfragen, deren Beantwortung in die Kompetenz der Sachverständigen fällt. Die beigezogenen Sachverständigen haben nun keineswegs, wie die Verteidigung im Gerichtstag vermeint hat, eine Rechtsfrage gelöst. Sie haben das getan, was ihnen zukommt: sie haben Befund und Gutachten über den Geisteszustand des Täters erstattet. Die Gutachten hinwiederum lieferten keine Grundlage, um den Geschwornen die Rechtsfrage des § 11 StGB zur Beantwortung vorzulegen. Haben doch alle drei Sachverständigen die medizinischen Voraussetzungen eines Schuldausschließungsgrunds verneint. Mit der Behauptung, in der Rechtsbelehrung sei der Begriff 'Waffe' unrichtig erklärt worden, macht der Angeklagte eine Nichtigkeit gemäß § 345 Abs 1 Z. 8 StPO geltend. Darnach lasse die Rechtsbelehrung für die Herstellung dieser Deliktsqualifikation rechtsirrig genügen, daß 'die Tat mit einer in Wirklichkeit nicht geladenen oder sonst funktionsunfähigen Schußwaffe, Schreckschußwaffe oder einer Pistolenattrappe begangen wurde, soferne dies nur für den Bedrohten nicht erkennbar war bzw. von ihm noch nicht erkannt wurde' (S. 272).
Die Rechtsbelehrung läßt die vorstehend zitierten Umstände für den Raub schlechthin ausreichen (S. 3 der Rechtsbelehrung; wörtlich entnommen Leukauf-Steininger 2 , RN. 9 zu § 142 StGB). Den Waffenbegriff des § 143 StGB insonderheit erläutert die Rechtsbelehrung (Seite 5) übereinstimmend mit der Judikatur namentlich mit der Entscheidung eines verstärkten Senats des Obersten Gerichtshofs SSt. XLIX/45. Darnach war die von dem Räuber Ferdinand A in Anschlag gebrachte Gaspistole, ob geladen oder nicht geladen, eine Waffe in der Bedeutung des § 143 StGB Weshalb diese Beurteilung 'nicht mehr aufrechterhalten werden' könne (S. 272), läßt die Rüge offen; sie entzieht sich damit einer Erwiderung. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB eine Freiheitsstrafe von 5 Jahren. Dabei waren erschwerend die Bedrohung von zwei Personen, mildernd hingegen die Unbescholtenheit des Angeklagten, sein Geständnis, die objektive Schadensgutmachung und die leichte Affektenthemmbarkeit. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung des Strafmaßes in außerordentlicher Strafmilderung an.
Die Berufung schlägt durch.
Dem formal-quantitativen Umstand der Bedrohung von zwei Personen stehen in der Unbescholtenheit, dem Geständnis und der Schadensgutmachung sehr gewichtige Milderungsgründe gegenüber, die den einzigen Erschwerungsgrund beträchtlich überwiegen. Da die vom Geschwornengericht zutreffend wiedergegebenen Lebensumstände des Angeklagten (S. 235, 236), die letzten Endes in dem Raubanschlag gipfelten, nunmehr offenbar geworden sind und mit der Strafverbüßung eine deutliche Zäsur im Leben des Angeklagten eintritt, besteht die solcherart begründete Aussicht, daß der Berufungswerber auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen mehr begehen werde.
In maßvoller Anwendung des § 41 StGB konnte daher die Freiheitsstrafe auf vier Jahre herabgesetzt werden.
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