Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Otto R***** wurde einer jeweils unbestimmten Anzahl von Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (A/I) sowie Vergehen der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB (A/II) und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB (A/III), darüber hinaus (richtig:) je eines Vergehens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (B/I/1) und der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (B/I/2) sowie schließlich zweier Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 2 StGB (B/II) schuldig erkannt.
Danach hat er in K***** in Tirol
A. "zwischen Februar 1997 und dem 21. Februar 2002 seine Ehefrau Eva R***** in zahlreichen, zahlen- und datumsmäßig nicht mehr feststellbaren Angriffen
I. außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB durch die Äußerungen, sie sonst zu schlagen und zu erschlagen, sohin durch gefährliche Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, sowie weiters durch Gewalt, nämlich durch Niederdrücken mit dem gesamten Körpergewicht sowie durch Entziehung der persönlichen Freiheit durch Einsperren zumindest ins Schlafzimmer und ins Badezimmer, zur Duldung des Beischlafs genötigt;
II. außer den Fällen des § 201 StGB durch das Versetzen von Stößen und Tritten, das Packen und Zurückbiegen bzw. -drehen des linken Armes, sohin durch Gewalt und die Äußerung, sie sonst zu erschlagen, sohin durch gefährliche Drohung, und weiters durch Entziehung der persönlichen Freiheit, nämlich durch Einsperren zumindest ins Schlafzimmer, zur Vornahme einer geschlechtlichen Handlung, nämlich seinen Penis in ihre Hand zu nehmen und ihn zu befriedigen, genötigt;"
III. bei anderen Gelegenheiten "durch die Äußerungen, sie umzubringen und ‚ihr den Schädel runterzuhauen', gefährlich mit dem Tode bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen";
B. am 21. Februar 2002
I. mit Gewalt
1. den Josef F***** daran zu hindern versucht, die Gendarmerie zu rufen, indem er es unternahm, "ihm das Handy mit dem Fuß aus der Hand zu treten";
2. Eva R*****, "indem er sie mit seinem gesamten Körpergewicht von ca 110 bis 120 kg auf ein Sofa niederdrückte und am Kragen packte, zum Gewährenlassen dieses Angriffes" genötigt;
II. am Körper misshandelt und dadurch fahrlässig verletzt,
1. Eva R*****, indem er ihr einen Schlag ins Gesicht versetze, der eine blutende Wunde am rechten Ohr, verbunden mit Schmerzen im Bereich des rechten Wangenknochens nach sich zog und
2. Josef F*****, indem er ihn am Hals packte, wodurch dieser schmerzhafte Rötungen am Hals, eine schmerzhafte Schwellung und Rötung am Kinn und Hautabschürfungen am rechten Zeigefinger erlitt.
Rechtliche Beurteilung
Der aus Z 3, 5, 9 lit a und b, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Der undifferenziert aus Z 3 (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) und Z 5 erster Fall vorgetragenen Kritik an angeblicher Undeutlichkeit von Urteilsspruch und -gründen ist angesichts der Irrelevanz einer verfehlten Bezeichnung geltend gemachter Nichtigkeitsgründe nach Maßgabe ihrer inhaltlichen Ausrichtung (Ratz, WK-StPO § 285d Rz 9) folgendes zu erwidern:
Was die Abgrenzung zwischen Verfahrens- und Mängelrüge, also zwischen dem Schuldspruch (§§ 260 Abs 1 Z 1, 270 Abs 2 Z 4 StPO) und dazu getroffenen Feststellungen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO; "welche Tatsachen als erwiesen oder als nicht erwiesen angenommen" wurden) anlangt, so verlangt § 260 Abs 1 Z 1 StPO einerseits die Abgrenzung historischer Sachverhalte zueinander, um eine Mehrfachverurteilung hintanzuhalten, andererseits die Bezeichnung (nur) jener als verwirklicht angesehenen entscheidenden Tatsachen, auf welche die gesetzliche Deliktsbeschreibung der strafbaren Handlung (oder - im Fall von Idealkonkurrenz - der strafbaren Handlungen; zum Begriff statt vieler: EvBl 2002/196) abstellt, welcher das so bezeichnete historische Geschehen nach § 260 Abs 1 Z 2 StPO subsumiert wurde (aaO § 281 Rz 12).
Einer hinreichenden Individualisierung der dem Schuldspruch zugrundeliegenden Taten entgegenstehende Undeutlichkeiten sind aus Z 3 anfechtbar, die undeutliche Feststellung entscheidender Tatsachen aus Z 5 erster Fall (aaO § 281 Rz 13, 392). Entscheidend iS der Z 5, 5a, 9 und 10 hinwieder sind nur jene Tatumstände, welche den Ausschlag dafür geben, ob und welche strafbaren Handlungen "durch die als erwiesen angenommenen Tatsachen, deren der Angeklagte schuldig befunden worden ist, begründet" werden (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO). Indem der Beschwerdeführer sich nicht auf ein - im Verhältnis zu den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) - unrichtiges Referat entscheidender Tatsachen im Urteilstenor (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) beruft, scheidet ein Verfahrens- (Z 3) oder Begründungsmangel (Z 5 dritter Fall) unter diesem Aspekt aus (aaO § 281 Rz 14 f, 272, 276 f).
Zwar wurden die zu A genannten Taten nur pauschal durch Zusammenfassung in drei sog gleichartigen "Verbrechensmengen" individualisiert, damit aber in einer die Einhaltung des Ne-bis-in-idem-Gebotes gewährleistenden Weise gegenüber anderen (möglichen) Taten abgegrenzt und § 260 Abs 1 Z 1 StPO solcherart nicht verletzt (aaO § 281 Rz 291), was der Beschwerdeführer übrigens ohnehin nicht verkennt. Die Abgrenzung der dem Schuldspruch zugrundeliegenden Taten untereinander hinwieder betrifft keine entscheidende Tatsache (aaO § 281 Rz 33).
Wahldeutige Feststellungen sind bei den zu A/I und A/II als verwirklicht angesehenen alternativen Mischdelikten gleichermaßen unbedenklich (aaO § 281 Rz 398 f, 573 f; zur „Entziehung der persönlichen Freiheit" im Fall geschlechtlicher Nötigung vgl Schick in WK2 § 201 Rz 26 und US 8 f).
Daneben wird aus Z 5 mit dem Hinweis auf angeblich entlastende Beweisergebnisse nur unzulässig die Beweiswürdigung der Tatrichter in Frage gestellt.
Welche Klarstellungen die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst, legt sie nicht dar. Aus Z 9 lit b aber bleibt offen, was aus dem Umstand allfälliger, nach § 203 Abs 1 StGB privilegierter Straftaten zwischen Februar 1997 und jenem Kalendertag, der dem entspricht, an welchem Eva R***** "im Jahr 2002 den Verfolgungsantrag gestellt hat," zugunsten des Beschwerdeführers folgen soll, kann doch ein Freispruch von der Anklage hinsichtlich einzelner iS einer gleichartigen Verbrechensmenge nur pauschal individualisierter Taten aus Z 9 nicht begehrt werden. Auch wird nicht deutlich, welche Erklärungen der Eva R***** welchen Antragserfordernissen (§ 2 Abs 4 StPO) nicht entsprochen hätten.
Die Subsumtionsrüge (Z 10) stellt unzulässig die getroffenen Feststellungen in Frage.
Indem die Sanktionsrüge (Z 11) den bei der Strafzumessung in Anschlag gebrachten Sachverhalt pauschal als undeutlich rügt, spricht sie keinen Nichtigkeitsgrund an (aaO § 281 Rz 682 ff). Die aggravierende Gewichtung "unzähliger Wiederholungen über einen äußerst langen Zeitraum" ist aus Z 11 zweiter Fall nicht zu beanstanden (zur Reichweite der Bindung an den Schuldspruch im Berufungsverfahren vgl aaO § 295 Rz 15 ff, insb 22). Eine bestimmte Anzahl solcherart verwirklichter Erschwerungsgründe nennt das Urteil ohnehin nicht. Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Innsbruck zur Entscheidung über die Berufungen zur Folge (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet auf § 390a StPO.
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