Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch C II wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB. sowie in dem Rudolf Z*** betreffenden Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Mit seiner Berufung wird Rudolf Z*** auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Rudolf Z*** ficht den oben bezeichneten Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde aus § 281 Abs. 1 Z. 5 und 9 lit. b StPO. an. Das Erstgericht hat ihm einen (aus Bestürzung, Furcht oder Schrecken begangenen) Putativnotwehrexzeß angelastet, weil er in der irrigen Meinung, von Helmut B*** mit einem Messer angegriffen zu werden, nicht mit einem Zurückweichen bzw. Zurückgehen reagiert (S. 113, 116), sondern seinerseits gegen B*** einen Stich mit einem Messer geführt hat.
Rechtliche Beurteilung
Diese Ansicht des Schöffengerichts ist - wie die Beschwerde zutreffend aufzeigt - verfehlt (Z. 9 lit. b), weil einer in vermeintlicher Notwehr befindlichen Person jene Handlungen nicht angelastet werden, die einem in gleicher Lage tatsächlich Angegriffenen zustehen und die Frage, ob der (vermeintlich) Abwehrende aus Bestürzung, Furcht oder Schrecken reagiert hat, überhaupt erst relevant wird, wenn das "gerechtfertigte Maß der Verteidigung" überschritten ist oder eine unangemessene Verteidigung vorliegt (§§ 3 Abs. 2, 8 StGB.; vgl. SSt. 54/69).
Nach herrschender Judikatur ist das Recht nicht verhalten, dem Unrecht zu weichen, weshalb der rechtswidrig Angegriffene dem Angriff nicht ausweichen oder gar flüchten muß (LSK. 1982/20, 1985/57, EvBl. 1986 Nr. 42, 1987 Nr. 158 u.v.a.). Dies ist ebenso auf einen in vermeintlicher Notwehrlage handelnden Täter zu übertragen.
Das Landesgericht hat demzufolge eine Prüfung der Frage unterlassen, ob die Reaktion des Angeklagten - bei Berücksichtigung der hiermit bindend ausgesprochenen Rechtsansicht (§ 293 Abs. 2 StPO.), daß er zum Ausweichen nicht verpflichtet war - jenes Maß der Verteidigung überschritten hat, das unter seiner irrigen Annahme, von B*** mit dem Messer angegriffen zu werden, zur Abwehr notwendig war (§ 3 Abs. 1 und 2 StGB.).
Diese fehlende Antwort wird das Erstgericht im zweiten Rechtsgang zu geben haben. Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in der vorliegenden Sache selbst konnte noch nicht eintreten, weshalb der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten sofort Folge zu geben und die Verfahrenserneuerung anzuordnen war (§ 285 e StPO.).
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