Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390a Abs 1 StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Othmar M***** wurde der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (I), des schweren sexuellen Mißbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (II) und der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (V) sowie der Vergehen der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB (III) und des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 StGB (IV) schuldig erkannt.
Danach hat er
I.) außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB die am 17. März 1990 geborene Sabrina M***** mit Gewalt bzw durch Entziehung der persönlichen Freiheit zur Duldung des Beischlafs bzw dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen genötigt, indem er sich mit ihr in einem Zimmer einschloss, sie auf ein Bett warf, sie entkleidete, ihr Schläge versetzte, sie vorerst gegen ihren Widerstand im Brust- und Genitalbereich betastete und A.) zu Ostern 2001 in Lehenrotte einen Finger in ihre Scheide einführte und hin und her bewegte;
B.) am 17. März 2002 in Türnitz einen Finger in ihre Scheide einführte, sich anschließend auf sie legte und sein erigiertes Glied in ihre Scheide einführte und den Geschlechtsverkehr vollzog;
II.) mit der am 17. März 1990 geborenen Sabrina M*****, sohin einer unmündigen Person, den Beischlaf und dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung unternommen, und zwar
A.) im Sommer 1999 in Kroatien dadurch, dass er sich auf sie legte, sein erigiertes Glied in ihre Scheide einführte und solcherart mehrere Minuten lang den Geschlechtsverkehr vollzog;
B.) zu Ostern 2001 in Lehenrotte durch die im Punkt I.)A.) dargestellte Tathandlung;
C.) am 17. März 2002 in Türnitz durch die im Punkt I.)B.) dargestellte Tathandlung;
III.) durch die in den Punkten I.)B.) und II.)A.) "sowie C.)" dargestellten Tathandlungen mit seiner Enkelin Sabrina M*****, sohin einer Person, die mit ihm in gerader Linie verwandt ist, den Beischlaf vollzogen;
IV.) durch die in den Punkten I.) und II.) dargestellten Tathandlungen unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber einer seiner Aufsicht unterstehenden minderjährigen Person Sabrina M***** zur Unzucht missbraucht;
V.) im Sommer 1999 in Kroatien und am 17. März 2002 in Türnitz Sabrina M***** jeweils durch die Äußerung, er werde sie umbringen, falls sie jemandem etwas von den in den Punkten I.)B.) und II.)A.) sowie C.) angeführten Tathandlungen erzähle, durch gefährliche Drohung mit dem Tod zur Unterlassung der Information anderer über die stattgefundenen Straftaten genötigt.
Rechtliche Beurteilung
Die auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 5a, 9 lit a und 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel. Aktenwidrig wird vorgebracht (Z 3), der auf Veranlassung des Vorsitzenden gemäß § 250 Abs 1 StPO vor Befragung der Zeugin Daniela W***** aus dem Gerichtssaal abgetretene Angeklagte sei erst nach den im Anschluss an die Vernehmung erfolgten Verlesungen wieder hereingerufen und vom Aussageinhalt in Kenntnis gesetzt worden. Die Verlesungen erfolgten vielmehr in Gegenwart des Angeklagten (S 487/I).
Die Beschwerdeauffassung, dass § 252 Abs 3 StPO mit Nichtigkeit bewehrt sei, wird nicht aus dem Gesetz abgeleitet.
Keine erheblichen Umstände betrafen die in der Hauptverhandlung gestellten Anträge (Z 4) auf
- Vernehmung der Zeugen Gertrude R***** und Erika H***** zum Beweis dafür, dass "Frau R***** die Schwester des Angeklagten ist und ebenfalls die familiären Umstände bestens kennt und Frau H***** eine langjährige Freundin und gute Bekannte des Angeklagten war und somit auch über sein Sexualleben oder abartige Neigungen weiß, dass solche nicht vorliegen" (S 405, 408/I, vgl auch 488/I), sowie der Zeugen Sissy M***** und Michael M***** "zum Beweisthema des Schlagens der Kinder, während diese in der Obhut des Großvaters waren, dass dies nicht der Richtigkeit entspricht" (S 405 f/I),
- Beischaffung von Akten des Jugendamtes in Purkersdorf "zu dem Beweisthema wie sich das Familienleben damals im Hause M***** gestaltet hat und dass es zu derartigen von den Zeugen angegebenen Gewalttätigkeiten nicht kam, sondern äußerst schwierige, nicht zuletzt durch die Pubertät dieser drei Kinder bedingt, es zu Schwierigkeiten kam und dass nur in diesem Zusammenhang eine Ohrfeige ergangen ist" (S 405 f/I),
- "Bestellung eines geeigneten Sachverständigen für den Angeklagten aus dem Fachbereich für Psychologie und Psychiatrie, die Erstellung eines Gutachtens, ob beim Angeklagten in den in Frage kommenden Tatzeiträumen von 1999 bis 2001 hinsichtlich des Sexual- und Trieblebens pädophile und sadistische Neigungen oder Auffälligkeiten festzustellen sind und wie das Sexualleben des Angeklagten bisher geprägt war, insbesondere, ob dieser Potenz- und/oder Erektionsschwierigkeiten hat bzw hatte und ob der Angeklagte kurze oder längere Zeitdauer zum Samenerguss hat" (S 488/II) und
- Bestellung eines Sachverständigen "aus dem Zivilingenieurbereich zur Erstellung eines Gutachtens zur Ermittlung der beantragten Raumskizzen sowohl in der alten Wohnung in Lehenrotte als auch in der Wohnung in Türnitz" zu "diesen einzelnen Tatumständen und Durchführung der beantragten Gehörproben" sowie "Wiederholung der Bestellung eines solchen Sachverständigen (Zivilingenieur), der bei einem Wohnmobil der Marke Fiat Ducati für sechs Personen einen Lokalaugenschein durchführt, ob die akustische Wahrnehmung so, wie es die Zeugin Sabrina M***** aussagte, dass sie in Kroatien geschrieen hat und dass es zu Kampfhandlungen kam, soweit gegangen sein kann, dass es unablässlich gewesen wäre, derartige Geräusche außen zu hören" (S 489 f/I).
Soweit der Antrag auf Vernehmung der Zeugen Sissy M***** und Michael M***** auch "zum Beweisthema dafür" gestellt wurde, "dass die Angaben der Sabrina, wie sie vor der BH Lilienfeld am 9. Oktober 2002 erfolgt sind" (S 61 f/I) nicht der Richtigkeit entsprechen, und die Bestellung eines Sachverständigen "aus dem Fachbereich für Gerichtsmedizin und forensische Medizin" begehrt wurde, um "im Vergleich mit den Ausmaßen der Finger und Genitalien des Angeklagten zu vergleichen, ob Vaginaverletzungen und Schmerzen zu den angegebenen Tatzeitpunkten entstanden sein müssten, insbesondere welchen Verletzungsgrad diese Verletzungen zur Folge gehabt hätten" (S 489/I), wurde bei Antragstellung nicht dargelegt, warum die Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten lasse (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330).
Erst in der Beschwerde zu einzelnen Punkten genannte weitere Beweisthemen sind unbeachtlich, weil bei Prüfung der Berechtigung eines Beweisantrags der Zeitpunkt des Zwischenerkenntnisses maßgeblich ist.
Sämtliche Anträge wurden daher zu Recht abgelehnt.
Die Zeugin Daniela W***** wurde entgegen den Einwänden aus Z 4 - wie die Beschwerde unter Z 3 auch einräumt - in der Hauptverhandlung befragt (S 485 ff/I).
Worin der Angeklagte eine Undeutlichkeit (Z 5 zweiter Fall) der Beweiswürdigung erblickt, ist dem Vorbringen, das Urteil lasse nicht erkennen, aus welchen Gründen die entscheidenden Tatsachen als erwiesen angesehen wurden, wobei in der Beschwerde betont wird, dass das Erstgericht "ausschließlich den wesentlichen Aussagen der Zeugin Sabrina M***** zu den einzelnen Tathandlungen" folgte, nicht zu entnehmen.
Worin die weiters bemängelte Undeutlichkeit auf der Feststellungsebene liegen soll, wird ebenso wenig deutlich und bestimmt bezeichnet (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO). Das Gleiche gilt für die Behauptung unerörterter Widersprüche in Angaben der Sabrina M*****.
Weshalb es der Beschwerdeführer aus dem Grund der Z 5 für bedeutsam hält, dass Angaben von Zeugen mit Stillschweigen übergangen wurden, die nach seiner Ansicht (Punkte 15 und 17 der Beschwerde) "allesamt selbst nichts zur Aufklärung der äußeren und inneren Tatseite beizutragen hatten", ist nicht zu erkennen.
Indem der Angeklagte - unter Erörterung von Verfahrensergebnissen nach Art einer zur Anfechtung von Schöffenurteilen nicht vorgesehenen Schuldberufung und schon deshalb prozessordnungswidrig (Punkte 19 bis 21) - einen "inneren Widerspruch" und Verstöße "gegen die Gesetze logischen Denkens" in Aussagen der Zeugin Sabrina M***** behauptet, verfehlt er den im Gesetz bezeichneten Bezugspunkt eines (nominell geltend gemachten) Einwandes aus Z 5 dritter Fall, der nur im Urteil liegen kann (näher Ratz, WK-StPO § 281 Rz 437).
Sofern geltend gemacht werden sollte, dass in Aussagen über entscheidende Umstände nach Meinung des Beschwerdeführers unerörterte Widersprüche (vgl jedoch US 8) bestehen (Z 5 zweiter Fall), fehlt es an deren deutlicher und bestimmter Bezeichnung (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).
Dies trifft auch auf die Behauptung zu, dass die Verwertung von Angaben der Genannten Nichtigkeit nach Z 5 vierter Fall begründet (Punkt 23) und - in der Beschwerde nicht näher genannte - "ungeklärt gebliebene Umstände der gesamten Tathergänge" auf rein willkürlichen Annahmen beruhen (Punkte 24 und 26 f der Beschwerde). Durch Berufung auf den Zweifelsgrundsatz zeigt die Mängelrüge keinen in Z 5 bezeichneten Fehler auf.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpft sich im Verweis auf diesen Grundsatz und das aus Z 4 Vorgebrachte. Sie bedarf daher keiner weiteren Erörterung.
Die Rechtsrüge ("Z 9 lit a und b", Punkte 33 bis 36, auch 24) geht von der Bestreitung des festgestellten äußeren Geschehens und Willens des Angeklagten (US 5 bis 7) aus und verfehlt damit eine gesetzmäßige Darstellung.
Unerfindlich bleibt, wie es "in Stattgebung der Strafberufung" zu einem aus diesem Grund beantragten Freispruch des Angeklagten kommen soll.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - in Übereinstimmung mit der kurzen Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen den dazu erstatteten, lediglich auf die Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde verweisenden und entgegen den getroffenen Feststellungen (US 5 f) ein Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO anregenden Äußerungen des Angeklagten - teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
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