Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene (freisprechende) Urteil, das lediglich in seinem Ausspruch gemäß dem § 263 StPO. unberührt bleibt, aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes wurde der Transportunternehmer Johann A von dem gegen ihn wegen des Verbrechens des versuchten Betruges nach den §§ 15, 146, 147
(Abs. 2 und) Abs. 3 StGB. erhobenen Anklagevorwurf, er habe im Oktober 1976 (in Wien) durch Erstattung einer falschen Schadensmeldung an die B C Versicherungs-Aktiengesellschaft, in der er (fälschlich) behauptete, Siegfried D habe am 6.Oktober 1976 den (in der E verunglückten) Tankwagenzug der Marke F 22.256, Kennzeichen N 744.493 gelenkt, sowie dadurch, daß er dem Versicherungsangestellten Bruno G gegenüber ausdrücklich erklärte, der Unfallslenker sei Siegfried D gewesen, mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, versucht, Angestellte der BN CN Versicherungs-AG. durch Täuschung über Tatsachen zu einer Handlung, nämlich zur Abdeckung des Unfallsschadens in der Höhe von 385.000 S zu verleiten, welche die genannte Versicherungs-AG. an ihrem Vermögen schädigen sollte, gemäß dem § 259 Z. 3 StPO.
losgezählt.
Nach den wesentlichen (kurz zusammengefaßt wiedergegebenen) erstgerichtlichen Tatsachenfeststellungen stürzte am 6.Oktober 1978 (richtig 1976) der oben erwähnte, im Transportunternehmen des Angeklagten eingesetzte, zu dieser Zeit von Alois H gelenkte Tankwagenzug während einer Fahrt in der E ohne Verschulden eines anderen Verkehrsteilnehmers in den Straßengraben. Das bei der BN CN Versicherungs-AG. kaskoversicherte Fahrzeug erlitt einen Totalschaden. Unter der Voraussetzung der Leistungspflicht müßte daher die B C Versicherungs-AG. mindestens 200.000 S bezahlen. Alois H besaß zur Lenkung des gegenständlichen Tankwagenzuges keine Berechtigung (Führerschein der Gruppe E), was dem Angeklagten bekannt war. Das Fahrzeug war deshalb auch zunächst von dem befugten Fahrer Siegfried D gesteuert worden, der aber die Lenkung vor dem Unfall dem ihn als Mitfahrer begleitenden Alois H überlassen hatte. D war zwar nicht ausdrücklich verboten worden, H fahren zu lassen, doch hatte der Angeklagte anderseits diese Möglichkeit gar nicht bedacht. Eine Lenkung des Tankwagenzuges durch Alois H mit Willen des Angeklagten konnte das Erstgericht jedenfalls nicht feststellen (sh. S. 300 d.A.).
Nachdem der Angeklagte erfahren hatte, daß der Tankwagenzug im Unfallszeitpunkt von Alois H gelenkt worden war, äußerte er sich ca. fünf Tage nach dem Unfall zu Siegfried D, der Versicherung gegenüber müsse es so gemacht werden, daß er (D) gefahren sei, weil H keine Lenkerberechtigung besessen habe. Hievon erfuhr Alois H, welcher der BN CN Versicherungs-AG. daraufhin um den 10.Oktober 1978 (richtig 1976) telefonisch mitteilte, daß voraussichtlich eine unrichtige Schadensmeldung erstattet werde. Am 19.Oktober 1978 (richtig 1976) legte der Angeklagte dann tatsächlich eine falsche (als Lenker des Unfallsfahrzeuges Siegfried D bezeichnende) Schadensmeldung, die er von D (mit-) unterfertigen ließ. Weiters bestätigte er auch gegenüber dem Versicherungsangestellten Bruno G, daß D gefahren sei. Er wählte diese Vorgangsweise deshalb, weil er der (irrigen) Meinung war, daß er aus dem Kaskoversicherungsvertrag keine Entschädigung bekomme, wenn der Tankwagenzug von einem Lenker ohne Lenkerberechtigung gelenkt wurde. Demgegenüber besteht jedoch gemäß dem Artikel 6 Abs. 1 lit. b der Allgemeinen Bedingungen für die Kasko- und Insassenunfall-Versicherung von Kraftfahrzeugen und Anhängern (I.) in Wahrheit keine Leistungsfreiheit des Versicherers, wenn der (keine Lenkerberechtigung besitzende) Lenker das verunglückte Fahrzeug - wie hier - ohne Willen des Halters lenkte (vgl. Beilage I zu ON. 20).
Im Hinblick auf die somit gegebene Leistungspflicht der BN CN Versicherungs-AG. vertrat das Erstgericht in rechtlicher Beziehung die Auffassung, daß aus der Täuschung ein Schaden unter keinen Umständen eintreten konnte und deshalb ein Freispruch zu ergehen hatte.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Staatsanwaltschaft gegen dieses Urteil ergriffenen, auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5 und 9
lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu.
Im vorliegenden Fall waren die festgestellten Täuschungshandlungen für das erwartete Verhalten und die beabsichtigte Schädigung der BN CN Versicherungs-AG. nur insoweit ohne Relevanz, als die genannte Versicherungsgesellschaft gemäß dem oben zitierten Artikel 6 Abs. 1 lit. b der I gegenüber dem Angeklagten auch bei Kenntnis des wahren Sachverhaltes leistungspflichtig gewesen wäre. Dies läßt aber - worauf die Staatsanwaltschaft mit Recht hinweist - noch nicht den Schluß zu, daß aus der Täuschung überhaupt kein Schaden entstehen konnte. Gemäß dem § 67 Abs. 1 VersVG. (BGBl. Nr. 1959/2) geht ein allfälliger Schadenersatzanspruch, der dem Versicherungsnehmer gegen einen Dritten zusteht, auf den Versicherer über, soweit dieser dem Versicherungsnehmer den Schaden ersetzt. Von der mithin unrichtigen Rechtsansicht ausgehend, daß die Täuschungshandlungen des Angeklagten niemals und unter keinen Umständen eine Vermögensschädigung bewirken konnten, befaßte sich das Erstgericht nicht damit, ob dem Angeklagten ein solcher Anspruch - in erster Linie gegen Alois H, unter Umständen aber auch gegen Siegfried D - erwachsen war, und ob er die Täuschungshandlungen allenfalls (auch) mit dem (Eventual-) Vorsatz vornahm, einerseits der BN CN Versicherungs-AG.
durch die damit zu erwartende Verhinderung der Wahrnehmung dieser Ansprüche einen (möglichen) Schaden zuzufügen und anderseits die regreßpflichtigen Schädiger (Alois H, ev. Siegfried D), denen dann Zahlungen aus dem gegen sie bestehenden Regreßanspruch erspart worden wären (vgl. ÖJZ-LSK. 1976/197), unrechtmäßig zu bereichern. Der Umstand, daß es das Erstgericht demnach zufolge einer unrichtigen Rechtsansicht unterließ, alle für die rechtliche Beurteilung der angeklagten Tat - die als Gesamtverhalten mit allen ihren Begleitumständen zu prüfen war - entscheidenden Tatsachen festzustellen, bewirkt Nichtigkeit des angefochtenen Urteils nach dem § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO.
Da eine Urteilsaufhebung mithin schon wegen dieser Feststellungsmängel unumgänglich ist, war spruchgemäß zu entscheiden, ohne daß die Notwendigkeit bestand, auch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.
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