OGH 13Os141/04

OGH13Os141/0412.1.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Jänner 2005 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pablik als Schriftführer in der Strafsache gegen Günter M***** und eine weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall und 15 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Günter M***** und Brunhilde M***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Schöffengericht vom 8. Juni 2004, GZ 13 Hv 20/04k-153, nach Stellungnahme der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Brunhilde M***** sowie die angemeldete Berufung des Angeklagten Günter M***** wegen Nichtigkeit und Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Günter und Brunhilde M***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 (laut Urteilsspruch: erster und) zweiter Fall und 15 StGB (AA) und der Angeklagte Günter M***** zudem des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (BB) schuldig erkannt.

Danach haben zusammengefasst

AA) Günter und Brunhilde M***** zwischen 17. Februar 2001 und 23. Dezember 2002 in St. Margarethen an der Sierning und anderen Orten im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter in arbeitsteiliger Vorgangsweise nach gegenseitigem Bestärken mit übereinstimmendem, von gemeinsamer Planung getragenem Täterwillen mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von teils schweren Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet bzw zu verleiten versucht, die diese bzw Dritte um insgesamt mehr als 40.000 Euro am Vermögen schädigten bzw schädigen sollten, und zwar

A) verleitet

I) 302 Interessenten für den Dienstposten eines Taxilenkers durch

Vorspiegelung der tatsächlich bestehenden Aussicht auf eine Anstellung bei der Firma M***** zur Bezahlung bzw Überweisung eines „Kautionsbetrages für die Dienstkleidung";

II) 34 Personen durch Vorspiegelung der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Einschaltung von Inseraten;

III) 13 Personen durch Vorspiegelung der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Bereitstellung von Veranstaltungsräumlichkeiten sowie zur Ausfolgung von Speisen und Getränken;

IV) 3 Personen durch die Vorspiegelung der Zahlungsfähigkeit und -willigkeit zur Lieferung bzw Ausfolgung von Waren;

V) 4 Personen durch Vorspiegelung einer reellen Auftragserteilung und

in Aussichtstellung einer lukrativen Geschäftsbeziehung zur Zahlung von „Werbekostenbeiträgen";

VI) Verfügungsberechtigte einer Fahrzeugfirma zur Überlassung eines Leihwagens;

VII) Verfügungsberechtigte einer Softwarefirma zur Überlassung von Computerwaren als „Testgeräte";

B) zu verleiten versucht

I) 7 Interessenten für den Dienstposten eines Taxilenkers durch

Vorspiegelung der tatsächlich bestehenden Aussicht auf eine Anstellung bei der Firma M***** zur Bezahlung bzw Überweisung eines „Kautionsbetrages für die Dienstkleidung";

II) 3 Personen durch Vorspiegelung einer reellen Auftragserteilung und Inaussichtstellen einer lukrativen Geschäftsbeziehung zur Zahlung von „Werbekostenbeiträgen";

BB) Günter M***** allein zwischen März und April 2002 im Bereich des Finanzamtes St. Pölten als für die steuerlichen Belange verantwortlich Auftretender der Firma M***** vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, indem er zu Unrecht durch Vorlage falscher Rechnungen und Vortäuschung von Geschäftsbewegungen wie Zahlungen und Erbringung von Leistungen Abgabengutschriften geltend machte, und zwar hinsichtlich der Umsatzsteuervorauszahlungen für folgende Zeiträume

A) Jänner bis Dezember 2001 2,674.157,28 S (194.338,59 Euro);

B) Jänner 2002 5.435,59 S (395,02 Euro);

C) Februar 2002 112.036,94 S (8.142,04 Euro) und

D) März 2002 18.716,90 S (1.360,21 Euro).

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten Günter M***** angemeldete (ON 155), als „Berufung wegen Nichtigkeit" eingebrachte jedoch nicht ausgeführte und daher keine Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt bezeichnend, war ebenso wie seine angemeldete, im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene „Berufung wegen Schuld" bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO). Die Angeklagte Brunhilde M***** bekämpft das Urteil mit einer auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a und 9 lit a gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Der Antrag (Z 4) auf Einholung eines sprachwissenschaftlichen Gutachtens zum Beweis dafür, dass Brunhilde M***** nicht in der Lage ist, hochdeutsch mit bundesdeutscher Sprachfärbung zu sprechen, dies zum Beweis dafür, dass die Zweitangeklagte mit Frau L*****, der Sekretärin des Günter M*****, nicht ident sei (S 104/XVII), wurde zu Recht abgelehnt (S 107/XVII; US 55). Dieses Begehren lässt nämlich die gebotene Darlegung vermissen, weshalb ein Sachverständiger allein auf der Basis einer von der Kooperationsbereitschaft der Angeklagten abhängigen Befundaufnahme in der Lage gewesen wäre, zu fehlenden Fähigkeiten der Antragstellerin verlässlich Auskunft geben zu können. Die lediglich auf ausgewählte Urteilsannahmen unter Außerachtlassung der sonstigen Konstatierungen abstellende Mängelrüge (Z 5) bringt vor, in der Entscheidung würden Feststellungen „zu Handlungen der Angeklagten, die über Tätigkeiten einer Sekretärin für ihren Chef oder einer Gattin für ihren abwesenden Unternehmergatten hinausgehen" fehlen und mit der Beschreibung bloß untergeordneter Hilfsdienste nur undeutliche bzw unvollständige Feststellungen zur Beteiligung der Angeklagten an den Betrugshandlungen des Mitangeklagten getroffen. Damit wird weder ein Begründungsmangel noch ein Mangel an Feststellungen (Z 9 lit a) aufgezeigt, sondern bloß die von den Tatrichtern konstatierte Mitwirkung der Angeklagten am betrügerischen Gesamtkomplex in Umsetzung eines gemeinsamen Tatplanes der Eheleute (vgl US 40 ff, 50, 59) mit eigenen beweiswürdigenden Erwägungen in Frage gestellt. Darüber hinaus zeigt die Rüge auch nicht auf, welche zur rechtsrichtigen Beurteilung des Verhaltens der Angeklagten relevanten Feststellungen noch zu treffen gewesen wäre. Der Einwand einer fehlenden Begründung zur konstatierten subjektiven Tatseite („wie die Angeklagte den Vorsatz ... zu diesem Tatplan gefasst hat") übergeht wiederum die dazu festgehaltene Begründung des Erstgerichts (vgl US 40 f, 52 ff, 56 f und 58).

Gleiches gilt für die Kritik an den Konstatierungen, wonach die Angeklagten schriftliche Konzepte festgehalten, bei Bedarf ausgewählten Geschäftspartnern vorgelegt und Arbeitsverträge, Dienstausweise sowie Werbekostenverträge entworfen haben (US 40 f). Diesbezüglich lässt die Rechtsmittelwerberin die zum plangemäßen arbeitsteiligen Vorgehen der Angeklagten angestellte Beweiswürdigung des erkennenden Gerichts (US 52 ff) außer Acht.

Soweit die Beschwerde einzelne Passagen der Aussagen von Zeugen wiedergibt und behauptet, die Feststellungen, sie sei mit Frau L***** ident und hätte diese lediglich zur Verschleierung ihrer Tätigkeit erfunden (US 44, 48, 53 ff, 56), stütze sich auf „unzureichende Beweisaussagen", vermag sie keine den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechende tatrichterliche Erwägungen aufzuzeigen. Unerörtert gebliebene Verfahrensergebnisse, die für die Angeklagte günstigere Schlussfolgerungen zugelassen hätten, vermag die Rüge damit ebenso wenig zu relevieren, wie es ihr gelingt, nachvollziehbar darzulegen, weshalb die Annahme des Schöffengerichts, die Angeklagte habe teils im eigenen Namen (US 55) teils unter dem Namen L***** (US 44, 48, 53 ff, 56) Telefonate geführt und Günter M***** zu geschäftlichen Treffen begleitet (US 43 f, 55), zur Überlegung, sie habe eine Frau L***** erfunden, um ihre Tätigkeit zu verschleiern (US 53 ff), im Widerspruch zueinander stehen sollen.

In der Tatsachenrüge (Z 5a) versucht die Angeklagte erneut unter Hinweis auf einzelne - vom Schöffengericht erwogene - Zeugenaussagen ihrer Version, sie habe „bloß Tätigkeiten einer Sekretärin ausgeübt", jedoch nicht mit ihrem Ehemann betrügerisch zusammengewirkt, zum Durchbruch zu verhelfen und die Feststellung des Schöffensenates, wonach sie ihr Tatverhalten teils durch Agieren unter anderem Namen verschleierte, in Zweifel zu ziehen. Damit vermag sie aber keine sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken an der tatrichterlichen Lösung der Schuldfrage aufzuzeigen.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a, inhaltlich auch Z 5) zeigt mit dem unsubstanziierten Vorbringen, dass Erstgericht habe nur die verba legalia in etwas ausführlicher Form wiedergegeben, nicht auf, welche entscheidungsrelevanten Konstatierungen über die auch zur inneren Tatseite festgehaltenen Urteilsannahmen (US 2, 40 ff, 50 f, 56 f, 58 f) hinaus zu treffen gewesen wären bzw welche rechtliche Konsequenz daraus hätte abgeleitet werden sollen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584) und lässt solcherart eine deutliche und bestimmte Bezeichnung des Nichtigkeitsgrundes vermissen.

Mit dem Einwand, aus einer in der Hauptverhandlung vorgelegten Terminauflistung wäre festzustellen gewesen, dass die Angeklagte ab Anfang August 2001 nur mehr sporadisch für ihren Gatten tätig gewesen sei, wird ein Rechtsfehler in der Bedeutung des geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgrundes erneut nicht dargetan, sondern bloß eine Kritik an den gegenteiligen Urteilsannahmen und der dazu angestellten Beweiswürdigung (US 56) vorgebracht, ohne auszuführen, weshalb mit der Wahrnehmung einzelner Termine für Arztbesuche, Therapiebehandlungen oder Betreuungsleistungen die festgestellte arbeitsteilige Vorgangsweise der Beschwerdeführerin mit ihrem mitangeklagten Ehegatten in Frage zu stellen wäre.

Weshalb die von der Angeklagten aufgezeigte teilweise Schadensgutmachung nach Inhaftierung ihres Ehemannes Einfluss auf den Schuldspruch haben sollte, wird in der Beschwerde nicht ausgeführt. Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Brunhilde M***** war daher ebenfalls bereits in nichtöffentlicher Sitzung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO).

Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft (§ 285i StPO).

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