Spruch:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde werden das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch 1, demgemäß auch im Strafausspruch und im Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche sowie der Beschluss auf Verlängerung einer Probezeit aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.
Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Ihm fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mag. Günther I***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (1) und des Vergehens der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (2) schuldig erkannt.
Danach hat er - soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung (zu Punkt 1 des Schuldspruchs) - am 30. September 2008 in St. Pölten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz „Berechtigte der C***** (Cl***** B.V.) durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Verschweigung seiner rechtskräftigen Verurteilung zu 93 Hv 104/07f des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 10. Oktober 2007, rechtskräftig am 6. Mai 2008, wegen des Vergehens des schweren Betrugs und des dadurch erfüllten Ausschließungsgrundes nach §§ 13, 87 Abs 1 GewO und durch die - entgegen seiner Verpflichtung zu Punkt 4.1.5. der Courtagevereinbarung, die C***** unverzüglich von der Einleitung eines Verfahrens auf Entzug der Gewerbeberechtigung zu informieren - erfolgte Verschweigung der Tatsache, dass die BH Wien-Umgebung als Gewerbebehörde mit Verfahrensanordnung vom 8. September 2008 zu WUW 1-G-061251 und WUW 1-G-061210 die M***** GmbH gemäß §§ 87 Abs 1 Z 1, 91 Abs 2, 13 Abs 1 GewO aufgrund der zuvor angeführten rechtskräftigen Verurteilung aufforderte, Mag. Günther I***** innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Zustellung (durch Hinterlegung am 11. September 2008) als gewerberechtlichen Geschäftsführer zu entfernen, widrigenfalls mit der Entziehung der Gewerbeberechtigungen 'Gewerbliche Vermögensberatung mit Berechtigung zur Vermittlung von Lebens- und Unfallversicherungen in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten' (Register Nr. 324-WUW1-G-061210 und 324-WUW1-G-061251) vorgegangen werden müsste, somit gegen ihn ein Verfahren auf Entziehung der Gewerbeberechtigung eingeleitet wurde, damit durch die Vorgabe der Rückforderbarkeit der Provisionszahlung für den Fall der Stornierung des Vertrages, zu einer Handlung, nämlich zum Abschluss eines von ihm vermittelten Versicherungsvertrages mit Dr. Martina S***** mit einer Laufzeit von 30 Jahren und einer monatlichen Prämienzahlung von EUR 7.211,54 ab 2. Oktober 2008 sowie zur Überweisung der Provision von EUR 150.576,96 auf das Vermittlerkonto der M***** GmbH verleitet, die die Genannte mit diesem, mithin EUR 50.000,00 übersteigenden Betrag am Vermögen schädigte“.
Rechtliche Beurteilung
Die ausschließlich gegen diesen Teil des Schuldspruchs aus den Gründen der Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist im Recht.
Zutreffend wendet die Mängelrüge offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall, nominell teilweise auch Z 5a) der Feststellung ein, kausal für die (selbstschädigende) Auszahlung der Provision durch Mitarbeiter der C***** sei deren durch Verschweigen einer Vorstrafe und der Einleitung eines Verfahrens zum Entzug der Gewerbeberechtigungen des Beschwerdeführers (konkludent) bewirkte Täuschung über Tatsachen, nämlich über die Werthaltigkeit eines im Fall der Stornierung des vom Beschwerdeführer vermittelten Versicherungsvertrags entstehenden Anspruchs auf Rückforderung dieser Provision, gewesen (US 7). In diesem Zusammenhang konstatierte das Erstgericht auch, dass der Beschwerdeführer aufgrund des zwischen der von ihm vertretenen M***** GmbH und der C***** geschlossenen Vertrags (so genannte „Courtagevereinbarung“) verpflichtet gewesen wäre, diese unverzüglich von der Einleitung eines derartigen Verfahrens der Gewerbebehörde in Kenntnis zu setzen (US 5). Noch vor Übermittlung des gegenständlichen Versicherungsantrags und Auszahlung der dafür beanspruchten Provision teilte der Beschwerdeführer einem Mitarbeiter der C***** mit, dass sich die M***** GmbH in Liquidation befinde (US 6).
Die Kausalität der genannten Verschweigung für die vermögensschädigende Handlung begründeten die Tatrichter im Wesentlichen mit der Annahme, die Verantwortlichen der C***** hätten der M***** GmbH keine derart hohe Provision mehr gezahlt, hätten sie gewusst, dass diese Gesellschaft (wegen des bevorstehenden Entzugs der Gewerbeberechtigung) „bald kein operatives Geschäft mehr wird entfalten können“ (US 11 f). Weshalb solche Überlegungen für die C***** im Zusammenhang mit dem (vom Beschwerdeführer im Tatzeitpunkt bereits mitgeteilten) Umstand, dass sich ihre Vertragspartnerin in Liquidation (zu den Konsequenzen der Liquidation für den - dann auf Vollbeendigung gerichteten - Gesellschaftszweck vgl U. Torggler in Straube, UGB I4 § 145 Rz 4, 21 und 43 ff sowie § 149 Rz 20 ff) befand, keine Rolle gespielt haben soll, legen die Tatrichter in Nichtigkeit begründender Weise nicht dar (vgl im Übrigen die Aussage des Zeugen Stefan V***** ON 43 S 25 zur Bedeutung der Liquidation eines Geschäftspartners). Eine diesbezügliche Begründung wäre auch deshalb erforderlich gewesen, weil nach den Feststellungen die Gewerbebehörde der M***** GmbH die Möglichkeit der Bestellung eines anderen gewerberechtlichen Geschäftsführers innerhalb einer Frist von drei Monaten (ab dem 11. September 2008) eingeräumt hatte (US 6), weshalb eine Beendigung des operativen Geschäfts dieser Gesellschaft nicht zwingend aus diesem Grund, wohl aber wegen deren bereits beschlossener Auflösung bevorstand.
Der aufgezeigte Begründungsmangel erfordert die Aufhebung des davon betroffenen Schuldspruchs sowie des Strafausspruchs und des von dessen Bestand abhängigen (RIS-Justiz RS0101886) Beschlusses auf Verlängerung einer Probezeit schon bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285e StPO). Eine Erörterung des weiteren (ausschließlich auf diesen Schuldspruch bezogenen) Beschwerdevorbringens erübrigt sich daher.
Mit seiner Berufung und seiner Beschwerde (§ 498 Abs 3 dritter Satz StPO) war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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