OGH 13Os137/02

OGH13Os137/024.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. Juni 2003 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Reichel als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Aurelia H***** und Franz F***** wegen des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB und anderer Straftaten über die Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagter und der Staatsanwaltschaft, sowie deren Berufungen gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 17. Juni 2002, GZ 12 Hv 1128/01w-68, und die Beschwerde des Angeklagten F***** gegen die gleichzeitig gefassten Widerrufsbeschlüsse nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last, soweit sie nicht durch die erfolglose Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft verursacht wurden.

Text

Gründe:

Mit dem auch einen rechtskräftig gewordenen Teilfreispruch der Angeklagten Aurelia H***** enthaltenden Urteil wurde diese zu I. 1. des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB, Franz F***** zu I. 1. und zu I. 2. des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3, 15 StGB und zu II. des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt. Danach haben

I. mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachstehend angeführte Personen andere durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, nämlich zum Eingehen von Vertragspflichten, verleitet, die diese in ihrem Vermögen wie nachstehend schädigten bzw schädigen sollten, und zwar:

1. Aurelia H***** und Franz F***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als "unmittelbare Täter" vor und am 9. und 13. November 1998 im Raum K*****, Ki***** und in L***** Gerlinde P***** durch die Behauptung, eine geeignete Finanzierungsform gefunden zu haben, während tatsächlich keine Aussicht auf Kreditgewährung bestand, zum Verkauf und zur Übergabe der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, GB ***** samt Holzblockhaus zum Preis von zumindest 58.138,27 Euro, wodurch Gerlinde P***** um diesen Betrag am Vermögen geschädigt werden sollte;

2. Franz F***** alleine am 11. November 1999 in Leoben Erna G***** durch die Vorgabe, er sei für das Lokal P***** in K***** ermächtigt, Verhandlungen über eine zusätzliche, nicht Gegenstand des Pachtvertrages bildende Ablösesumme zu führen, zur Auszahlung eines Betrages von 2.965,05 Euro als (weitere) Ablöse für eine Kaffeemaschine, eine Kaffeemühle und einen Kühlschrank;

II. Franz F***** zwischen Jänner und April 1999 im Raum G***** und K***** ein ihm anvertrautes Gut in einem 2.000 Euro übersteigenden Wert, nämlich einen von den Bauwerbern Monika J***** und Gerhard O***** zur Fertigstellung von deren Baustelle in G***** übergebenen Teilbetrag von zumindest 21.801,85 Euro dadurch, dass er diesen für die Baustelle Gerlinde P***** gewidmet hat, sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern. Die Angeklagten bekämpfen ihre Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerden, die von Franz F***** auf die Z 4, 5, 9 lit a, 9 lit b und 10 sowie von Aurelia H***** auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützt werden.

Gegen die Beurteilung der zu I. 1. angeführten Tat als Versuch und die Nichtannahme der Qualifikation des § 148 zweiter Fall StGB beim Angeklagten F***** richtet sich die aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.

Rechtliche Beurteilung

Den Rechtsmitteln kommt keine Berechtigung zu.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz F*****:

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) erfolgte die Abweisung des zum Schuldspruchfaktum I. 1. gestellten Antrages auf "Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Baufach zum Nachweis dafür, dass sich durch die im Zeitraum Herbst 1998 bis Frühjahr 1999 vom Zweitangeklagten Franz F***** getätigten Investitionen an der Kaufliegenschaft der Verkehrswert um zumindest 43.603 Euro erhöht habe, weshalb um diesen Betrag die Zeugin P***** vermögensrechtlich nicht geschädigt" worden sei (S 251/III), zu Recht: Im Hinblick auf die - nach der Darstellung des Beschwerdeführers - auch nach den inkriminierten Tatzeitpunkten getätigten und damit von vornherein nicht entscheidungswesentlichen Investitionen hätte es nämlich bei Antragstellung einer für die Relevanzbeurteilung erforderlichen Darstellung bedurft, welche - von einem Bausachverständigen zu bewertenden - wertsteigernden Leistungen konkret vor Abschluss des Kaufvertrages erbracht wurden und inwiefern dadurch der hier beabsichtigte Betrugsschaden zusammen mit dem beim Faktum I. 2. tatsächlich eingetretenen (§ 29 StGB) die fallaktuelle Qualifikation des § 147 Abs 3 StGB tangieren könnte, zumal diese Grenze bereits durch den Wert des Grundstückes und des teilweise fertiggestellten Hauses überschritten wird (vgl US 9, 10).

Auch die Mängelrüge (Z 5) zu I. 1. verfehlt ihr Ziel. Mit der unsubstantiierten Behauptung des Angeklagten, er hätte zum Zeitpunkt der inkriminierten Betrugshandlungen noch (immer) mit dem Erhalt der ausständigen Provisionsgelder seines Arbeitgeber in Höhe von 430.000 S gerechnet (S 85/III), mussten sich die Tatrichter nicht näher befassen.

Hinsichtlich des hier wiederholten Einwandes wertsteigender Baumaßnahmen genügt es auf die Erledigung zu Z 4 zu verweisen. Der weiteren Beschwerdeauffassung (Z 5 vierter Fall) zuwider bedurfte die Feststellung, wonach der Angeklagte entsprechend seinem "zumindest bedingt vorsätzlich auf Täuschung, Bereicherung und Schädigung gerichteten Tatplan" gehandelt habe (US 10 unten, 11 oben), mit Blick auf das ausführlich beschriebene Betrugskonzept keiner näheren Begründung (US 9 ff).

Mit der von der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu I. 1. abermals vorgebrachten Kritik, die ausständige Provisionsforderung und die vom Angeklagten geleisteten Adaptierungsarbeiten seien unberücksichtigt geblieben, werden keine fehlenden Feststellungen, sondern der Sache nach Begründungsmangel geltend gemacht, deren Haltlosigkeit jedoch bereits bei Erledigung der Verfahrens- und Mängelrüge aufgezeigt wurde.

Indem die Beschwerde nicht einmal ansatzweise erklärt, weshalb das Unterbleiben der Schädigung des Tatopfers einer Verurteilung wegen versuchter Tatbegehung entgegenstehen und die tatrichterlichen Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (US 10 f) "substanzlos" sein sollen, verfehlt sie die erforderliche Ausrichtung am Gesetz. Die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit b) unterlässt es deutlich und bestimmt (§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO) zu bezeichnen, weshalb die im Zusammenhang mit der Geschäftsführertätigkeit des Angeklagten für die Firma E***** Vertrieb H***** OEG erfolgte Verurteilung wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB aF (AZ 10 E Vr 995/99 des Landesgerichtes Leoben) seine nunmehrige Bestrafung wegen des als Privatperson begangenen Betruges (I. 1.) und der Veruntreuung der von den Bauwerbern zur Weiterleitung an die ausführenden Subunternehmer anvertrauten Gelder (II.) ausschließen soll.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) ist nicht prozessförmig ausgeführt, weil sie die Feststellungen der Tatrichter zum Kaufpreis der Liegenschaft und damit zur Wertqualifikation des § 147 Abs 3 StGB schlichtweg ignoriert. Zu den auch unter diesem Anfechtungspunkt vorgebrachten Adaptionsarbeiten genügt der Hinweis auf die Ausführungen zur Z 4. Soweit die Rechtsrüge (Z 9 lit a) das Fehlen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite zum Schuldspruchsfaktum I. 2. mit dem (neuerlichen) Hinweis auf den angeblichen substanzlosen Gebrauch der verba legalia bemängelt, lässt sie mangels Konkretisierung der vermissten Konstatierungen eine prozessordnungsgemäße Ausführung vermissen (Mayerhofer aaO § 281 Z 9a E 5c).

Dem weiteren (sachlich Z 5) Beschwerdeeinwand zuwider war der Angeklagte von seiner Mitangeklagten H***** weder zur Führung von Pachtverhandlungen noch zum Verkauf der vom Pachtvertrag nicht umfassten Geräte befugt (US 16), sodass der Frage, ob diese der Angeklagten H***** oder infolge Eigentumsvorbehaltes einer kreditgewährenden Bank gehörten, keine entscheidende Bedeutung zukommt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Aurelia H*****:

Entgegen der Mängelrüge (Z 5) haben sich die Tatrichter in der gebotenen Gesamtschau sehr wohl mit den be- und entlastenden Beweisergebnissen eingehend auseinandergesetzt und denkfehlerfrei dargelegt, weshalb sie den Schuldspruch auf die für glaubwürdig befundene Aussage der Zeugin P***** und die Angaben des Zeugen S***** stützten, hingegen der - eine Zusicherung einer bestehenden Finanzierungsmöglichkeit für die Kaufliegenschaft in Abrede stellenden - Verantwortung der Angeklagten keinen Glauben schenkten (US 18 f).

Dass Gerlinde P***** nach Abschluss des (gar nicht vom Schuldspruch umfassten) "ersten Kaufvertrages", eigene Bemühungen unternahm, die Liegenschaft zu verkaufen bzw eine Kaufpreisfinanzierung für die Angeklagten zu vermitteln, betrifft keinen entscheidungswesentlichen Umstand.

Die Behauptung, dass die Zeugin P***** bei Abschluss der Kaufverträge von der (S 245/III: "noch") nicht bestehenden Verfügbarkeit des Kaufpreises wusste, ist aktenwidrig und daher nicht gesondert erörterungsbedürftig.

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) unter Hervorkehrung der zwischen der Angeklagten und der Zeugin P***** anlässlich des Liegenschaftsverkaufes abgeschlossenen Darlehensverträge mit eigenständigen Beweiswerterwägungen die erstgerichtlichen Feststellungen zur subjektiven Tatseite nach Art einer im Kollegialverfahren unzulässigen Schuldberufung bestreitet (Mayerhofer aaO § 281 E 26), entspricht sie nicht dem Gesetz.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zum Schuldspruch I. 1. zuwider wurden die Verfahrenergebnisse, wonach die Liegenschaft von Gerlinde P***** infolge der Nichtbezahlung des Kaufpreises durch die Angeklagten (anderweitig) verkauft wurde, ohnedies berücksichtigt, jedoch haben die Tatrichter in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) eine Vermögensschädigung der Zeugin verneint (US 11, 12). Die Beschwerde, die diesen Urteilsannahmen angeblich entgegenstehende Verfahrensergebnisse nicht benennt und somit weder deutlich noch bestimmt ist, bekämpft im Kern bloß in unzulässiger Weise die kollegialgerichtliche Beweiswürdigung.

Die eine Tatvollendung beim Faktum I. 1. reklamierende Subsumtionsrüge (Z 10) ist nicht prozesskonform ausgeführt, weil die Tatrichter trotz des konstatierten Liegenschaftsverkaufs durch die Eigentümerin frei beweiswürdigend ein "Überlassen der Liegenschaft in die Verfügungsgewalt" der Angeklagten zu deren unbeschränkter Nutzung nicht angenommen haben.

Mit den aus den wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen des Angeklagten abgeleiteten eigenständigen Schlussfolgerungen zum Vorliegen der Qualifikation nach § 148 zweiter Fall StGB wird - der Beschwerde (Z 10) zuwider - eine fehlende Feststellung nicht prozessordnungsgemäß dargetan (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 ZPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten und der Staatsanwaltschaft waren daher teils als offenbar unbegründet (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO), teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§§ 285d Abs 1 Z 1, 285a Z 2 StPO) bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen.

Zum Sanktionsausspruch ist zu bemerken, dass das Schöffengericht in Ansehung des Angeklagten Franz F***** gemäß § 31 StGB auf das - eine bedingte zweiwöchige Freiheitsstrafe aussprechende - Urteil des Bezirksgerichtes Hernals vom 23. Juli 2001, AZ 9 U 72/01h, Bedacht genommen hat, anstatt nur das tatnächste (mit dem erstgenannten Erkenntnis nicht durch das in § 31 StGB beschriebene Verhältnis verknüpfte - Fabrizy StGB8 § 31 Rz 10a) Vor-Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 28. Jänner 2000, AZ 10 EVr 995/99, das einen unbedingten Sanktionsausspruch von fünf Monaten Freiheitsstrafe enthält, zu berücksichtigten.

Da die gegenständlichen Straftaten vor jenen dem bezeichneten Urteil des Bezirksgerichtes Hernals zu Grunde liegenden begangen wurden (vgl US 9), käme bei rechtsrichtiger Anwendung des § 31 StGB der - hier vorgenommene - Widerruf der dort gewährten bedingten Strafnachsicht nicht in Betracht. Diese den Angeklagten F***** benachteiligenden Vorgänge können jedoch vom Oberlandesgericht Graz im Rahmen des Berufungs-(bzw Beschwerde-)verfahrens (§ 285i StPO) korrigiert werden (Ratz, WK-StPO § 283 Rz 1, § 290 Rz 29).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf bezogene Gesetztesstelle.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte