European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E131185
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
In der Strafsache AZ 61 Hv 70/20m des Landesgerichts Feldkirch verletzt das Urteil dieses Gerichts vom 29. September 2020 (ON 204) § 17 Abs 1 StPO.
Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im den Angeklagten David T* betreffenden Strafausspruch ebenso aufgehoben wie die hinsichtlich David T* gemäß § 494a StPO gefassten Beschlüsse und es wird die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Feldkirch verwiesen.
Gründe:
[1] Soweit hier von Bedeutung legte die Staatsanwaltschaft Feldkirch David T* mit Anklageschrift vom 28. Oktober 2019 ein als Verbrechen des Raubes nach §§ 12 zweiter Fall, 142 Abs 1 StGB beurteiltes Verhalten zur Last (ON 46 S 4 und 6 f).
[2] Mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 9. Jänner 2020 wurde die Anklage – von der Staatsanwaltschaft unangefochten – insoweit nicht durch Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) erledigt (ON 155 S 6), obwohl entsprechende Feststellungen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) getroffen und in Urteilstenor (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) – zu 2 – referiert wurden (ON 155 S 3, 12 und 13).
[3] Aufgrund einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes hob der Oberste Gerichtshof das Urteil im Schuldspruch 14 wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG, demgemäß auch im David T* betreffenden Strafausspruch ebenso auf wie die hinsichtlich des Genannten gemäß § 494a StPO gefassten Beschlüsse und verwies die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Feldkirch (ON 194).
[4] Im zweiten Rechtsgang verhängte das Landesgericht Feldkirch mit Urteil vom 29. September 2020 „für die [...] in Rechtskraft erwachsenen Teile des Schuldspruchs des Urteils des Landesgerichts Feldkirch vom 09. 1. 2020“, unter anderem „zu 2)“ für „das Verbrechen des Raubes nach §§ 12 zweiter Fall, 142 Abs 1 StGB“, über David T* (unter Bedachtnahme auf ein in Rechtskraft erwachsenes Vorurteil) eine Zusatzfreiheitsstrafe (ON 204 US 2 und 3).
[5] Zugleich ergingen Beschlüsse nach § 494a Abs 1 Z 4 StPO und nach § 494a Abs 1 Z 2 StPO iVm § 494a Abs 6 StPO.
[6] Dagegen meldete David T* Beschwerde an, das Urteil erwuchs unangefochten in Rechtskraft (ON 203 S 10).
Rechtliche Beurteilung
[7] Dieses Urteil steht – wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt – im Strafausspruch, soweit er den Angeklagten David T* betrifft, mit dem Gesetz nicht im Einklang:
[8] Schuldig gesprochen wird der Angeklagte stets nur, diejenigen strafbaren Handlungen (rechtlichen Kategorien) begründet zu haben, die das Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) nennt (RIS‑Justiz RS0116266 [T1]). Das von der Staatsanwaltschaft ungerügt gebliebene Unterlassen einer urteilsmäßigen Erledigung des im Sinn der §§ 12 zweiter Fall, 142 Abs 1 StGB erhobenen Anklagevorwurfs durch das Landesgericht Feldkirch im ersten Rechtsgang kommt im Ergebnis einem Freispruch gleich (RIS‑Justiz RS0099646 [T1 und T8]; Lendl, WK‑StPO § 259 Rz 14). Eine neuerliche Strafverfolgung kommt insoweit nicht mehr in Betracht (RIS‑Justiz RS0099646 [T5]).
[9] Indem das Landesgericht Feldkirch im zweiten Rechtsgang dem Strafausspruch einen – gerade nicht erfolgten – Schuldspruch des David T* wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 12 zweiter Fall, 142 Abs 1 StGB zugrundelegte, ihn also (auch) wegen eines vom (rechtskräftigen) Freispruch umfassten Sachverhalts zu einer Strafe verurteilte, verstieß es somit gegen den in § 17 Abs 1 StPO normierten Grundsatz des Verbots wiederholter Strafverfolgung (RIS‑Justiz RS0124619, vgl auch Art 4 des 7. ZPMRK).
[10] Da diese Gesetzesverletzung zum Nachteil des AngeklagtenDavid T* wirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, ihre Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).
[11] Die Aufhebung der gemäß § 494a StPO gefassten Beschlüsse war Folge der Beseitigung des diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruchs (RIS‑Justiz RS0100194).
[12] Die gegen diese Beschlüsse gerichtete Beschwerde, über die vom Oberlandesgericht noch nicht entschieden wurde, ist somit gegenstandslos.
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