Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Der am 9.April 1939 geborene Oberstleutnant der Bundespolizei Rudolf F***** wurde mit dem angefochtenen Urteil (neben einem unangefochten gebliebenen Freispruch) des Verbrechens des Mißbrauches der Amtsgewalt nach dem § 302 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und nach dieser Gesetzesstelle zu einer für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt.
Danach hat er im Jahre 1987 in G***** als verantwortlicher Leiter des Personalreferates der Bundespolizeidirektion G*****, sohin als Beamter, mit dem Vorsatz, dadurch den Staat an seinem Recht auf Besetzung von Planstellen für Sicherheitswachebeamte mit bestmöglicher Eignung und Bewerber in ihrem Recht auf Vorlage ihrer Bewerbungsunterlagen an die Auswahlkommission zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich mißbraucht, daß er in fünfzehn Fällen (Bewerber Nr 4, 8, 10, 17, 19, 22, 26, 31, 32, 37, 39, 41, 50, 53 und 66 der Namensliste) die Ansuchen und Bewerbungsbögen nicht mit den Unterlagen der sonstigen Aufnahmevoraussetzungen versah, insbesondere die ärztliche Untersuchung, die Vorlebenserhebungen und das Aufnahmegespräch nicht veranlaßte, sodaß über diese Bewerbungen von der am 9.Dezember 1987 tagenden Auswahlkommission nicht entschieden werden konnte, obwohl die betreffenden Bewerber die Auswahlprüfung bestanden hatten.
Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Sie ist nicht berechtigt.
Die Mängelrüge (Z 5) releviert zunächst die im Urteilsspruch festgestellte Tatzeit ("im Jahre 1987") als undeutlich und unvollständig, weil hiefür nur die Zeit vom 7.November bis 9. Dezember 1987 in Betracht komme. Die Bedeutung dieses Umstandes erblickt der Beschwerdeführer offenbar nach dem Inhalt der Tatsachenrüge (Z 5 a) darin, daß die Beamten der Polizeidirektion G***** im November/Dezember 1987 zufolge der sogenannten Draken-Demonstrationen überlastet gewesen seien. Wie sich aus den mit dem Urteilsspruch eine Einheit bildenden Urteilsgründen ergibt, wurde aber als Tatzeit ohnedies nur der vom Beschwerdeführer genannte Zeitraum angenommen, sodaß dem Urteil diesbezüglich kein Nichtigkeitsgrund anhaftet.
Der Beschwerdeführer rügt weiters, die Feststellung, zahlreiche Kollegen hätten bei ihm um Unterstützung von Aufnahmewerbern gebeten, auch wenn diese bei der Aufnahmeprüfung schlechter abgeschnitten hätten als andere, sei durch die Verfahrensergebnisse nicht gedeckt. Zur Zeit der Interventionen seien die Prüfungsergebnisse noch nicht bekannt gewesen. Interventionen hätten daher auch nur dazu geführt, daß der Angeklagte lediglich bereits vorausschauend für diese besonders empfohlenen Aufnahmewerber Priorierungen durchführte, um die Intervenienten über die Aussichten ihrer Kandidaten zu informieren.
Dem Beschwerdevorbringen zuwider sind diese Tatsachen nicht entscheidend, denn sie betreffen allenfalls das Motiv des Angeklagten, nicht aber das ihm angelastete Verhalten, das in der Unterdrückung zahlreicher Aufnahmeansuchen trotz besserer Qualfikationen gegenüber vorgeschlagenen Kandidaten besteht.
Das Schöffengericht konnte vielmehr auf tauglicher Beweisgrundlage feststellen (AS 51), daß bei immerhin neun Kandidaten erst nach den Interventionen die Erhebungen durchgeführt wurden, obwohl die Prüfungsergebnisse zu dieser Zeit schon bekannt waren (AS 374).
Die Urteilsannahme, bei "gutem Willen" hätten die Erhebungen auch über die 15 nicht der Kommission mitgeteilten Aufnahmewerber in sechs Wochen durchgeführt werden können (AS 370), ist - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Meinung - weder undeutlich noch unvollständig oder widersprüchlich, weil, wie sich aus dem weiteren Sachzusammenhang ergibt, damit bloß auf die fehlende Bereitschaft Bezug genommen wird, den dienstlichen Verpflichtungen ("den hier zu fordernden Einsatz") auch nachzukommen. Die Feststellung ist hinreichend dadurch begründet, daß die zu führenden Erhebungen bei verschiedenen Dienststellen gleichzeitig hätten erfolgen können (AS 374). Diese Urteilsannahme findet einerseits in der Aussage des Zeugen F***** eine ausreichende Grundlage (AS 348 f); andererseits war der Sitzungstermin 9.Dezember 1987, der den Angeklagten zusätzlich unter Zeitdruck gesetzt haben soll, von ihm selbst ausgewählt worden und lag so weit vor Weihnachten (dem Zeitpunkt, bis zu dem die Vorschlagsliste der Aufnahmebehörde hätte vorgelegt werden sollen), daß dienstliche Notwendigkeiten für die Bestimmung eines so knappen Termines nicht angenommen werden können. Wie das Urteil zutreffend hervorhebt (AS 372), war die Kommission auch zu diesem Termin überwiegend mit Stellvertretern besetzt.
Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, er habe für durch Intervention geförderte Bewerber nur in Einzelfällen ergänzende Erhebungen führen müssen, so ist dies weder zu seiner Entlastung geeignet noch sachlich zutreffend, weil, wie bereits ausgeführt, für neun solcher Bewerber die notwendigen Erhebungen erst einzuleiten waren.
Entgegen dem weiteren Vorbringen der Mängelrüge hat das Erstgericht die vom Beschwerdeführer selbst zitierte Niederschrift vom 16.September 1988 (AS 55 ff) mit Recht als Geständnis gewertet, enthält sie doch das Bekenntnis, die notwendigen Erhebungen bei den hier interessierenden Aufnahmewerbern (S***** bis R*****) deshalb nicht eingeleitet zu haben, weil für sie nicht interveniert worden war, welche Verantwortung der Angeklagte im wesentlichen auch vor dem Untersuchungsrichter aufrecht erhielt (ON 12).
Ob der Auswahlkommission tatsächlich bekannt war, daß ihr nicht alle Bewerbungen vorgelegt wurden, ist irrelevant. Dem Angeklagten wird nicht Täuschung der Auswahlkommission vorgeworfen, sondern einerseits die Schädigung des Staates in seinem Recht auf Auswahl der bestgeeigneten Bewerber, andererseits deren Schädigung in ihrem Recht auf ordnungsgemäße Behandlung ihrer Bewerbungen. Allfälliges Fehlverhalten anderer - wie von ihm behauptet - kann ihn nicht entschuldigen. Auch hier betrifft die Mängelrüge, die insgesamt keine Begründungsfehler aufzuzeigen vermag, keine entscheidende Tatsache im Sinne des Nichtigkeitsgrundes nach dem § 281 Abs.1 Z 5 StPO.
Ebensowenig gelingt es dem Beschwerdeführer, in der teilweise die Argumente der Mängelrüge wiederholenden Tatsachenrüge (Z 5 a) erhebliche Bedenken gegen entscheidende, dem Ausspruch über die Schuld zugrundeliegende Tatsachen zu wecken.
Zum neuerlich hervorgehobenen Zeitdruck, unter dem der Beschwerdeführer angeblich stand, und zum Versuch, die Terminisierung der Sitzung der Auswahlkommission mit sachlichen Gründen zu erklären, genügt der Hinweis, daß ein wesentlicher Teil der notwendigen Erhebungen zwar vom Angeklagten zu veranlassen, aber nicht von ihm selbst durchzuführen war. Diese Erhebungen wären bei verschiedenen Dienststellen nach dem Wohnsitz der Aufnahmewerber gestreut durchzuführen gewesen. Es wäre daher kein wesentlicher Unterschied im Zeitaufwand gewesen, diese Erhebungen statt für neun für 24 Personen anzustellen. Das Erstgericht ging jedoch davon aus, daß der Angeklagte seine Überlastung und die Zeitnot nur als Vorwand benützte, um eine den Interventionen entsprechende Auswahl der Aufnahmekandidaten durchzusetzen. Diese Urteilsfeststellung bekämpft der Beschwerdeführer mit dem Hinweis, sie sei durch kein einziges Beweismittel begründet. Er übersieht dabei jedoch, daß sich das Erstgericht bei den Feststellungen zur subjektiven Tatseite auf die schon zitierten Stellungnahmen des Angeklagten gegenüber den Beamten des Bundesministeriums für Inneres (AS 55 und 89) stützen konnte, aus denen klar hervorgeht, daß sein Verhalten nicht auf Arbeitsüberlastung, Unfähigkeit oder Nachlässigkeit zurückzuführen ist, sondern ein wissentlicher Befugnismißbrauch mit der Absicht war, einen Teil der Aufnahmewerber zu bevorzugen.
Zur Beischaffung des "Sitzungsprotokolls" des 58. Grundausbildungslehrgangs sowie der Original-Bewerberliste, wie sie der Auswahlkommission am 9.Dezember 1987 vorgelegt wurde, wurde kein Beweisantrag gestellt. Ein Erfolg der auf diese Beweismittel gestützten Tatsachenrüge (Z 5 a) wiederum würde voraussetzen, daß das Fehlen dieser Unterlagen die Beweislage unvollständig erscheinen läßt, sodaß ihre amtswegige Beischaffung geboten gewesen wäre. Dies ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil sich das Schöffengericht bei den relevanten Urteilsfeststellungen auf eine solche Liste gar nicht beruft, sondern sich bezüglich der Gestaltung des Vorschlags an die Auswahlkommission durch den Angeklagten auf dessen eigene Verantwortung stützen konnte (AS 374). Im übrigen vermag die Beschwerde in diesem Zusammenhang, selbst nicht darzustellen, welche von den Tatrichtern festgestellten entscheidenden Tatsachen dadurch bedenklich erscheinen sollen. Sie will damit lediglich den (entscheidungsunwesentlichen) Umstand untermauern, daß die (übrigen) Mitglieder der Auswahlkommission von der Unvollständigkeit der Bewerberliste Kenntnis hatten.
Rechtliche Beurteilung
Soweit der Beschwerdeführer in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) einen Feststellungsmangel zu dieser Kenntnis der Auswahlkommissionsmitglieder geltend macht, ist
ihm - abermals - entgegenzuhalten, daß ihm nicht ein Fehlverhalten gegenüber der Auswahlkommission, sondern eine Schädigung des staatlichen Rechtes auf ordnungsgemäße Planstellenbesetzung und damit auch von Rechten der nicht vorgeschlagenen Bewerber zur Last liegt (AS 375, 376, 377), sodaß es insofern auf die Information der Kommissionsmitglieder nicht ankommt und ihn selbst deren Einverständnis mit seiner Vorgangsweise nicht exkulpieren könnte.
Zur Auffassung des Beschwerdeführers, das inkriminierte Verhalten sei nicht in Vollziehung der Gesetze,
sondern - möglicherweise - im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes begangen worden, genügt der Hinweis auf die verletzte Bestimmung des § 4 Abs. 3 BDG. Die Aufnahme von Beamten für die Hoheitsverwaltung (Bundespolizei) erfolgt nicht durch privatrechtlichen Vertrag, sondern in Anwendung der Gesetze auf den der entscheidenden Behörde insofern untergeordneten Aufnahmewerber.
Auch die Bezugnahme des Beschwerdeführers auf die zusätzlich zu den Testergebnissen erforderliche persönliche Eignung geht ins Leere, weil ihm hinsichtlich der übergangenen fünfzehn Kandidaten keinerlei negative Befunde vorlagen und er im Gegenteil vielmehr davon absah, weitere Erhebungen über sie anzustellen.
Schließlich liegt eine Begehung des Amtsmißbrauches durch Unterlassung im Sinne des § 2 StGB dem weiteren Beschwerdevorbringen zuwider hier nicht vor. Wer wissentlich eine unvollständige Liste als Beurteilungsgrundlage (verfaßt und) vorlegt, handelt. Die "Unterlassung" der Aufnahme weiterer geeigneter Kandidaten steht grundsätzlich gegenüber dem "Primat des Tuns" (Kienapfel) zurück (vgl EvBl 1989/96 = JBl 1989, 457).
Mit dem Vorwurf, das Erstgericht habe sich mit dem Schädigungsvorsatz des Angeklagten nicht auseinandergesetzt, übergeht der Beschwerdeführer die diesbezüglich nach jeder Richtung hin ausführliche und zutreffende Urteilsdarstellung (AS 377).
Mithin war die Nichtigkeitsbeschwerde insgesamt zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung fußt auf der angeführten gesetzlichen Bestimmung.
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