OGH 13Os125/97

OGH13Os125/9724.9.1997

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.Septem- ber 1997 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Rouschal, Dr.Habl und Dr.Ratz als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Schillhammer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Johann K***** wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28.März 1997, GZ 1 d Vr 10211/96-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Johann K***** wurde des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs 1 (erster Fall) StGB schuldig erkannt, weil er zu einem nicht mehr festzustellenden Zeitpunkt im Jahr 1995 in Wien den am 9.Mai 1990 geborenen Andreas K*****, sohin eine unmündige Person, dadurch, daß er diesem eine Nadel zweimal in den After einführte, auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht hat.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 3, 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch nicht berechtigt ist.

Die Verfahrensrüge (Z 3) zeigt keinen eine Nichtigkeit begründenden Verstoß gegen die Vorschrift des § 271 StPO auf: Denn nur die gänzliche Unterlassung der Aufnahme eines Hauptverhandlungsprotokolls, nicht aber die (hier behauptete) Unvollständigkeit der Protokollierung ist mit Nichtigkeit bedroht (Mayerhofer StPO4 § 271 E 22 f, § 281 Abs 1 Z 3 E 51).

Davon abgesehen liegt ohnehin auch eine Protokollübertragung (ON 25) über die gemäß § 162 a StPO mit dem Tatopfer erfolgte Vernehmung vor, deren sprachlich idente (s. § 271 Abs 3 StPO) Videoaufzeichnung in der Hauptverhandlung vorgeführt wurde.

Die eine Unvollständigkeit bzw unzureichende Begründung relevierende Mängelrüge (Z 5) geht gleichfalls fehl.

Der Schöffensenat hat - dem Beschwerdeeinwand zuwider - die dem Angeklagten angelastete Unzuchtshandlung unter Berücksichtigung sämtlicher Verfahrensresultate, einschließlich der hinlänglich erörterten leugnenden Verantwortung des Angeklagten, denkmöglich und im Einklang mit der Lebenserfahrung, insbesondere in Übereinstimmung mit den Ausführungen der psychologischen Sachverständigen Dr.G***** (S 277 f) zur Aussage des Tatzeugen Andreas K*****, festgestellt (US 4 ff). Soweit die Beschwerde das Fehlen aktenmäßiger Grundlagen für die Annahme einer Penetration des Anus des Kindes reklamiert, ist ihm entgegenzuhalten, daß der Knabe über entsprechenden Vorhalt (in kindlicher Diktion) ausdrücklich das Einführen der Nadel in den After bekundete (S 207).

Der daran anknüpfende Beschwerdeeinwand, es mangle an entsprechenden Hinweisen für das essentielle Tatbestandsmerkmal der eigenen geschlechtlichen Erregung (oder der eines Dritten), betrifft im Hinblick auf den Vorwurf der Tatbegehung des ersten Deliktsfalles des § 207 Abs 1 StGB keine wesentliche Tatsache (Leukauf/Steininger Komm3 RN 12, Mayerhofer/Rieder StGB4 E 12 jeweils zu § 207).

Für die reklamierte Unterlassung der Einholung eines gerichtsärztlichen Sachverständigengutachtens über die Ursachen einer aktenkundigen Darmfissur des Andreas K***** (S 16) fehlen schon die formellen Voraussetzungen der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO.

Mit der nicht näher substantiierten Behauptung der Unschlüssigkeit der Expertise der beigezogenen psychologischen Sachverständigen (ON 26) sowie der hypothetisch ins Treffen geführten möglichen Täterschaft von anderen Personen zeigt die Beschwerde gleichfalls keinen Begründungsmangel auf, sondern trachtet - unzulässig -, die beweiswürdigenden Überlegungen der Tatrichter mit der Behauptung einer "Scheinbegründung" zu revidieren.

Die Ausführungen zur Rechtsrüge (Z 10, der Sache nach auch Z 9 lit a) verfehlen das zur gesetzmäßigen Darstellung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes unabdingbare Gebot des Festhaltens am gesamten maßgeblichen Tatsachensubstrat.

Die unter dem Aspekt von Feststellungsmängeln erhobenen Einwände des Fehlens von Konstatierungen zur Vornahme von Unzuchtshandlungen sowie zu deren Eignung sexuell zu erregen (inhaltlich Z 9 lit a) negieren einerseits die unmißverständlichen Urteilsannahmen über den Mißbrauch des Opfers zur Unzucht (durch zweimaliges Einführen eines spitzen Gegenstandes in den After - US 2, 4 und 7) und bekämpfen andererseits einen Schuldspruch (nach der dritten Variante des § 207 Abs 1 StGB), der nicht ergangen ist.

Das weitere Beschwerdevorbringen wiederholt im wesentlichen die bereits von der Mängelrüge erfolglos geltend gemachten Aspekte zur Beweiswürdigung bzw der angeblichen Unvollständigkeit des Verfahrens. Die in Frage gestellte Aufnahme der Sexualbezogenheit der Handlung in den Vorsatz des Beschwerdeführers hat das Erstgericht ohnedies festgestellt (US 4, siehe auch Leukauf/Steininger aaO E 3, Mayerhofer/Rieder aaO E 2 a). Aus dieser Sicht mißachtet die Rechtsrüge mit ihrer abschließenden, mit den vorangegangenen Einwänden im Sinnzusammenhang stehenden - nicht weiter substantiierten - Behauptung, es wäre "allenfalls der Tatbestand des § 92 Abs 1 StGB verwirklicht worden", nicht nur das für die rechtliche Beurteilung maßgebliche Tatsachensubstrat des Urteils, sondern ist auch mangels deutlicher und bestimmter Anführung der Gründe, warum die Tat dem anderen Strafgesetz zu unterstellen sei, nicht den Verfahrensgesetzen gemäß ausgeführt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht dem Gesetz gemäß dargestellt schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285 a Z 2 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung (§ 285 i StPO).

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