OGH 13Os125/04

OGH13Os125/043.11.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. November 2004 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Diewok als Schriftführerin in der Strafsache gegen Antonia P***** und Franz M***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27. Mai 2004, GZ 031 Hv 183/03m-83, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Antonia P***** und Franz M*****, dieser „teilweise als Beitragstäter nach § 12 StGB", wurden des Verbrechens des (gemeint:) gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach haben in der Zeit von 2001 bis 2003 in Wien

I. die damals als Buchhalterin tätige Antonia P***** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Marion H***** und die sodann befassten Bankangestellten (US 10) dadurch, dass sie auf Überweisungsaufträgen (nach dem Unterschreiben durch die Genannte, US 10) ihre eigene Kontonummer und als Empfänger sich selbst einsetzte, somit durch Täuschung über Tatsachen unter Benützung „verfälschter" Urkunden, zur Überweisung von Geldbeträgen auf ihr eigenes Konto, somit zu Handlungen verleitet, die Marion H***** und die von ihr betriebenen Unternehmen A***** KEG, M***** KEG und Boutique C***** an ihrem Vermögen „in einem 400.000" - gemeint:

40.000 - Euro übersteigenden Betrag von (wie es im Spruch des Urteils heißt) „insgesamt 220.599,68" Euro schädigten, wobei Antonia P***** in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;

II. Franz M***** dadurch, dass er mit Antonia P***** die unter I. genannte Tatausführung verabredete, teilweise die gefälschten Überweisungsbelege zur Bank brachte „und teilweise die dann erlangten Gelder vom Konto der Antonia P***** behob", wobei er in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von Antonia P***** aus Z 3 und 5 sowie von Franz M***** aus Z 3, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden verfehlen ihr Ziel.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Antonia P*****:

Der evidente Schreibfehler im Urteilsspruch in Hinsicht auf den 40.000 Euro übersteigenden Gesamtschaden begründet keine Nichtigkeit nach Z 3 iVm § 260 StPO. Von welchen Taten das Erstgericht ausgegangen ist (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), ist dem insoweit der Abgrenzung von anderen Taten dienenden Spruch (vgl Seiler, StPO7 § 697, Fabrizy StPO9 § 260 Rz 2) ebenso einwandfrei zu entnehmen wie die als begründet angesehenen strafbaren Handlungen (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO).

Im Übrigen ist die Beschwerdeauffassung, den Strafzumessungserwägungen sei nicht zu entnehmen, ob das Erstgericht von einem („nur") 40.000 Euro oder von einem gar 400.000 Euro übersteigenden Schaden ausgegangen sei, unhaltbar. Als erschwerend wurde in diesem Zusammenhang gewertet, „dass die Schadenssumme die Qualifikation des § 147 Abs 3 StGB um mehr als das Fünffache übersteigt. Die der Qualifikation zugrundeliegende Wertgrenze beträgt nicht 400.000, sondern „nur" 40.000 Euro.

Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) bedurfte der Umstand, dass die Tathandlungen zunächst eine Zeit lang unentdeckt blieben, angesichts der Erörterung der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen und der Kontoauswertungen sowie der Aussage der Zeugin Marion H***** über das Verhalten der Angeklagten beim Aufkommen von Verdachtsfällen (US 12 ff) keiner noch tiefer gehenden Erwägungen.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz M*****:

Zur Verfahrensrüge (Z 3 iVm § 260 StPO) ist auf die Erörterung des entsprechenden Einwandes der Angeklagten Antonia P***** zu verweisen. Von Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe (Z 5 zweiter Fall) kann im Hinblick auf die bei Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde der Mitangeklagten genannten eingehenden Erwägungen der Tatrichter keine Rede sein. In der Beschwerde des Angeklagten M***** behauptete, vom Erstgericht angeblich übergangene Widersprüche in den Angaben der Zeugin Marion H***** werden nicht deutlich und bestimmt bezeichnet (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO; Fabrizy StPO9 § 281 Rz 2). In der Tatsachenrüge (Z 5a) hebt der Angeklagte seine Verantwortung vor dem erkennenden Gericht hervor, wonach er „von den ganzen Vorgängen" nichts gewusst habe.

Nach Prüfung des diesbezüglichen Vorbringens an Hand der Akten ergeben sich jedoch keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der vom Schöffensenat mit ausführlicher Beweiswürdigung dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) geht nicht von den im Urteil getroffenen Feststellungen aus, sondern bestreitet die Richtigkeit der vorgenommenen Subsumtion, indem sie die leugnende Verantwortung des Angeklagten zugrunde legt, die konstatierte Auswirkung seines Verhaltens auf das der Mitangeklagten (US 9) verneint und im Gegensatz zu den getroffenen Feststellungen (US 10 f) die Vornahme eigener Täuschungshandlungen in Abrede stellt.

Die vorgetragene Argumentation ist jedoch nicht zielführend. Bei Geltendmachung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes (wie Z 9 lit a) ist der im angefochtenen Urteil festgestellte Sachverhalt zugrunde zu legen (vgl etwa Fabrizy StPO9 § 281 Rz 3 mwN, Mayerhofer/Hollaender StPO5 § 281 Z 9a E 5).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht der beiden Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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