OGH 13Os124/22t

OGH13Os124/22t31.5.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Mai 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Rechtspraktikant Mag. Wunsch in der Finanzstrafsache gegen * P* wegen Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7. Juli 2022, GZ 12 Hv 21/21z‑27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0130OS00124.22T.0531.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Finanzstrafsachen

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * P* mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (A) und eines solchen Finanzvergehens nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (B) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er im Zuständigkeitsbereich des (ehemaligen) Finanzamts Wien 2/20/21/22 als Einzelunternehmer vorsätzlich

(A) unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflichten Abgabenverkürzungen bewirkt, und zwar

(I) an Einkommensteuer um (im Ersturteil nach Veranlagungsjahren aufgegliedert) zusammen 505.476 Euro und

(II) an Umsatzsteuer um (im Ersturteil nach Veranlagungsjahren aufgegliedert) zusammen 135.473,96 Euro

jeweils für die Jahre 2015 bis 2018 teils durch Abgabe unrichtiger Jahressteuererklärungen, teils durch Nichtabgabe von Jahressteuererklärungen binnen der gesetzlichen Erklärungsfrist, sowie

(III) an Normverbrauchsabgabe für Juni 2018 um 212 Euro durch Unterlassen deren Anmeldung und Entrichtung bis zum Fälligkeitstag, weiters

(B) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von § 21 UStG entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer um 7.723 Euro für November 2019 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte – verfehlt, jedoch unschädlich (RIS‑Justiz RS0099013 [T1 und T2]) als „Berufung wegen Nichtigkeit“ bezeichnete – Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Die von der Rüge (Z 5 vierter Fall) vermisste Begründung der Feststellungen zum (auf die Verkürzung von Einkommen- und Umsatzsteuer bezogenen) subjektiven Handlungselement (US 4, 6 und 7) findet sich auf US 10.

[5] Dem Vorwurf der „Scheinbegründung“ zuwider bediente sich das Schöffengericht dabei nicht nur einer „Floskel“. Vielmehr leitete es diese Konstatierungen – von der Beschwerde prozessordnungswidrig (RIS-Justiz RS0119370) missachtet – aus den im angefochtenen Urteil festgestellten Tatumständen („Verhalten des Angeklagten“ und „äußere[m] Geschehensablauf“) ab, die den Schuldspruch in objektiver Hinsicht tragen (US 10 iVm US 4 ff).

[6] Die weitere Rüge behauptet (isoliert), die Verantwortung des Beschwerdeführers zur Frage, ob „es sich um 'Tageslosungen von EUR 800,00 bis EUR 1.000,00 gehandelt' ha[t]“, sei in den beweiswürdigenden Urteilserwägungen aktenwidrig referiert (Z 5 letzter Fall) worden.

[7] Entscheidend, nämlich für Schuld- oder Freispruch oder (im Fall der gerichtlichen Strafbarkeit) für die Subsumtionsfrage bedeutsam (RIS‑Justiz RS0117264 und RS0106268), ist der relevierte Umstand – entgegen der Beschwerdeauffassung – nicht.

[8] Vielmehr versäumt es die Rüge, den Bezug zu einer (konkreten) Feststellung über eine entscheidende Tatsache deutlich und bestimmt herzustellen (siehe aber RIS‑Justiz RS0130729 [T1]), und verfehlt solcherart – von vornherein – den Bezugspunkt der unternommenen Anfechtung.

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO – ebenso wie die im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene (§ 283 Abs 1 StPO), gleichwohl ausgeführte Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (§§ 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO) – (im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur) bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[10] Die Entscheidung über die Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[11] Soweit der Angeklagte auch erklärt hat, Berufung „gegen die erfolgten Privatbeteiligtenzusprüche“ anzumelden (ON 30), besteht – weil das angefochtene Urteil einen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche nicht enthält – kein Bezugspunkt für eine vom Berufungsgericht zu treffende Entscheidung.

[12] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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