OGH 13Os122/95

OGH13Os122/9522.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.November 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Markel, Dr.Mayrhofer, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Bodner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Hans-Jörg S***** wegen des Verbrechens nach § 3 a Z 2 VG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 31.März 1995, GZ 20 w Vr 6.643/89-263, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Fabrizy, des Angeklagten und des Verteidigers Dr.Werner zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf acht Jahre herabgesetzt.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem einstimmigen Wahrspruch der Geschworenen beruhenden angefochtenen Urteil wurde Hans-Jörg S***** des Verbrechens nach § 3 a Z 2 VG schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von fünfzehn Jahren verurteilt.

Darnach hat er in Langenlois und Umgebung, an weiteren Orten in Niederösterreich, teilweise auch in Wien und in Baumgarten bei Gmunden sich in einer Verbindung, deren Zweck es ist, durch Betätigung ihrer Mitglieder im nationalsozialistischen Sinn die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Republik Österreich dadurch zu untergraben, daß - zumindest auf längere Sicht - die Beseitigung der auf der Verfassung beruhenden demokratischen Rechtsordnung der Republik Österreich, deren Ersatz durch eine nationalsozialistische Regierung und die Einbindung Österreichs in ein wieder zu errichtendes Großdeutsches Reich angestrebt wird, dadurch führend betätigt, daß er im Rahmen der VAPO (= Volkstreue Außerparlamentarische Opposition) innerhalb eines mit 1987 einsetzenden und bis 24.Jänner 1992 reichenden Zeitraumes, vorerst als Kameradschaftsführer der (eine Unterorganisation der VAPO darstellenden) Kameradschaft Langenlois und sodann als Gaubeauftragter für Niederösterreich im Rahmen der VAPO

1.) zahlreiche Mitglieder anwarb und aufnahm;

2.) Mitgliederverzeichnisse führte sowie Namen und Anschriften der Kameradschaftsmitglieder an den Bereichsleiter Gottfried K***** weitergab;

3.) regelmäßig Mitgliedsbeiträge vereinnahmte, verwaltete, und soweit diese nicht an eine übergeordnete Organisationseinheit der VAPO abzuführen gewesen waren, auch über deren Verwendung verfügte;

4.) regelmäßig Kameradschaftsabende einberief und leitete, in deren Verlauf er

a) Mitglieder der Kameradschaft mit einem unsachlich einseitigen, die Machthaber des nationalsozialistischen Deutschen Reiches verherrlichenden und zugleich die Deutsche Wehrmacht, die SA und SS heroisierenden Geschichtsbild vertraut machte sowie die Massentötungen von Menschen durch Giftgas unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Abrede stellte, sowie ein insgesamt nationalsozialistisches Gedankengut vermittelte;

b) den Mitgliedern zur Verteilung bestimmte, in der Art eines Partezettels gestaltete Flugblätter mit der Parole:

"GASKAMMERN - Sämtliche Gaskammern in Auschwitz, Birkenau, Majdanek, Treblinka sowie Mauthausen, Ravensbrück und Dachau stellen miserable Attrappen dar, die von den Alliierten im nachhinein zu musealen und propagandistischen Zwecken erbaut worden sind, R.I.P. - bitte weitersagen" und

andere, teils radikal ausländerfeindlichen Inhalt aufweisende, mit dem VAPO-Emblem versehene Flugzettel überließ sowie mehrere Exemplare der Broschüre "Was ist eigentlich Nationalsozialismus ?" an Norbert St***** zur Verbreitung ausfolgte, in denen die nationalsozialistische Ideologie als zukunftsweisend propagiert wird;

c) in Mitgliedern eine nationalsozialistische Gesinnung erweckte, indem er förderte, daß sich die - zumindest teilweise - paramilitärisch bzw auch mit Stiefeln, schwarzen Breeches, weißen Hemden und Schulterriemen gekleideten bzw adjustierten Kameraden öffentlich mit "Heil Hitler !" bzw "Sieg Heil !" grüßten und dafür sorgte, daß diese demonstrativ in der Öffentlichkeit durch ihre uniformähnliche Kleidung kenntlich als geschlossener Block auftraten;

d) sowie sog. Vor- und Nachbesprechungen über künftige und bereits erfolgte politische Aktionen der Kameradschaftsmitglieder abhielt;

5.) ab Ende 1987 mehrmals im Jahr, so insbesondere am 30.November 1991 und am 1.Dezember 1991 Wehrsportübungen unter Mobilisierung von militärisch uniformierten Mitgliedern verschiedener Kameradschaften der VAPO und dieser ideologisch nahestehender Personen veranstaltete, diese leitete und wiederholt sogenannte Truppenführerkurse abhielt, an welchen Veranstaltungen vor allem Mitglieder der VAPO teilnahmen, welche Veranstaltungen neben der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühles der vereinzelt auch aus Deutschland angereisten Teilnehmer, deren taktische Vorbereitung auf gewaltsame Zusammenstöße wie auch die Schaffung einer militanten Kadergruppe zur - erforderlichenfalls gewaltsamen - Durchsetzung der Ziele der VAPO, nämlich einer Machtübernahme in Österreich unter gleichzeitiger Einbindung Österreichs in ein zu schaffendes Großdeutschland, bezweckten;

6.) Einfluß auf die Tätigkeiten der niederösterreichischen Kameradschaften der VAPO Langenlois, St.Pölten, Korneuburg und Wiener Neustadt nahm, indem er regelmäßig Gauappelle (Monatsappelle) zur Förderung des Zusammengehörigkeitsgefühles der Mitglieder der einzelnen Kameradschaften organisierte und dabei auf ein demonstratives, geschlossenes Auftreten einer größeren Zahl von Kameradschaftsmitgliedern in der Öffentlichkeit sowie auf Propagandaaktionen (Verteilen von Flugzetteln mit nationalsozialistischem Inhalt) hinwirkte;

7.) am 3.November 1990 in St.Pölten in seiner Eigenschaft als Kameradschaftsführer der Kameradschaft Langenlois - allenfalls jedoch bereits als Gaubeauftragter für Niederösterreich - an einem Aufmarsch der VAPO in leitender Funktion teilnahm und dabei den (teilweise paramilitärisch und teilweise auch nach Art von Mitgliedern ehemaliger nationalsozialistischer Organisationen gekleideten bzw adjustierten) in geschlossener Formation marschierenden und auch Fahnen mit dem VAPO-Emblem mit sich führenden Kundgebungsteilnehmern, die in weiterer Folge auch Flugblätter mit rechtsradikalen Inhalten zur Verteilung brachten, Anweisungen erteilte;

8.) die Koordination zwischen den einzelnen niederösterreichischen Kameradschaften und der sogenannten "Bereichsleitung" der VAPO und deren Exponenten Gottfried K***** herstellte und aufrechterhielt;

9.) am 17.März 1991 in Wien an einem unter dem Vorsitz Gottfried K*****s abgehaltenen sogenannten Führerthing, in dessen Rahmen "zur Straffung der Organisation im Bereich Ostmark" die Infiltration der bereits als politische Partei bestehenden VSP (= Volkssozialistische Partei) durch - das Vertrauen der VAPO genießende - in den Parteivorstand einzuschleusende Personen, Schaffung eines Aktivistenblattes der VAPO, mit welchem bereits der Idee eines reichsweiten Infomationsblattes vorgegriffen werden sollte, die Zweiteilung der Wiener Kameradschaft der VAPO, sowie insbesondere auch die Aufteilung von Spenden zwischen Kameradschaften, Gauen und Bereich (Bereichsleitung) erörtert und beschlossen wurden, teilnahm;

10.) zumindest sieben Stück des "Schulungsbriefes Nr 6" (Januar 1988/89 Jdf = Jahr des Führers) 2.Jahrgang, worin die Begriffe Arbeitertum, Soldatentum, Führerprinzip sowie Elite aus nationalsozialistischer Perspektive Erörterung finden, zu Schulungs- und Propagandazwecken bereithielt;

11.) am 20.April 1991 in Baumgarten bei Gmunden vor Mitgliedern der VAPO und ihren Sympathisanten anläßlich der erfolgten Gründung der VAPO-Kameradschaft Gmunden in seiner Eigenschaft als Gaubeauftragter für Niederösterreich im Zuge einer Rede über die Arbeit in Niederösterreich bereits bestehender Kameradschaften auf deren militärische und weltanschauliche Schulung wie auch auf die Aufgabe, "Kämpfer" heranzubilden, die bereit sind, für ihr Volk, ihr Land zu sterben, hinwies und schließlich auch seiner Hoffnung Ausdruck verlieh und es zugleich als Ziel bezeichnete, daß: "... die Straße dann uns, dieser Staat auf kurz oder lang dann uns gehört !"

12.) im Jänner 1992, bald nach erfolgter Verhaftung des Gottfried K*****, nachstehenden Durchhalteappell an die Kameradschaftsführer der niederösterreichischen Kameradschaften der VAPO richtete:

"FRONT HEIL, KAMERADEN !"

Wie jedem aus unserem Kreis bereits bekannt ist, wurde Reichleiter Gottfried K***** vom System durch Inhaftierung aus seinem Schaffensweg gerissen. Nun liegt es an uns zu beweisen, daß die jahrelange Aufbauarbeit und die Schaffung der notwendigen Infrastruktur nicht umsonst gewesen ist. Durch mir nicht ganz geläufige glückliche Umstände bin ich "noch" auf freiem Fuß und kann somit nach wie vor meine politische Arbeit verrichten. Ich hoffe, alle Kameraden aus dem niederösterreichischen Raum sind guter Dinge und lassen sich durch die Strafdrohungen des Systems nicht aus der Ruhe bringen. Die in St.Pölten angemeldete Demonstration zur Freilassung Gottfried K*****s war kein Zeichen beginnender Auflösung, sondern einfach eine "Finten-Demo" (anmelden, jedoch nicht ausführen) zur Verunsicherung der Exekutive. Wir arbeiten tatsächlich an der Organisation einer Demonstration unter Mithilfe bundesdeutscher Kameraden, aber so etwas braucht Zeit und Überlegung. Also nicht die Köpfe hängen lassen und falsche Zurückhaltung zeigen, sondern frischen Mut gefaßt und hinein ins Kampfjahr 1992. Sehr wichtig ist jetzt vor allem die ständige Motivation eurer Kameradschaftsmitglieder und dauernde Aktionen, die dem System zeigen, daß wir noch lange nicht tot sind. Jeder Kameradschaftsführer steht für die Einsatzfreudigkeit und Einsatzbereitschaft seiner Kameradschaft. Unser nächster Schritt wird ein Gauappell im Raume Krems sein, der noch im Jänner stattfinden soll. Ihr werdet brieflich oder telefonisch davon unterrichtet. Mit deutschem Gruß JÖRG."

(darunter: Keltenkreuz - als VAPO Emblem.)

Die Geschworenen bejahten die auf das Verbrechen nach § 3 a Z 2 VG gerichtete Hauptfrage in allen Punkten und ließen folglich die auf die Verbrechen nach § 3 b bzw § 3 g VG gerichteten Eventualfragen unbeantwortet.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil mit einer auf die Gründe der Z 4, 6, 8 und 12 (der Sache nach Z 9) des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Dem Beschwerdevorbringen liegt die Rechtsansicht zugrunde, daß § 3 a VG zwei Strafsätze enthalte, deren höherer durch im Gesetz namentlich angeführte Erschwerungsumstände begründet werde.

Dies trifft nicht zu:

Während § 3 a VG in der Fassung vor der Verbotsgesetznovelle 1992 (BGBl 1992/148) als alleinige Strafdrohung nur die lebenslange Freiheitsstrafe kannte, sieht das Gesetz nunmehr Freiheitsstrafe von zehn bis zwanzig Jahren, bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung auch lebenslange Freiheitsstrafe vor. Damit wollte der Gesetzgeber unter Beibehaltung der Strafobergrenze den Strafsatz "nach unten öffnen", sodaß den Geschworenen ermöglicht wird, mit adäquaten Strafen auf Verstöße gegen das Verbotsgesetz zu reagieren. Dabei sollte die lebenslange Freiheitsstrafe auf jene Fälle beschränkt werden, in denen die obgenannten, in § 3 g VG bereits seit der 3.Verbotsgesetznovelle (BGBl 1947/25) vorgesehenen und mit der Novelle 1992 in § 3 a (wie auch in §§ 3 b, 3 d, 3 e Abs 1 und 3 f) des Verbotsgesetzes neu aufgenommenen Strafzumessungskriterien vorliegen (AB 387 Blg NR XVII.GP, 4).

Besondere Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung sind jedoch keine Umstände, die einen eigenen Strafsatz begründen. Das wäre grundsätzlich nur dann der Fall, wenn die Wahl, ob bei Festsetzung der Strafe vom "Strafrahmen" von zehn bis zwanzig Jahren oder von einer lebenslangen Freiheitsstrafe auszugehen ist, aufgrund eindeutig bestimmter, eine scharfe Abgrenzung der Strafsätze ermöglichender Unterscheidungsmerkmale dem richterlichen Ermessen entzogen wäre. Davon kann hier keine Rede sein, ist es doch dem Gericht schon nach der sprachlichen Fassung der aktuellen Strafbestimmung (arg "auch") anheimgestellt, selbst bei Annahme der angeführten Erschwerungsumstände (nach Maßgabe allenfalls überwiegender Milderungsgründe) von der Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe abzusehen, ohne an die Voraussetzungen der außerordentlichen Strafmilderung gebunden zu sein (vgl EvBl 1950/511). Davon abgesehen ermangelt der Begriff der besonderen Gefährlichkeit (des Täters oder der Tat) auch der für ein strafsatzänderndes Tatbestandselement erforderlichen Bestimmtheit, was nicht verwundert, weil der Gesetzgeber nicht einen eigenen, höheren Strafsatz schaffen, sondern nur die Verhängung der Höchststrafe vom Vorliegen besonderer Strafzumessungskriterien abhängig machen wollte.

Eben diesen Sinn, nämlich bloße Anhaltspunkte für die Wertung der Tat zu sein, die der Führung und Bindung des Gerichtes bei der Strafbemessung dienen sollen (vgl Nowakowski Strafrecht 110, Jescheck Lehrbuch4 778), maßen diesen Erschwerungsgründen auch die Kommentatoren des NS-Gesetzes (Heller-Loebenstein-Werner, Kommentar zum NS-Gesetz, II/115) in bezug auf die Strafbestimmung des § 3 f VG zu, mit der § 3 a durch die Novelle 1992 angeglichen wurde. Anderes ist auch den Ausführungen von Weiß (ÖJZ 1985, 314) und E.Steininger (Handbuch der Nichtigkeitsgründe im Strafverfahren, § 345 Z 6 Rz 73), auf die sich der Beschwerdeführer in seiner Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur stützt, nicht zu entnehmen.

Da § 3 a VG somit nicht zwei Strafsätze hat, sondern nur einen, und zwar gleitenden Strafsatz, konnte das Urteil im Sinne des § 260 Abs 1 Z 1 StPO gar keinen Ausspruch über Tatumstände, die einen bestimmten Strafsatz bedingen enthalten. Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 345 Abs 1 StPO ist daher nicht gegeben.

Damit konnten auch die Vorschriften über die Fragestellung an die Geschworenen (Z 6) nicht verletzt werden. Da es sich bei der besonderen Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung nicht um Erschwerungsumstände handelt, die nach dem Gesetz zur Anwendung eines anderen Strafsatzes führen, war weder die Stellung einer uneigentlichen Zusatzfrage gemäß § 316 StPO nach dem Vorliegen eines dieser Umstände zulässig, noch bestand für deren Aufnahme in die auf das Verbrechen nach § 3 a Z 2 VG gerichtete Hauptfrage Anlaß.

Demgemäß erweist sich auch die Antwort der Geschworenen auf die Hauptfrage nicht als undeutlich, sondern bot eine verläßliche Grundlage für die rechtsrichtig vorgenommene Subsumtion. Die auf Z 12 (der Sache nach Z 9) des § 345 Abs 1 StPO gestützte Rüge geht daher gleichfalls ins Leere.

Entgegen der Instruktionsrüge (Z 8) ist eine schriftliche Rechtsbelehrung der Geschworenen zur Straffrage nicht im Gesetz vorgesehen, sodaß es einer Erörterung "der Strafsätze" und des Instituts der außerordentlichen Strafmilderung in der schriftlichen Rechtsbelehrung nicht bedurfte (Mayerhofer-Rieder StPO3 § 345 Z 8 E 71 und 73). Da die besondere Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bloß Strafzumessungskriterien darstellen, war eine vom Beschwerdeführer dazu vermißte Erklärung in der Rechtsbelehrung genausowenig erforderlich wie eine Darlegung, ob und allenfalls welche Tathandlungen die erwähnten Umstände begründen könnten. Es bedurfte auch keines Hinweises darauf, daß die Bejahung der Hauptfrage oder einer Eventualfrage den Schuldspruch wegen des Verbrechens, nach dem die Frage jeweils gerichtet war, zur Folge habe, weil dies aus der Rechtsbelehrung - welche von den Geschworenen als Ganzes zur Kenntnis zu nehmen war - ohne jeglichen Zweifel hervorgeht und die Geschworenen sich auch in keinem Irrtum über diesen Umstand befunden haben (Mayerhofer-Rieder aaO E 67).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verhängte über den Angeklagten nach § 3 a VG eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Jahren. Dabei wertete es drei Vorstrafen, den langen Deliktszeitraum, die Vielzahl von Tathandlungen und die Infiltration einer sehr großen Anzahl von Jugendlichen und Kindern mit nationalsozialistischem Gedankengut als erschwerend, als mildernd hingegen das weitgehende, teils auch wesentlich zur Wahrheitsfindung beitragende Tatsachengeständnis des allerdings nicht schuldeinsichtigen Angeklagten. Die Voraussetzungen für die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung hielt es nicht für gegeben.

Gegen diesen Strafausspruch richtet sich die Berufung des Angeklagten, der Berechtigung zukommt:

Die vom Geschworenengericht herangezogenen Strafzumessungsgründe bedürfen zunächst einer Relativierung: Die jeweils mit Geldstrafen geahndeten Vorverurteilungen wegen Vergehen nach dem Waffengesetz schließen zwar den Milderungsgrund eines bisher ordentlichen Lebenswandels aus (§ 34 Z 2 StGB), fallen aber als erschwerend (§ 33 Z 2 StGB) nicht besonders ins Gewicht. Die gleichfalls als besonders erschwerend gewertete Infiltration einer sehr großen Anzahl von Jugendlichen und Kindern hinwiederum findet schon hinsichtlich der letztgenannten Personengruppe in den Verfahrensergebnissen keine ausreichende Deckung. Auch eine Vielzahl von Tathandlungen wurde zu Unrecht als besonderer Erschwerungsgrund gewertet, umschreibt doch im vorliegenden Fall die überwiegende Mehrzahl nur die organisatorische Tätigkeit des Angeklagten in seiner letztlich führenden Position im Rahmen der VAPO. Soweit das Geschworenengericht dazu ausdrücklich auch die Durchführung von ca 100 "Wehrsportübungen" erwähnt, waren diese nur in weitaus geringerer Zahl Gegenstand des Schuldspruches (Punkt 5 bis 7 des Urteilssatzes). Der lange Deliktszeitraum wiederum war im vorliegenden Fall mit der (Erlangung und) Betätigung in der führenden Position (s § 3 a Z 2 VG) verbunden, weshalb er nicht nochmals zusätzlich als besonders erschwerend gewertet werden darf.

Zu dem vom Geschworenengericht genannten "Tatsachengeständnis", dem jedoch ersichtlich wenig Gewicht beigemessen wurde, bedarf es einer Klarstellung: Der besondere Milderungsgrund des § 34 Z 17 StGB wird bereits durch den wesentlichen Beitrag zur Wahrheitsfindung begründet. Er erfährt zusätzlich eine Vertiefung durch die Ablegung eines reumütigen Geständnisses (welches auch für sich allein diesen Milderungsgrund herzustellen vermag), kommt aber auch bei fehlender Schuldeinsicht und Reue nicht deshalb in Wegfall. Aufgrund der zur Wahrheitsfindung wesentlich beitragenden Aussage des Angeklagten ist der Milderungsumstand des § 34 Z 17 StGB hier uneingeschränkt gegeben. Außerdem hat die Staatsanwaltschaft in ihrer detaillierten Berufungsgegenausführung auch eine weitgehende Schuldeinsicht des Angeklagten aufgezeigt.

Damit in engem Zusammenhang steht die Tatsache, daß der Angeklagte nach dem Wahrspruch seine deliktische Tätigkeit Anfang 1992 beendet, sich somit bis (zu seiner Verhaftung im) September 1994 aus eigenem wohlverhalten hat. Die im angefochtenen Urteil angeführten, strafrechtlich aber nicht erfaßter Aktivitäten stehen dieser Annahme ebensowenig entgegen wie eine angeblich falsche Beweisaussage des Angeklagten, von deren Verfolgung die Staatsanwaltschaft Abstand genommen hat.

Im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungserwägungen (§ 32 StGB) ist auch zu berücksichtigen, daß sich der Angeklagte von seinem zur Verurteilung führenden Verhalten im Verfahren mehrmals ausdrücklich distanzierte. Die Tatsache, daß ein (großer) Teil der inkriminierten Tätigkeiten öffentlich stattfand, steht insoweit dem allgemeinen Erschwerungsgrund nach § 32 Abs 3 (letzter Fall) StGB entgegen.

Bei Prüfung der Straffrage darf aber auch, worauf die Berufung und mit ihr die Staatsanwaltschaft zutreffend hinweisen, die in dem zunächst mit dem vorliegenden Verfahren gemeinsam geführten Strafverfahren über Gottfried K*****, den Gründer der VAPO verhängte Strafe nicht gänzlich außer acht gelassen werden. K*****, der im Gegensatz zum Berufungswerber eine spezifisch einschlägige Vorstrafe aufwies und keine Schuldeinsicht zeigte, wurde wegen desselben Verbrechens und wegen des Verbrechens nach § 3 g VG rechtskräftig zu einer elfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Verhängung einer höheren, aber auch gleich hohen Strafe über den (K***** gegenüber untergeordnet tätig gewesenen) Angeklagten wäre unausgewogen.

Bei richtiger Wertung der solcherart berichtigten und gewichteten Strafzumessungsgründe erweist sich das vom Geschworenengericht bestimmte Strafmaß als deutlich überhöht. Eine Unterschreitung der in § 3 a VG vorgesehenen Strafuntergrenze von 10 Jahren kann unter den Voraussetzungen der außerordentlichen Strafmilderung nach § 41 Abs 1 Z 1 StGB erfolgen.

Die Berufung, die im Gleichklang mit der (Gegen-)Ausführung der Staatsanwaltschaft die Anwendung dieser Gesetzesbestimmung anstrebt, ist auch hierin im Recht, weil den Milderungsgründen gegenüber den Erschwerungsgründen ein beträchtliches Übergewicht zukommt und begründete Aussicht besteht, daß der Angeklagte auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde (§ 41 Abs 1 StGB). Dazu ist nämlich - neben den diesbezüglichen Erklärungen des Angeklagten im Verfahren - vor allem in Betracht zu ziehen, daß er nach Beendigung seines vom Schuldspruch erfaßten Verhaltens (vor nunmehr fast vier Jahren) sich im Ausland eine Existenzgrundlage zu schaffen trachtete, mittlerweile geheiratet hat und jetzt erstmals das Haftübel verspürt.

Unter Bedachtnahme auf all die genannten Umstände erscheint daher unter Anwendung des § 41 StGB eine Freiheitsstrafe von acht Jahren tat- und tätergerecht.

Die Kostenentscheidung ist in § 390 a StPO begründet.

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