OGH 13Os117/81

OGH13Os117/8117.12.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Dezember 1981

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Franz als Schriftführers in der Strafsache gegen Manfred A wegen des Verbrechens des versuchten Mords nach §§ 15, 75 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichts beim Landesgericht Linz vom 23.Jänner 1981, GZ. 22 Vr 1471/80-39, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Moringer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 10.Mai 1946 geborene Monteur Manfred A wurde auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens des versuchten Mords nach den §§ 15, 75 StGB. und des Vergehens des schweren Diebstahls nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z. 1 und 4 StGB. schuldig erkannt. Die Geschwornen hatten die an sie gerichtete Hauptfrage 1, ob Manfred A schuldig sei, am 4.Juli 1980 in Linz Gerlinde B durch Würgen und (oder) Verknoten eines Vorhangs um den Hals, vorsätzlich zu töten versucht zu haben, im Stimmenverhältnis 5:3

'unter Streichen des Würgens', sonach gemäß § 330 Abs 2 StPO. teilweise, bejaht; desgleichen stimmeneinhellig die Hauptfrage 6, ob der Angeklagte schuldig sei, zur selben Zeit und am selben Ort Gerlinde B fremde bewegliche Sachen, nämlich 12.000 S Bargeld unter Ausnützung ihres durch die Bewußtlosigkeit hervorgerufenen hilflosen Zustands mit Bereicherungsvorsatz weggenommen zu haben. Ebenso einhellig verneinten die Laienrichter die auf einen Schuldausschließungsgrund gemäß § 11 StGB. gerichtete Zusatzfrage. Die auf das Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung gemäß § 87 StGB., das Vergehen der schweren Körperverletzung gemäß §§ 83 Abs 1, 84

Abs 1, Abs 2 Z. 1 StGB., das Verbrechen der Erpressung gemäß § 144 StGB. und das Vergehen der dauernden Sachentziehung gemäß § 135 StGB. gerichteten Eventualfragen 2

bis 4 und 7 ließen die Geschwornen zufolge Bejahung der Hauptfragen folgerichtig unbeantwortet.

Den Schuldspruch wegen Verbrechens des versuchten Mords bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Z. 4, 5 und 8 des § 345 Abs 1 StPO.

Rechtliche Beurteilung

Den erstgenannten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer in der seiner Auffassung nach gegen § 120 StPO. verstoßenden Vernehmung des gerichtspsychiatrischen Sachverständigen Dr. C, obwohl er, nachdem dieser in der Hauptverhandlung bei der Erstattung seines Gutachtens eine persönliche Meinung geäußert und die vom Beschwerdeführer behauptete Motivation seiner Tat als für ihn unannehmbar abgelehnt hatte, gegen den Sachverständigen - auf diese Art begründete - Einwendungen erhoben habe. Da der Schwurgerichtshof diesen Einwendungen, die praktisch einen Ablehnungsantrag darstellten, nicht Folge gab, sei gleichzeitig der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z. 5 StPO. verwirklicht. Indes gehen beide Rügen fehl. Nur im ersten Satz des § 120 StPO. ist eine Nichtigkeitsdrohung enthalten. Darnach ist 'bei sonstiger Nichtigkeit des Aktes' (d.i. der Beweisaufnahme) die Beiziehung von Personen als Sachverständige verboten, die in einem Untersuchungsfall als Zeugen nicht vernommen (§ 151 StPO.) oder nicht beeidigt werden dürfen (§ 170 StPO.) oder die zum Beschuldigten (Angeklagten) oder zum Verletzten in einem der im § 152 Abs 1 Z. 1 StPO. bezeichneten Verhältnisse stehen. Die Vorschriften des zweiten Satzes des § 120 StPO. unterliegen dagegen keiner Nichtigkeitssanktion; eine solche wäre infolge der hier dem richterlichen Ermessen anheimgegebenen einschränkenden Bedingungen ('in der Regel', 'ist nicht Gefahr im Verzug') gar nicht möglich. Daß dem Sachverständigen gemäß § 151 (praktisch nur Z. 3) StPO. die Zeugenbefähigung mangle, daß bei ihm ein Eideshindernis nach § 170 StPO.

vorliege oder daß er zum Angeklagten oder zur Zeugin B in einem Angehörigenverhältnis (§ 152 Abs 1 Z. 1 StPO., § 72 StGB.) stehe, behauptet der Rechtsmittelwerber gar nicht. Die Einwände der Beschwerde stützen sich vielmehr auf den Inhalt des Gutachtens und sind daher nicht geeignet, die angezogene Nichtigkeit gemäß § 345 Abs 1 Z. 4 StPO. darzutun.

Durch das Zwischenerkenntnis des Schwurgerichtshofs, mit welchem dem Ablehnungsantrag des Verteidigers nicht Folge gegeben wurde (S. 404/I), wurde aber auch der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z. 5 StPO. nicht verwirklicht. Von einer Befangenheit kann nur dann gesprochen werden, wenn der Sachverständige nicht mit voller Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit an die Sache herantritt (EvBl 1967 Nr. 81). Davon kann aber hier nicht mit Fug gesprochen werden. Aus dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls ergibt sich, daß der Sachverständige Dr. C zur Frage der sexuellen Abartigkeit des Angeklagten zwar eine persönliche Meinung vertreten hat (S. 399, 401/I), in diesem Zusammenhang jedoch ausdrücklich klarstellte, daß sich diese Äußerung auf sein Fachwissen unter Berücksichtigung des zeitlichen Zusammenhangs zwischen der sexuellen Annäherung des Angeklagten an das spätere Opfer und dem folgenden Würgeakt bezieht (S. 400/I). Die Behauptung, dem Sachverständigen Dr. C fehle die fachliche Eignung (I. Bd. S. 403), wurde übrigens in der Beschwerde nicht mehr aufrechterhalten.

Eine weitere Nichtigkeit in der Bedeutung des § 345 Abs 1 Z. 4 StPO. erblickt der Beschwerdeführer in der zeitlichen Ausdehnung der Hauptverhandlung von 8,30 Uhr bis 1,15 Uhr des folgenden Tags mit geringfügigen Unterbrechungen, sohin über zwälf Stunden reine Verhandlungszeit, für die Geschwornen unter Berücksichtigung der Beratungsdauer eine fünfzehnstündige Inanspruchnahme. Dadurch werde gegen Art. 3 MRK. verstoßen, weil der Angeklagte einer unmenschlichen Behandlung unterworfen wurde, jedenfalls aber gegen Art. 6 MRK., weil er nicht 'in billiger Weise' vor Gericht gehört wurde.

Diesem, hilfsweise auf die Z. 5 des § 345 Abs 1 StPO. gestützten, Vorbringen ist zunächst zu entgegnen, daß der erstbezogene Nichtigkeitsgrund schon deshalb versagt, weil die Aufzählung der Nichtigkeit nach der Z. 4 des § 345 Abs 1 StPO. bewirkenden Gesetzesverletzungen taxativ ist. Es liegt aber auch kein anderer Nichtigkeitsgrund vor, weil die Urteile der Strafgerichte unbeschadet der Geltung der im Verfassungsrang stehenden Menschenrechtskonvention nur aus den in der Strafprozeßordnung erschöpfend aufgezählten Nichtigkeits- und Berufungsgründen angefochten werden können. Art. 3 und Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention, BGBl. Nr. 210/1958, nehmen auf die Frage der Anfechtbarkeit gerichtlicher Entscheidungen überhaupt nicht Bezug und geben (auf diesen Hinweis kann in Anbetracht des Beschwerdevorbringens nicht verzichtet werden) nicht einmal einen Anspruch auf einen mehrinstanzlichen Rechtsweg (13 Os l66/79, EvBl 1972 Nr. 36, 1975 Nr. 180).

Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß die Verhandlung - wie auch der Beschwerdeführer einräumt - durch Erholungspausen unterbrochen wurde und daß der Nichtigkeitswerber selbst keine längere Unterbrechung begehrte. Vor allem aber erklärten sich die Parteien nach dem Abschluß der Zeugen- und Sachverständigeneinvernahmen ausdrücklich bereit, ohne weitere Pause in die erforderlichen Verlesungen einzutreten (S. 444/I), und nach dem Schluß des Beweisverfahrens gaben sie ihr Einverständnis zur Fortsetzung der Hauptverhandlung am selben Tag (S. 493 verso/I).

Damit ist letztlich auch dem hilfsweise relevierten Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z. 5 StPO. (II. Bd. S. 37) der Boden entzogen.

In seinen weiteren Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z. 5 StPO. rügt der Beschwerdeführer, daß entgegen seinem Antrag auf Verlesung sämtlicher Vorstrafakten bzw. der Urteile daraus nur eine selektive Verlesung von drei Vorstrafakten, in denen er wegen Sittlichkeitsdelikten verurteilt worden ist, vorgenommen wurde; dadurch sei auch gegen § 252 Abs 2 StPO. verstoßen worden. Diese Behauptung findet in der Aktenlage keine Deckung. Nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls (S. 444/I, einem Protokollberichtigungsantrag wurde in dieser Richtung nicht Folge gegeben, ON. 67/II) hat der Verteidiger nur den Antrag gestellt, den Vorstrafakt 18 Vr 2176/71

des Landesgerichts Linz zur Gänze zu verlesen, was geschehen ist. Abgesehen davon wurde - entsprechend der Protokollierung in der Hauptverhandlung - der Bestimmung des § 252 Abs 2 StPO. durch Verlesung der Vorstrafakten entsprochen (S. 372, 444, 493/I), zumal die angeführte Gesetzesstelle eine wörtliche Vorlesung ganzer Akten nicht gebietet.

Gleichfalls nicht berechtigt ist die auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 8 des § 345 Abs 1 StPO. gestützte Rüge. Zu einer - vom Beschwerdeführer vermißten - Rechtsbelehrung über den notwendigen Umfang des Vorsatzes (die bewußte Fahrlässigkeit wurde zur Eventualfrage 3 erklärt), die Kausalitätsregeln (Erwürgen und Erdrosseln sind ja rechtlich gleichwertige Tötungsarten) und die Abgrenzung des Tatbestands des § 75 StGB. von den anderen Tötungsdelikten bestand kein Anlaß, hat doch die Rechtsbelehrung zufolge § 321 Abs 2 StPO. nur die gestellten Fragen zu erläutern. Ob der Angeklagte mit Tötungsvorsatz oder - wie er behauptet - nur mit Verletzungsvorsatz gehandelt hat, betraf die bei der Beantwortung der Hauptfrage 1 zu berücksichtigende Beweisfrage. Diese aber war nicht in der Rechtsbelehrung, sondern im Zug des Zurückführens der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung auf den ihnen zugrundeliegenden Sachverhalt in der vom Vorsitzenden gemäß § 323 Abs 2 StPO. mit den Geschwornen abzuhaltenden Besprechung zu erörtern.

Dieser Nichtigkeitsgrund ist aber auch nicht deshalb gegeben, weil die Rechtsbelehrung in einer vom Beschwerdeführer aus dem Zusammenhang gerissenen Stelle den (sicherlich falschen) Satz enthält, daß 'Freispruch erfolge, sollte zumindest die Hälfte der Geschwornen der Meinung sein, keine dieser Einwirkungen ... sei unter Tötungsvorsatz geschehen' (S. 449/I). Daß nämlich die Tat des Angeklagten verschieden beurteilt werden kann und nicht nur die Bejahung der Hauptfrage 1 zu einem Schuldspruch führt, sondern - in anderer Richtung - auch die Bejahung einer der Eventualfragen, wurde den Geschwornen nicht nur durch das ihnen vorgelegte Fragenschema (S. 483 f./I), das bei den Eventualfragen jeweils den Hinweis enthält, sie seien bei Verneinung der Hauptfrage (und allenfalls der vorangegangenen Eventualfragen) zu beantworten, deutlich vor Augen geführt. Auch in der Rechtsbelehrung wird dies wiederholt zum Ausdruck gegebracht. In der Belehrung zur Hauptfrage 1 wird ausdrücklich und unmißverständlich gesagt, daß bei Stimmengleichheit oder mehrstimmiger Verneinung der Hauptfrage 1

davon auszugehen ist, daß die Tat nicht als versuchter Mord gewertet wurde (S. 449/I). Durch die anschließende Belehrung über die Fälle, in denen die Beantwortung der Eventualfragen erforderlich wird (S. 453, 455/I), wurde den Geschwornen neuerlich klar gemacht, daß auch eine von der Anklage abweichende Beurteilung der Tat zu einem Schuldspruch, wenn auch wegen einer anderen gerichtlich strafbaren Handlung, führen kann. Der vom Beschwerdeführer zitierte Passus in der Rechtsbelehrung war allenfalls nur geeignet, in den Laienrichtern die unrichtige Vorstellung hervorzurufen, bei fehlender Bejahung der Hauptfrage 1

ergehe ein Freispruch von der Mordanklage in der Art eines in Wahrheit unzulässigen Qualifikationsfreispruchs. Keinesfalls konnte in den Geschwornen bei unbefangener Betrachtung sämtlicher ihnen vorgelegten Schriftstücke und Berücksichtigung der mündlichen Besprechung mit dem Vorsitzenden (§ 323 Abs 2 StPO.) der Eindruck entstehen, die mangelnde Bejahung der Hauptfrage 1 mache jede strafrechtliche Ahndung unmöglich.

Schließlich vermögen auch die folgenden Beschwerdeausführungen, der Begriff der an sich schweren Körperverletzung werde insofern unrichtig erläutert, als dabei nur auf die Erheblichkeit der Verletzungsfolge, nicht aber auf jene des betroffenen Körperteils abgestellt wird, keine Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung aufzuzeigen. Die vom Beschwerdeführer als notwendig bezeichnete Beschreibung des Zusammenhangs zwischen betroffenem Organ oder Körperteil einerseits, Gesundheitsschädigung andererseits, ist nämlich in der - insoweit in der Beschwerdeschrift sogar wiedergegebenen - Rechtsbelehrung ohnedies enthalten. Die sprachliche Ungenauigkeit, eine länger andauernde Bewußtlosigkeit als an sich schwere Körperverletzung zu werten, obwohl sie gar keine Verletzung ist, sondern, wie der Beschwerdeführer richtig erkennt, nur die Folge einer schweren Verletzung, etwa einer Gehirnerschütterung oder Vergiftung sein kann, ist für das Verständnis der zu beantwortenden Rechtsfrage ohne Belang. Die Rechtsbelehrung erweist sich somit als insgesamt frei von Mängeln, welche die vermeinte Nichtigkeit herstellen könnten. Die Beschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 75 StGB. zu achtzehn Jahren Freiheitsstrafe und ordnete gemäß § 21 Abs 2 StGB. seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher an.

Bei der Strafbemessung waren erschwerend die Vielzahl der Vorstrafen

(23) sowie deren Einschlägigkeit sowohl im Hinblick auf das Rechtsgut Leib und Leben als auch auf jenes des Vermögens, das Zusammentreffen von zwei strafbaren Handlungen, die zweifache Qualifikation des Diebstahls und der rasche Rückfall (letzte Verurteilung wegen eines Eigentumsdelikts am 20.Juni 1980, wegen §§ 15, 83, 88 Abs 1 StGB. am 26.Februar 1980); mildernd waren der Umstand, daß es im Faktum I beim Versuch geblieben ist, weiters das Geständnis zum Bedrängnisdiebstahl, die vernachlässigte Erziehung des Angeklagten und seine hochgradige Abnormität.

Zu den Voraussetzungen des § 21 Abs 2 StGB. führte das Erstgericht aus, nach den übereinstimmenden Sachverständigengutachten liege beim Angeklagten eine schwer abnorme, durch die Verbindung von Charakterneurose mit sexueller Abartigkeit äußerst aggressive (und deshalb im gleichen Maß gefährliche) Persönlichkeit vor, wovon sich das Geschwornengericht sowohl durch Berücksichtigung der Vortaten des Angeklagten als auch durch direkte Konfrontation während der Verhandlung überzeugen konnte. Im Einklang mit den fachlichen Schlußfolgerungen der Sachverständigen kam das Gericht zur Überzeugung, es sei nach der Person des Täters, nach seinem Zustand und der Art der Tat in besonders hohem Maß wahrscheinlich, er werde - nicht isoliert - auch künftig unter dem Einfluß dieser seiner psychopathisch-sexualneurotischen Abartigkeit Straftaten mit ähnlich schweren und schwereren Folgen begehen.

Die Berufung des Angeklagten strebt eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe an und wendet sich gegen die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 2 StGB. Im Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof stellte der Verteidiger die Überschriften der Berufungsausführungen (S. 41 und 95 im II. Band) von 'Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld' in 'Berufung' richtig.

Dieses Rechtsmittel ist in keiner Richtung begründet. Der vom Erstgericht angenommene Milderungsgrund der sehr vernachlässigten Erziehung (§ 34 Z. 1 StGB.) hat zu entfallen, weil Erziehungsmängel nur dann mildernd wirken können, wenn sie mit der Tat in unmittelbarem Zusammenhang stehen, d.h. in einem Zusammenhang, der durch wiederholte Vorstrafen regelmäßig unterbrochen sein wird (13 Os 3/81; im gleichen Sinn Leukauf-Steininger2 S. 333 mit Judikaturangaben). An der Voraussetzung des unmittelbaren Zusammenhangs fehlt es hier; hat doch der Angeklagte insgesamt mehr als zehn Jahre im Strafvollzug verbracht und wurde ihm durch jede der nunmehr schon 24 Vorverurteilungen die mangelhafte Ausbildung seiner rechtstreuen Gesinnung vor Augen geführt.

Die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen des Berufungswerbers wegen Straftaten sowohl gegen das Vermögen als auch gegen Leib und Leben, seine - sich aus diesen Vortaten ergebende - bedrohlich ansteigende Gefährlichkeit und die gänzliche Erfolglosigkeit vorangegangener empfindlicher Abstrafungen demonstrieren färmlich eine gegenüber den rechtlich geschützten Werten ablehnende Einstellung (§ 32 StGB.). Zentraler Orientierungspunkt, um die Unwertdimension dieses Kriminalfalls wie auch die Aggressivität des Angeklagten zu messen, ist der Sexualmordversuch, dessen Opfer nur durch glückliche Umstände gewissermaßen in letzter Minute (siehe S. 426/I) gerettet werden konnte: das Gesicht und die Zunge waren angeschwollen, Gesicht und Augapfel waren blau verfärbt, aus der Nase war Blut ausgetreten. Die über den Rechtsbrecher verhängte Freiheitsstrafe ist bei der Sozialschädlichkeit und -gefährlichkeit des von ihm verkörperten Tätertyps so gut wie geboten, weshalb keine Möglichkeit für eine Strafermäßigung besteht.

Die Voraussetzungen des § 21 Abs 2 StGB. sind zu bejahen. Daß der Angeklagte den eindeutig lustbetonten Mordversuch unter dem Einfluß seiner schweren psychopathischen Abartigkeit begangen hat, ergibt sich schon aus den vorangegangenen Straftaten in Verbindung mit dem gegenständlichen Vorfall. So wurde der Angeklagte wegen Verbrechens der Notzucht nach § 125 StG. verurteilt (AZ. 18 Vr 2176/71 des Landesgerichts Linz), weil er am 6.September 1971 ein achtzehnjähriges Mädchen unter Todesdrohung sowie dadurch, daß er es am Arm und an den Händen festhielt, ihm den Mund zuhielt, es am Hals würgte und ihm Ohrfeigen versetzte, zum außerehelichen Beischlaf mißbrauchte; Anfang Juli 1975 schlug er seine (inzwischen geschiedene) Gattin Cäcilia und würgte sie mit den Händen bis zur Bewußtlosigkeit; weiters fiel er am 16.September 1975 im Zustand voller Berauschung ein ihm unbekanntes Mädchen an und würgte es am Hals (AZ. 22 Vr 1978/75 des Landesgerichts Linz). Bei diesem Vorleben des Angeklagten hatten die Gutachten der Sachverständigen Univ.Prof.

Dr. Klaus D und Dozent Dr. Gerhard C nur mehr eine bestätigende Funktion (zu den am Ende der Berufungsausführung abermals gegen die psychiatrische Befundung erhobenen Vorwürfen genügt es, auf Seiten 406 unten, 407

oben im I. Band zu verweisen).

Angesichts der erschreckenden Eindringlichkeit der sich aus den Vorakten ergebenden Entwicklung des Berufungswerbers, seiner Frühkriminalität und der Tatsache, daß, wie erwähnt, ein insgesamt mehr als zehn Jahre umspannender Freiheitsentzug ohne Resozialisierungserfolg blieb, wurde mit Recht angenommen, der Angeklagte werde unter dem Einfluß seiner Abartigkeit ohne Anhaltung weiterhin solche Straftaten mit schweren Folgen begehen.

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