European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0130OS00116.17H.1206.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Konfiskationserkenntnis aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Linz verwiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten Gheorghe M***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Razvan B*****, Gheorghe M*****, Jean G***** und Gheorghita G***** je des Verbrechens des gewerbsmäßigen im Rahmen einer kriminellen Vereinigung durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 erster und zweiter Fall und 15 StGB schuldig erkannt.
Danach haben die Genannten im Zeitraum vom 30. Mai 2016 bis zum 2. April 2017 in P***** und an anderen Orten in zahlreichen Angriffen als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 12 StGB) eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung den im Urteil Genannten dort näher bezeichnete Wertgegenstände in einem 300.000 Euro übersteigenden Gesamtwert von 376.923,70 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen (§ 128 Abs 1 Z 5 StGB) und von Diebstählen durch Einbruch in Gebäude (§ 129 Abs 1 Z 1 StGB) mehrere Monate hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen (US 7), überwiegend durch Einbruch in Gebäude weggenommen und wegzunehmen versucht.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Gheorghe M*****.
Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) ist der Ausspruch über entscheidende Tatsachen. In diesem Sinn entscheidend ist eine Tatsache genau dann, wenn die Feststellung ihres Vorliegens oder Nichtvorliegens entweder die rechtliche Entscheidung über Schuld- oder Freispruch oder – im Fall gerichtlicher Strafbarkeit – darüber beeinflusst, welche strafbaren Handlungen begründet werden (RIS‑Justiz RS0117264; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 391, 399).
Die Beschwerde wendet sich mit der Behauptung einer Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) gegen die Feststellung, wonach die Durchführung und der Ablauf des Eindringens in die (Tat‑)Objekte „meist arbeitsteilig“ umgesetzt wurde (US 7).
Damit verfehlt sie den dargestellten Bezugspunkt. Die von der Nichtigkeitsbeschwerde übergangene (vgl aber RIS‑Justiz RS0119370) Feststellung, wonach der Beschwerdeführer gemeinsam mit den anderen Angeklagten den Plan fasste, nach Österreich zum Zweck der Verübung von Einbruchsdiebstählen und schweren Diebstählen einzureisen und in der Folge jeweils im Großraum L***** mit diesen gemeinsam ein geeignetes Tatobjekt auswählte und die Durchführung des Einbruchsgeschehens zielstrebig plante (US 7), trägt nämlich jedenfalls die rechtliche Annahme der gleichwertigen Täterschaftsform nach § 12 dritter Fall StGB (vgl Fabrizy in WK 2 StGB § 12 Rz 120 ff mwN). Die Frage der Beteiligungsform bezieht sich aber nicht auf eine entscheidende Tatsache (RIS‑Justiz RS0117604, RS0013731; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 646).
Dem weiteren Beschwerdeeinwand (Z 5 zweiter Fall) zuwider steht das in der Hauptverhandlung am 11. Juli 2017 verlesene Ermittlungsergebnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich, wonach Gheorghita G***** im Zeitpunkt des Diebstahls am 2. April 2017 in R***** zum Nachteil des Herwig P********** (Schuldspruch 9) bereits mit einem Reisebus unterwegs nach Rumänien war (ON 104 S 14 iVm ON 32 S 11, 15, 17, vgl auch ON 35), mit der Feststellung einer Beteiligung des Rechtsmittelwerbers an dieser Tat nicht in erörterungsbedürftigem Widerspruch.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO zurückzuweisen.
Aus deren Anlass überzeugte sich der Oberste Gerichtshof jedoch, dass dem Urteil im Konfiskationserkenntnis gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO von Amts wegen aufzugreifende Nichtigkeit anhaftet:
In Ansehung der Konfiskation der „auf Standblatt ON 72 erliegenden Beweisgegenstände“ (US 5) enthält die Entscheidung weder Feststellungen zu deren Verwendung zur Begehung einer vorsätzlichen Straftat, deren Bestimmung für die Verwendung bei der Begehung dieser Straftat oder deren Hervorbringung durch diese Handlung und zu den Eigentumsverhältnissen (Z 11 erster Fall) noch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung (Z 11 dritter Fall).
Betreffend den PKW Audi Avant im Eigentum des Razvan B***** (US 5, 14 f) hat das Erstgericht die in § 19a Abs 2 StGB zwingend vorgesehene Verhältnismäßigkeitsprüfung gänzlich unterlassen (§ 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO; RIS‑Justiz RS0088035 [insbesondere T7]).
Da sich die Berufungen der Angeklagten Gheorghe M***** (ON 120) und Razvan B***** (ON 119) bloß gegen die jeweils verhängten Freiheitsstrafen (nicht auch gegen die Konfiskation) richten, ist dem Berufungsgericht zufolge Beschränkung auf die der Berufung unterzogenen Punkte (§ 295 Abs 1 erster Satz StPO) die amtswegige Wahrnehmung dieser Nichtigkeit verwehrt (RIS‑Justiz RS0130617). Demzufolge war das Konfiskationserkenntnis schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort aufzuheben (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO iVm § 285e StPO).
Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch, der die amtswegige Maßnahme nicht umfasst ( Lendl , WK‑StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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