Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Oskar H***** des Vergehens der fahrlässigen Krida nach §§ 159 Abs 1 Z 1 und 2, 161 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Darnach hat er in Wien als leitender Angestellter (§ 309 StGB) nachgenannter Gesellschaften, die Schuldnerinnen mehrerer Gläubiger waren,
I. fahrlässig die Zahlungsunfähigkeit dieser Gesellschaften herbeigeführt, und zwar
(1) zumindest ab Jahresbeginn 1985 bis 31.Dezember 1985 als Geschäftsführer der Firma E***** Ges.m.b.H. dadurch, daß er deren Geschäfte ohne zureichendes Eigenkapital fortführte;
(2) zumindest ab Jahresbeginn 1985 bis zum 31.Dezember 1985 als Geschäftsführer der Firma O.H***** Ges.m.b.H. & Co KG dadurch, daß er deren Geschäfte ohne zureichendes Eigenkapital fortführte und unverhältnismäßig Kredit benutzte;
II. in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der vorangeführten Gesellschaften fahrlässig die Befriedigung ihrer Gläubiger insbesondere dadurch vereitelt und geschmälert, daß er neue Schulden einging, Schulden zahlte und das Ausgleichsverfahren oder die Eröffnung des Konkurses nicht rechtzeitig beantragte, und zwar
(1) ab 1.Jänner 1986 bis 26.Juni 1992 als Geschäftsführer und Liquidator der unter I 1 angeführten Gesellschaft;
(2) ab 1.Jänner 1986 bis dato als Geschäftsführer der unter Punkt I 2 angeführten Gesellschaft.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die jedoch nicht berechtigt ist, wie auch die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme zutreffend aufzeigt.
Zu Unrecht bemängelt die Verfahrensrüge (Z 4) die Abweisung des in der Hauptverhandlung vom 1.Februar 1996 gestellten Antrages auf zeugenschaftliche Vernehmung des Ing.Walter We***** zum Beweis dafür, "daß die Ratenvereinbarung mit Wo***** und We***** (d.h. mit der Firma Ing.Wo***** und Ing.We*****) bis dato eingehalten wurde" (AS 285/V). Denn abgesehen davon, daß auch auf einem solchen Vergleich beruhende Zahlungen zugunsten einzelner Gläubiger eine Veränderung des gemeinsamen Befriedigungsfonds zur Folge haben und daher Tathandlungen im Sinne des § 159 Abs 1 Z 2 StGB darstellen, hat das Erstgericht die reklamierte Zahlungsvereinbarung sowie deren Entsprechung (bis zu einem offenen Restbetrag von 235.000 S) und damit jene Umstände, die durch die verlangte Beweisaufnahme dargetan werden sollten, ohnedies als erwiesen angenommen (US 14 iVm AS 280/V sowie S 17 und Beilage 36 des Ergänzungsgutachtens ON 61). Daß das Erstgericht über diesen Beweisantrag erst unmittelbar vor der Urteilsverkündung abgesprochen und die - zutreffende - Begründung hiefür erst im Urteil nachgeholt hat (US 21), gereicht dem Angeklagten demnach unzweifelhaft erkennbar nicht zum Nachteil (§ 281 Abs 3 StPO). Der behauptete Nichtigkeitsgrund ist daher nicht verwirklicht.
Auch die Tatsachenrüge (Z 5 a) versagt.
Zahlungsunfähigkeit ist eingetreten, sobald der Schuldner mangels flüssiger Mitteln außerstande ist, alle fälligen Forderungen bei redlicher Gebarung binnen einer angemessenen Frist zu begleichen. Zahlungsunfähigkeit setzt weder vergebliche Exekutionen noch das Andringen von Gläubigern, etwa durch Konkursanträge voraus (vgl hiezu insbesondere Leukauf-Steininger Komm3 RN 20 und Kienapfel, BT II3, Rz 21, jeweils zu § 159 StGB). Ebensowenig steht eine nachträgliche Verringerung des Schuldenstandes einer Deliktsvollendung nach der Z 1 oder 2 des § 159 Abs 1 StGB entgegen (vgl. Mayerhofer/Rieder, StGB4 § 159 E 34 d).
Daß der erste Konkursantrag gegen die Firma E***** Ges.m.b.H. erst rund 6 1/2 Jahre nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit gestellt wurde (US 6) und Exekutionen (auch) gegen diese Firma erst im Jahre 1991 geführt wurden (gegen die Firma O.H***** Ges.m.b.H. & Co KG waren dagegen schon seit 1983 Exekutionen anhängig; vgl US 7 und 11 f), erklärt sich aus deren enger Bindung an die Tätigkeit der als Muttergesellschaft fungierenden O.H***** Ges.m.b.H. & Co KG und ist nach dem Gesagten nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung. Nichts anderes gilt für die zudem nur mit Fremdmitteln erfolgte Tilgung der "einzigen großen Firmenschuld", zumal auch diese Zahlung nach den plausiblen Urteilsausführungen erst mehrere Jahre nach bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit der Firma E***** Ges.m.b.H. vorgenommen wurde und gleichfalls ohne Einfluß auf die konkrete wirtschaftliche Gesamtsituation dieser Firma blieb (US 10).
Das Beschwerdevorbringen erschöpft sich demnach in den Bestreben, durch Umdeutung einzelner - nicht einmal entscheidungswesentlicher - Aspekte zu einer für den Angeklagten scheinbar günstigeren Tatversion zu gelangen, und ist demnach nicht geeignet, sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsfeststellungen im Sinne des relevierten Nichtigkeitsgrundes darzutun.
Ebensowenig durchzudringen vermag der Beschwerdeführer mit seiner Rechtsrüge (Z 9 lit a).
Das Führen von Zivilverfahren hat das Erstgericht nicht als an sich "kridarelevant" sondern vielmehr - zulässigerweise - als bloßes Indiz für eine Zahlungsunfähigkeit gewertet (vgl hiezu Leukauf-Steininger aaO, § 159 RN 20) und hierin (in freier Beweiswürdigung gemäß § 258 Abs 2 StPO) auch ein Mittel des Angeklagten zum Hinauszögern anfallender Zahlungen erblickt.
Zutreffend beurteilte das Erstgericht - der Beschwerde zuwider - den Abschluß von Vergleichen im Zusammenhang mit deshalb tatsächlich geleisteten Ratenzahlungen als Kridahandlungen im Sinne des § 159 Abs 1 Z 2 StGB, handelt es sich doch auch dabei um willkürliche Zahlungen an einzelne Gläubiger zu Lasten des gemeinsamen Befriedigungsfonds.
Nicht im Recht ist das Erstgericht dagegen insofern, als es auch schon im Vergleichswege von einzelnen Gläubigern gewährte Schuldnachlässe als Tathandlungen im Sinne des vorangeführten Tatbildes betrachtete. Denn solche Vergleiche bewirkten keine Verringerung des Vermögens der insolventen Firmen, sondern vielmehr sogar eine Verminderung der Passiven und hatten demnach auch keine Beeinträchtigung der Befriedigungsrechte von Gläubigern zur Folge.
Der verfehlten Auffassung des Erstgerichtes kommt jedoch nach Lage des Falles keine rechtliche Bedeutung zu.
Der hier maßgebliche § 159 Abs 1 Z 2 StGB enthält nämlich - ebenso wie die Z 1 dieser Gesetzesstelle - nur eine (demonstrative) Aufzählung alternativer Begehungsarten der fahrlässigen Krida, die als bloße - rechtlich gleichwertige - Komponenten der Fahrlässigkeitsschuld keine selbständige Bedeutung besitzen. Die rechtsirrige Anlastung einzelner, den Tatbestand nach den Z 1 und 2 des § 159 Abs 1 StGB nicht verwirklichender Schuldkomponenten bleibt daher ohne Auswirkungen auf den Schuldspruch, wenn - wie hier - andere tatbildmäßige Schuldkomponenten zutreffend angenommen werden (vgl insbesondere Leukauf-Steininger aaO, § 159 RN 28; ferner Mayerhofer/Rieder, StPO3 § 281 Abs 1 Z 4 E 66, § 282 E 20 und 21 und § 262 E 154 und 155; ebenso Mayerhofer/Rieder, StGB4 § 159 E 14). Aus dem Hinweis auf die irrig bewerteten Schulderlässe durch Vergleichsabschlüsse ist für den Beschwerdestandpunkt somit nichts zu gewinnen.
Zu Unrecht beruft sich der Beschwerdeführer auf die Schuldentilgung durch den Erlös einer im Jahre 1994 verkauften Liegenschaft. Von der Unrichtigkeit der Beschwerdebehauptung abgesehen, dadurch sämtliche Gläubiger befriedigt zu haben (vgl hiezu insbesondere S 17 f des Ergänzungsgutachtens ON 61), setzt Zahlungsunfähigkeit keineswegs das Fehlen von Vermögen schlechthin voraus. Das Vorhandensein von Vermögen ist nämlich nur dann von Bedeutung, wenn der Schuldner daraus in Kürze ausreichende Mittel zur Überwindung seiner Illiquidität gewinnen kann und auch gewinnen will. Nicht alsbald realisierbares oder zur Realisierung herangezogenes Vermögen muß demnach außer Betracht bleiben (vgl hiezu Leukauf-Steininger aaO, RN 22 und Kienapfel aaO, Rz 21, jeweils zu § 159 StGB). Das Vorhandensein der erwähnten Liegenschaft (im Eigentum der Firma O.H***** Ges.m.b.H. & Co KG), deren Verwertung vom Beschwerdeführer nach eigener Einlassung in Erwartung eines besonders günstigen Ergebnisses bewußt erst 1994 vorgenommen wurde, konnte demnach den schon Ende 1985 erfolgten Eintritt der Zahlungsunfähigkeit beider Firmen nicht abwenden (insbesondere US 13 und 22 f) und erweist sich deshalb als bedeutungslos. Gleiches gilt - wie bereits zur Tatsachenrüge ausgeführt wurde - auch für die mit dem erwähnten Kauferlös erst lange nach Vollendung der Deliktsfälle der Z 1 und 2 des § 159 Abs 1 StGB bewirkte Verminderung des Schuldenstandes.
Die Beurteilung der Vermögenslage der betreffenden Firmen einschließlich der zu ihrer Verfügung gestandenen Eigenmittel ist demnach rechtsrichtig und läßt für die vom Beschwerdeführer in dieser Hinsicht verlangten Feststellungen (S 6 der Beschwerdeausführung) keinen Raum.
Damit versagt der Hinweis des Beschwerdeführers auf den gleichfalls erst nachträglichen - und nach der Aktenlage ebenso ohne nachhaltige Auswirkung auf die wirtschaftliche Gesamtsituation gebliebenen - Erhalt eines (zudem der Gründung der P***** KG zweckgewidmeten) Geldbetrages "von dritter Seite" (AS 18 und Beilage 25 des Ergänzungsgutachtens ON 61).
Der Beschwerde zuwider bedurfte es aber auch keiner Feststellungen über den Zeitpunkt und die Höhe des erforderlich gewesenen Zuschusses von Eigenkapital und der Inanspruchnahme unverhältnismäßigen Kredites. Genug daran, daß nach den Urteilsannahmen die Ausstattung mit Eigenkapital von Anfang an unzureichend war und zusammen mit der damit letztlich zwangsläufig unverhältnismäßigen Benützung von Krediten die maßgebliche Ursache der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit bildete.
Ebenso entbehrlich waren Konstatierungen über die genaue Zahl und die Art der Erledigung im letzten Jahr vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit anhängig gewesener Exekutionsverfahren sowie über den Umfang beglichener Außenstände während dieser Zeitspanne und "im Zeitraum danach". Setzt doch nach dem bereits Gesagten die Zahlungsunfähigkeit (§ 159 Abs 1 Z 1 StGB) gar keine vergeblichen Exekutionen voraus und genügt für die Gläubigerschädigung im Kridastadium (§ 159 Abs 1 Z 2 StGB) auch schon eine Veränderung der persönlichen Stellung der Gläubiger zueinander sowie jede Verminderung des gemeinsamen Befriedigungsfonds durch willkürliche Zahlungen, ohne daß es dabei der Feststellung eines ziffernmäßigen Schadens bedarf.
Soweit der Beschwerdeführer die angenommene Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit der Firmen durch unzureichende Kapitalausstattung mit dem Hinweis auf den langen Zeitraum zwischen der jeweiligen Firmengründung und dem Eintritt der Insolvenz in Zweifel zu ziehen sucht, hält er nicht an den diesbezüglichen Urteilsannahmen fest und bringt seine Rüge damit nicht zur gesetzeskonformen Darstellung.
Gleichermaßen verfehlt argumentiert der Beschwerdeführer auch insofern, als er Feststellungen zur subjektiven Tatseite vermißt; hat das Erstgericht doch entgegen diesem (somit aktenwidrigen) Vorbringen die entsprechenden Feststellungen ohnedies ausderücklich getroffen (vgl insbesondere US 19 iVm in Verbindung mit den US 10, 15, 17 f und 23 f).
Soweit der Beschwerdeführer der Sache nach schließlich noch geltend macht, daß sein wirtschaftlicher Mißerfolg "entsprechend dem durchgeführten Beweisverfahren" (auch) auf das mißgünstige Verhalten eines Miteigentümers der im Jahre 1994 realisierten Liegenschaft zurückzuführen gewesen wäre, kritisiert er - unter dem Gesichtspunkt des relevierten materiellen Nichtigkeitsgrundes in unzulässiger Weise - bloß die erstrichterliche Beweiswürdigung und läßt damit abermals eine dem Gesetz entsprechende Ausführung seiner Rüge vermissen.
Die vorliegende Nichtigkeitsbeschwerde erwies sich sohin zur Gänze als unbegründet und war daher zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
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