Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Die Berufung der beiden gesetzlichen Vertreter wird zurückgewiesen. Der Berufung des Angeklagten wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem gesamten Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 13 Abs. 1 JGG. der Ausspruch über die verwirkte Freiheitsstrafe für eine Probezeit von 3 (drei) Jahren vorläufig aufgeschoben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 15.April 1963 geborene Druckformenherstellerlehrling Heinz A des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 3 StGB. schuldig erkannt, weil er in Wien I. im Frühjahr 1979 seinem Dienstgeber, der Firma B Klischee-Anstalt, eine Kleiderbürste geringen Werts und II. vom April 1978 bis 11.April 1979 in zahlreichen Angriffen Unbekannten Kraftfahrzeugmarkenembleme und Kraftfahrzeugschriftzüge mit dem Vorsatz weggenommen hatte, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Gründe des § 281 Abs. 1 Z. 3, 5, 9 lit. b und 9 lit. c StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Zu dem vom Angeklagten aus dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund erhobenen Beschwerdeeinwand, es bestehe zwischen Urteilssatz und Urteilsgründen hinsichtlich des ausgesprochenen Strafausmaßes ein Widerspruch, genügt es, auf den Beschluß des Jugendgerichtshofs Wien vom 13.Mai 1980 (ON. 18) zu verweisen, mit welchem der vom Inhalt des verkündeten Urteils abweichende Spruch berichtigt wurde. Mit der Behauptung, es lasse sich auf Grund der Urteilsannahmen nicht verläßlich beurteilen, ob er die seinem Dienstgeber gehörige Kleiderbürste widerrechtlich gegen den Willen verfügungsberechtigter Personen sowie mit Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz und nicht etwa nur zum vorübergehenden Gebrauch an sich genommen habe, erhebt der Beschwerdeführer den Vorwurf von Feststellungsmängeln im Sinn der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO.;
dies jedoch zu Unrecht. Wie sich aus Urteilsspruch und Urteilsgründen - bei der gebotenen Betrachtung derselben als Einheit - hinreichend deutlich ergibt, nahm das Erstgericht als erwiesen an, daß der Angeklagte die Kleiderbürste gestohlen, d.h. in Bereicherungstendenz und ohne sie nach vorübergehendem Gebrauch alsbald den Verfügungsberechtigten zurückstellen zu wollen (siehe auch S. 48), in seinen Gewahrsam gebracht hat. Daß er hiezu die Zustimmung seiner Dienstgeberfirma hatte (oder für stillschweigend gegeben erachtete), wurde vom Angeklagten im Verfahren gar nicht behauptet (siehe vielmehr S. 49 oben), sodaß es insoweit näherer Feststellungen nicht bedurfte.
Rechtliche Beurteilung
Ein Rechtsirrtum ist dem Erstgericht auch insofern nicht unterlaufen, als es die dem Angeklagten angelasteten Taten als Diebstähle und nicht - wie dies der Beschwerdeführer mit Beziehung auf die Z. 9 lit. c, richtig: Z. 9
lit. b (LSK. 1976/134) des § 281 Abs. 1 StPO. reklamiert - als Entwendungen (§ 141 Abs. 1 StGB.) beurteilte (zu deren Verfolgung es an der Ermächtigung der Verletzten gefehlt hätte). Es ist dem Schöffensenat nämlich darin beizupflichten, daß der Angeklagte in keinem Fall bloß aus Unbesonnenheit oder zur Befriedigung eines Gelüstes handelte, weil er sich nach der Aktenlage weder durch eine plötzliche Eingebung zu den einzelnen Taten hatte hinreißen lassen, noch hiedurch - unbeschadet dessen, daß die Diebstähle von Kraftfahrzeugemblemen aus der Sammlerleidenschaft des Angeklagten resultierten - ein augenblicklicher Bedarf an Gütern des täglichen Gebrauchs befriedigt werden sollte.
Schließlich kommt der Rechtsrüge auch insoweit keine Berechtigung zu, als darin aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. b StPO. die Nichtanwendung des § 42 StGB. gerügt wird. Wenn auch jeder einzelne diebische Angriff des Angeklagten, für sich allein betrachtet, nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen haben mag, so kann doch weder von einer geringen Schuld noch (im Hinblick auf 62 erbeutete Einzelstücke) davon gesprochen werden, daß eine Verurteilung nicht erforderlich sei, um den Rechtsbrecher von derartigen Straftaten abzuhalten.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.
Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten gemäß §§ 11 JGG., 127
Abs. 2 StGB. eine - gemäß § 43 Abs. 1 StGB.
unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehene - Freiheitsstrafe von 2 Monaten. Dabei wertete es als erschwerend die insgesamt 63 diebischen Angriffe sowie den Umstand, daß sich die Straftaten über ein Jahr erstreckten, während es als mildernd das Geständnis des Angeklagten, seinen bisherigen untadeligen Wandel und sein nunmehriges, bereits längeres Wohlverhalten in Betracht zog. Die beiden gesetzlichen Vertreter des Angeklagten haben Berufung angemeldet (S. 49), aber weder hiebei noch in einer Ausführung dieses Rechtsmittels die Punkte des Erkenntnisses bezeichnet, durch die sie sich beschwert erachten. Ihre Berufung war daher zurückzuweisen (§§ 294 Abs. 4, 296 StPO.).
Die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Strafermäßigung oder - weitergehend - eine echte bedingte Verurteilung nach § 13 Abs. 1 JGG. anstrebt, ist begründet.
Obschon die Häufigkeit der diebischen Angriffe gegen deren Bagatellisierung spricht, ist es bei lebensnaher Betrachtung offenkundig, daß der kriminelle Gehalt der - angesichts dessen Alters atypischen - Verfehlungen des Angeklagten als eher unterdurchschnittlich zu qualifizieren ist. Dies rechtfertigt im Zusammenhalt mit der bisherigen Unbescholtenheit des Angeklagten und seinem Geständnis die Annahme, daß der Ausspruch und die Vollstreckung einer Strafe ohne Nachteil für ihn und die Rechtsordnung vorläufig unterbleiben können, weshalb in Stattgebung der Berufung spruchgemäß entschieden wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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