European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1992:E30403
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf drei Jahre herabgesetzt.
Gemäß dem § 390a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthält, wurde Kay Carol G* des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt. Darnach hat sie mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitet, die diese oder andere am Vermögen schädigten, wobei der Schaden 500.000 S übersteigt, und zwar
1. im Oktober 1986 in Wien Angestellte der C* durch die falsche Behauptung, es stünden ihr hohe Beträge aus den USA (850.000 und 20.071,68 US‑Dollar) zu, zur Einräumung eines Kontoüberziehungskredites in Höhe von 1,1 Mill. S;
2. am 12. November 1986 in Wien Eva‑Maria M* durch die falsche Behauptung, sie werde das Darlehen in kürzester Zeit zurückzahlen, zur Übergabe eines Betrages in Höhe von 100.000 S und
3. am 26. April 1988 in Innsbruck Angestellte der I* Sparkasse dadurch, daß sie den Anruf eines Schweizer Bankbeamten vortäuschen ließ, der eine Deckungszusage abgab, zur Überweisung eines Betrages von 6.000 Schweizer Franken, den sie am selben Tag behob, auf ein Konto der Raiffeisenbank in Sexten (Italien).
Rechtliche Beurteilung
Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, die auf die Z 5, 5 a und 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO gestützt wird. Den Strafausspruch ficht sie mit Berufung an.
Die (undifferenzierte) Mängel‑ und Tatsachenrüge (Z 5 und 5 a) wendet sich lediglich gegen das Schuldspruchfaktum 1. und behauptet eine Urteilsunvollständigkeit dahin, daß die Aussage der Zeugin Mag.Heidemarie P* in der Hauptverhandlung am 11. Mai 1992 (S 41 f/III) im Urteil unberücksichtigt geblieben sei. Nach dieser Aussage sei das Schreiben des Rechtsanwaltes T. Emmett Mc K* aus Washington vom 5. Mai 1986, das die Beschwerdeführerin zum Beweis dafür, daß ihr 850.000 US‑Dollar zustünden, zur Besicherung des beantragten Kontoüberziehungskredites vorgelegt hatte und von dem das Erstgericht ausgegangen ist, daß es gefälscht sei, eine echte Urkunde und zur Besicherung des Kredites geeignet gewesen.
Dem ist zu entgegnen, daß das Schöffengericht – angesichts des Gebotes gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO – nicht gehalten war, sich mit diesem Teil der Aussage der Zeugin Mag. P* eingehend auseinanderzusetzen. Denn nach dem klaren Sinn der Bekundungen dieser Zeugin haben sie oder Angestellte der C* diese Urkunde für echt gehalten, weil der notariellen Bestätigung der Unterschrift des Rechtsanwaltes Glauben geschenkt wurde. Nach dem tatsächlichen Inhalt dieser Urkunde (erliegend im Beilagenkonvolut zu ON 4 sowie S 381‑383/II, deutsche Übersetzung S 421/I) wird darin aber keineswegs, wie dies in der Nichtigkeitsbeschwerde behauptet wird, die Unterschrift des „Notars“ (ersichtlich gemeint: des Rechtsanwaltes Mc K*) notariell beglaubigt, sondern bloß die Übereinstimmung der Kopie mit dem Original bestätigt. Über die Richtigkeit des Inhaltes dieser Urkunde, nämlich die Existenz von Vermögenswerten der Angeklagten in den USA, wußte die Zeugin hingegen nichts auszusagen. Gerade darin aber, daß die Zeugin P* oder Angestellte der vorhin genannten Bank die gefälschte Urkunde für echt hielten, liegt eine der verfahrensgegenständlichen gelungenen Tathandlungen der Angeklagten.
Mit der Behauptung aber, der Rechtsanwalt Mc K* sei eine existente Person, wird der Beweiswert der Interpolerhebungen (S 251/II) und solcherart die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes in unzulässiger Weise bekämpft.
In diesem Sinn sind auch die Auführungen der Beschwerdeführerin unter dem Aspekt des nur nominell angeführten Nichtigkeitsgrundes der Z 5 a nicht geeignet, aus den Akten erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der entscheidungswesentlichen Tatsachenfeststellungen zu erwecken.
Letztlich versagt auch die Rechtsrüge (Z 9 lit. b), mit der die Angeklagte das Vorliegen eines Verfolgungshindernisses im Sinn der Spezialität der Auslieferung mit dem Einwand reklamiert, daß sie gegen ihren Willen und ohne Auslieferungsverfahren der italienischen Polizei den österreichischen Behörden übergeben worden sei. Wenn in einem Strafverfahren die Verletzung des Grundsatzes der Spezialität der Auslieferung nichtigkeitsbegründend sei, dann müsse dieser Grundsatz umsomehr gelten, wenn jemand wider seinen Willen und ohne Auslieferung nach Österreich gebracht wird.
Dem ist zu erwidern, daß Italien durch die formlose Überstellung der Beschwerdeführerin nach Österreich auf die Ausübung des Hoheitsrechtes des diesem Land zustehenden Strafverfolgungsrechtes verzichtet hat. In diesem Fall finden die Regeln des (vertraglichen) Auslieferungsrechtes, insbesondere auch der Grundsatz der Spezialität (vgl. § 70 ARHG, Art. 14 EALÜbk) keine Anwendung. Demnach ist auch die mangelnde Zustimmung der Angeklagten zur Überstellung nach Österreich ohne Belang.
Die sohin zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagte nach dem § 147 Abs. 3 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von dreieinhalb Jahren. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die zweifache Tatwiederholung und die einschlägigen Vorstrafen, als mildernd hingegen das Teilgeständnis, die in der Persönlichkeitsstruktur der Angeklagten begründete herabgesetzte Hemmschwelle im Sinne des SV‑Gutachtens sowie das relativ lange Zurückliegen der Taten.
Mit ihrer Berufung begehrt die Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes.
Der Berufung kommt Berechtigung zu.
Die im übrigen vom Erstgericht vollständig angeführten Strafzumessungsgründen bedürfen insofern der Ergänzung, als in den Fakten 1 und 3 das auffallend sorglose Verhalten der Bankanstellten, die ohne wirksame Kontrolle den Behauptungen der Berufungswerberin Glauben geschenkt haben, zusätzlich als mildernd zu werten ist. Ein bloßer Rückruf beim angeblichen Schweizer Bankbeamten (im Faktum 3) und beim Rechtsanwalt Mc K* (im Faktum 1) hätte nämlich mit hoher Wahrscheinlichkeit den Eintritt eines Schadens in diesen Fällen verhindert.
Unter Abwägung der zum Vorteil der Angeklagten korrigierten Strafzumessungsgründe und bei Bedacht auf das Alter der Angeklagten und ihren schlechten Gesundheitszustand erscheint dem Obersten Gerichtshof eine Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren tätergerecht und schuldangemessen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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