OGH 13Os106/93

OGH13Os106/9310.11.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.November 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Massauer, Dr.Markel, Dr.Ebner und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Mazzolini als Schriftführerin in der Strafsache gegen Walter R***** wegen des Verbrechens des versuchten Mißbrauchs der Amtsgewalt als Bestimmungstäter nach den §§ 12, zweiter Fall, 15, 302 Abs. 1 und Abs. 2, zweiter Fall, StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27.Jänner 1993, GZ 3 a Vr 3253/92-20, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Raunig, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten und seines Verteidigers zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen - auch einen Verfolgungsvorbehalt gemäß dem § 263 Abs. 2 StPO enthaltenden - Urteil wurde der am 9.April 1942 geborene Walter R***** des Verbrechens des versuchten Mißbrauchs der Amtsgewalt als Bestimmungstäter nach den §§ 12, zweiter Fall, 15, 302 Abs. 1 und Abs. 2, zweiter Fall, StGB, schuldig erkannt.

Darnach hat er am 18.Februar 1992 in Wien mit dem Vorsatz, den österreichischen Staat in seinem konkreten Recht auf Einhebung von Eingangszöllen (und sonstigen Eingangsabgaben) zu schädigen, den Zollwachebeamten Heribert T***** zu bestimmen versucht, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich zu mißbrauchen, indem er ihn aufforderte, eine Austrittsbestätigung für eine LKW-Ladung Zigaretten zu beschaffen, mit welcher die tatsächlich für den Verbleib im Inland vorgesehenen Importzigaretten fälschlich als Durchgangsware deklariert werden sollten; für die Republik Österreich sollte durch die Tat ein 500.000 S übersteigender Schaden herbeigeführt werden.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; seine Berufung richtet sich gegen den Strafausspruch.

Die Ladung zu dem vom Obersten Gerichtshof zur öffentlichen Verhandlung über diese Rechtsmittel angeordneten Gerichtstag konnte dem Angeklagten nicht zugestellt werden. Deshalb hatte sich der Oberste Gerichtshof auf die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde zu beschränken.

Diesem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu.

Entgegen dem Vorbringen in der Mängelrüge (Z 5) hat das Erstgericht die Urteilsfeststellung, der Angeklagte hätte im Falle der Zustimmung des Zollwachebeamten Heribert T***** sein Vorhaben (nämlich die von ihm geplante Einfuhr von Zigaretten aus dem Ausland nach Österreich) in naher Zukunft tatsächlich durchführen wollen (US 5), aus den - als glaubwürdig gewerteten - Angaben des Zeugen Heribert T***** über das vom Angeklagten an ihn gerichtete Ansinnen, insbesondere aus der Bekundung des Zeugen, daß ihm vom Angeklagten eine - als schon bereitliegend bezeichnete - Bestechungssumme von 500.000 S angeboten worden sei (US 4 und 9 iVm AS 56 und 57), logisch einwandfrei abgeleitet.

In der Abgrenzungsfrage Vorbereitungshandlung/Versuch kommt es - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, der offenbar übersieht, daß hier nicht das Problem des Versuches eines Amtsmißbrauches, sondern das einer versuchten Bestimmung hiezu zu lösen ist - auf die vom Beschwerdeführer insbesondere kritisierte zeitliche Nähe des in Aussicht genommenen Zigarettenschmuggels gar nicht an. Sofern der Angeklagte (für den Fall der Einwilligung des Beamten) im Zeitpunkt seiner Bestimmungshandlung zum Schmuggel bereits entschlossen war - was das Schöffengericht feststellte -, ist sein Verhalten als Bestimmung zum Amtsmißbrauch auch dann strafbar, wenn der Beamte erst zu einem späteren, noch unbestimmten Zeitpunkt in der ihm zugesonnenen Weise hätte tätig werden sollen. In diesem - vom Beschwerdeführer hervorgehobenen - Anfechtungspunkt ("naher Zukunft") betrifft die Mängelrüge daher keine entscheidende Tatsache.

Mit dem Beschwerdeeinwand, die Aussage des Zeugen T***** ließe - vor allem im Hinblick auf die dem Angeklagten damit attestierte (S 58) Unkenntnis der hier in Betracht kommenden zollrechtlichen Formalitäten - auch die für den Beschwerdeführer günstigere Deutung zu, daß seinem Ansinnen an Heribert T***** bloß der Charakter einer Erkundung zugekommen und ein konkreter Zigarettenimport damals noch gar nicht in Aussicht genommen worden sei, wird kein formaler Begründungsmangel aufgezeigt, sondern lediglich - unter dem Gesichtspunkt dieses Nichtigkeitsgrundes unzulässig - die tatrichterliche Beweiswürdigung bekämpft.

Daß aber ein mündliches - wenngleich in eine "Erkundungsfrage" gekleidetes - Ansinnen der festgestellten Art an sich geeignet ist, einen Beamten zu amtsmißbräuchlichem Handeln zu bestimmen, kann nicht bezweifelt werden.

Auch die Rechtsrüge (Z 9 lit. a) ist unbegründet.

Für den Umfang der einem Beamten zustehenden amtlichen Befugnis im Sinne des § 302 StGB kommt es nicht darauf an, ob dieser auf Grund seines Dienstauftrages mit dem tatrelevanten Amtsgeschäft konkret befaßt ist; vielmehr genügt es, daß ein derartiges Amtsgeschäft zum abstrakten Aufgabenbereich des Beamten gehört (vgl. Leukauf-Steininger Komm3, § 302 RN 7). Dies trifft hier zu, weil nach den Urteilsfeststellungen Heribert T***** als in der Lagerabteilung des Zollamtes Wien tätiger Zollwachebeamter, obgleich er dort nur mit der Zollabfertigung für bestimmte Speditionsunternehmen befaßt war, auf Grund dieser Funktion auch Zugang zu den hier in Frage kommenden Stampiglien besaß und damit auch entsprechende amtliche Verfügungen treffen oder Bescheinigungen zur Verwirklichung des vom Beschwerdeführer angestrebten Tatvorhabens ausstellen hätte können (US 6 und 7 iVm AS 115 ff).

Zufolge der bereits erwähnten (Z 5) Begriffsverwirrung spricht der Beschwerdeführer von einem absolut untauglichen Versuch der Bestimmung zum Amtsmißbrauch (der nicht vorliegt, weil eine mündliche Aufforderung regelmäßig nur relativ untauglich sein kann), meint aber in Wahrheit die Straflosigkeit des Bestimmungsversuches damit begründen zu können, daß der angesonnene Befugnismißbrauch durch (bloße) Ausstellung einer fingierten Austrittsbestätigung infolge festgestellter absoluter Untauglichkeit dieses Mittels unter keinen Umständen zum Erfolg hätte führen und so - mangels objektiver Schädigungsmöglichkeit - dem Tatbestand des § 302 StGB nicht unterstellt hätte werden können.

Bei Beachtung der Urteilsgründe in ihrer Gesamtheit zeigt sich allerdings, daß hier von einem solchen straflosen Bestimmungsversuch keine Rede sein kann:

Wohl hätte die dem Tatplan des Angeklagten entsprechende Verschleierung eines tatsächlichen Verbleibes der importierten Zigaretten im Inland durch bloße Ausstellung einer "Austrittsbestätigung" ("Stampiglienerledigung") nicht bewirkt werden können. Doch wäre dem Zollwachebeamten Heribert T***** die auch vom Erstgericht konstatierte Möglichkeit offengestanden, den angestrebten Taterfolg durch einen sonstigen Mißbrauch seiner Befugnisse herbeizuführen (US 6 und 7 iVm AS 115 ff). Einen auch darauf gerichteten, über eine "Stampiglienerledigung" durch den Beamten hinausgehenden Vorsatz des Angeklagten haben die Tatrichter zwar nicht expressis verbis festgestellt. Sie haben jedoch durch den Hinweis auf das vom Angeklagten verfolgte Ziel (US 6 unten), durch die Hervorhebung der Höhe der Bestechungssumme (und damit eines angestrebten hohen Gewinnes) sowie durch die Einbeziehung der vom Angeklagten selbst mehrfach ins Treffen geführten Unkenntnis der notwendigen zollrechtlichen Voraussetzungen in den Kreis ihrer Überlegungen (US 12 und 13) mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, daß der Vorsatz des Angeklagten ihrer Überzeugung nach auf jeden dem Beamten möglichen, zur Erreichung des Zieles geeigneten Befugnismißbrauch gerichtet war. Daß die Urteilsausführungen in diesem weiteren Sinn zu verstehen sind, wird auch vom Beschwerdeführer eingeräumt, der im übrigen mit seinem Rechtsmittelvorbringen, er habe durch das Gespräch mit dem Beamten die "Möglichkeit einer Deliktshandlung" und "Informationen über die Vorgangsweise bei Deliktsverwirklichung" erkunden wollen, selbst zu erkennen gibt, daß sein Tatplan in bezug auf die Mitwirkung des Beamten sich nicht auf die bloße Beschaffung einer Austrittsbestätigung beschränkte.

Auch im übrigen hält die Rechtsrüge des Beschwerdeführers einer Überprüfung nicht stand:

Denn zum einen muß die vom Bestimmungstäter angestrebte Tat noch keineswegs nach Zeit oder Ort ihrer Begehung oder nach allen sonstigen Einzelheiten und Umständen im Detail feststehen. Vielmehr genügt es, daß sich der Vorsatz des Täters auf eine nach Art und Angriffsrichtung in groben Umrissen in seiner Vorstellung vorhandene bestimmte Tat bezieht (vgl. Kienapfel AT4 E 4, RN 47, und Leukauf-Steininger Komm3, § 12 RN 33).

Zum anderen verkennt der Beschwerdeführer, daß ihm nicht die Anwerbung eines Mittäters zur Last liegt, weshalb das bezügliche Vorbringen schon deshalb versagt. Vielmehr wird dem Angeklagten die - allerdings mißlungene - Veranlassung eines anderen zu einer ohne seine (weitere) Mitwirkung zu verübenden Tat, nämlich die versuchte Bestimmung eines Zollwachebeamten zum Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt, zum Vorwurf gemacht. Bei der Beurteilung der Ausführungsnähe ist aber in einem solchen Fall - wie schon zur Mängelrüge dargelegt - bei dem (an der Straftat nicht selbst unmittelbar mitwirkenden) Anstifter lediglich auf das Bestimmen als Bezugspunkt, sohin die Bestimmungsnähe abzustellen (Mayerhofer-Rieder StGB3 § 15 Anm. 4), sodaß ein strafbarer Bestimmungsversuch schon vorliegt, wenn, wie in diesem Fall, das Verhalten des Bestimmenden einen Entschluß zur Tatausführung beim unmittelbaren Täter herbeiführen soll.

In dieses Stadium ist der Angeklagte bereits dadurch eingetreten, daß er nach den Urteilsfeststellungen den Zollwachebeamten Heribert T***** unter Zusage einer hohen Bestechungssumme zu einem Tatverhalten zu animinieren suchte, das im Falle seiner Verwirklichung (auf welche konkrete Weise immer) das Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt dargestellt hätte. Hingegen kommt der Frage, ob der Angeklagte zur Tatzeit (schon) im Besitz der Bestechungssumme war, ebensowenig Bedeutung zu wie dem Umstand, daß die Übergabe derselben erst Zug um Zug mit der Tatausführung erfolgen sollte.

Soweit der Angeklagte seine Unterredung mit dem Zeugen Heribert T***** unter Berufung auf eine "lebensnahe" Betrachtung des Gesprächsinhaltes bloß als eine (über das Stadium einer straflosen Vorbereitungshandlung nicht hinausgehende) Einholung einer Information über Möglichkeiten zur Hinterziehung von Eingangsabgaben im Zusammenwirken mit einem korrupten Beamten verstanden wissen will, setzt er sich über die anderslautenden nicht eine bloße Erkundung konstatierenden Urteilsfeststellungen (s. US 4 f) hinweg, und bringt damit seine Rechtsrüge insoweit nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Gleiches gilt auch für die auf Ausschaltung der Wertqualifikation nach dem § 302 Abs. 2, zweiter Satz, StGB abzielende Subsumtionsrüge (Z 10). Denn mit dem Einwand, daß zugunsten des Angeklagten lediglich die geplante Verwendung eines sogenannten Fiskal-LKWs mit nur geringer Transportkapazität als Schmuggelfahrzeug und demzufolge auch nur die (tätergewollte) Herbeiführung eines 500.000 S keinesfalls übersteigenden Schadens anzunehmen gewesen wäre, hält der Angeklagte nicht - wie dies zur gesetzmäßigen Geltendmachung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes erforderlich ist - an den Annahmen des Schöffengerichtes über den dem Tatplan entsprechenden Umfang des Schmuggelgutes fest.

Soweit der Angeklagte damit auch einen Begründungsmangel (Z 5) releviert, übersieht er, daß die Tatrichter die Höhe des einzutretenden Schadens nicht nur aus der beabsichtigten Verwendung eines LKWs, sondern insbesondere auch - lebensnah - aus der Höhe der Bestechungssumme erschlossen haben.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war sohin zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.

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