OGH 13Os104/03

OGH13Os104/0318.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Februar 2004 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Loewe als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter S***** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die vom Generalprokurator gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 18. Februar 2003, GZ 27 Hv 70/02h-90, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Erster Generalanwalt Dr. Raunig, und des Angeklagten Peter S*****, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 18. Februar 2003, GZ 27 Hv 70/02h-90, verletzt insoweit, als damit der Angeklagte Peter S***** außer dem Verbrechen der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB (A) auch noch des "Vergehens" (richtig: Verbrechens) der betrügerischen Krida nach §§ 12 dritter Fall, 156 Abs 1 StGB (B)II) schuldig erkannt wurde, das Gesetz in der Bestimmung des § 29 StGB.

Das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird in der rechtlichen Unterstellung der zu A) und B)II) beschriebenen Taten und demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben.

Gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO wird - im Umfang dieser Aufhebung - in der Sache selbst erkannt:

Peter S***** hat durch die zu A) und B)II) des Schuldspruches als erwiesen angenommenen Taten das Verbrechen der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB, teilweise als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, begangen.

Zur Neubemessung der Strafe wird die Sache an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Berufung auf obige Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 18. Februar 2003, GZ 27 Hv 70/02h-90, wurde der Angeklagte Peter S***** - nebeneinander - des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB (A) und des "Vergehens" (richtig: Verbrechens) der betrügerischen Krida als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 156 StGB (B)II)) sowie des Vergehens des schweren Betruges als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB (B)I)) schuldig erkannt.

Die angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wurde vom Vorsitzenden des Schöffengerichtes mit Beschluss vom 21. März 2003 (ON 93) unter Hinweis auf einen in der Hauptverhandlung abgegebenen Rechtsmittelverzicht des Genannten gemäß § 285a Z 1 StPO als unzulässig zurückgewiesen (ON 93). Der dagegen vom Angeklagten erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 3. September 2003, AZ 13 Os 57/03, nicht Folge gegeben. Die außerdem vom Angeklagten angemeldete Berufung wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 11. Dezember 2003, AZ 6 Bs 454/03, zurückgewiesen; aufrecht ist die Berufung der Staatsanwaltschaft.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Generalprokurator in der von ihm gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, stehen die Schuldsprüche zu A) und B)II) mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Abgesehen davon, dass es sich bei den unter Punkt B)I) des Schuldspruchs angeführten inhaltlich falschen Arbeitsbescheinigungen nicht um falsche Urkunden im Sinne des § 147 Abs 1 Z 1 StGB, sondern nach einhelliger Judikatur um falsche Beweismittel im Sinn des dritten Falles leg cit handelt (Entscheidung des verstärkten Senates vom 5. Oktober 1994, 13 Os 81/93 = EvBl 1995/21), jedoch dieser Subsumtionsirrtum wegen der rechtlichen Gleichwertigkeit der vorbezeichneten Fälle des § 147 Abs 1 StGB dem Angeklagten nicht zum Nachteil gereicht, steht auch die gesonderte rechtliche Unterstellung der zu den Punkten A) und B)II) bezeichneten Taten als Verbrechen der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB und als "Vergehen" (richtig: Verbrechen) der betrügerischen Krida nach §§ 12, 156 Abs 1 StGB mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Der Begriff der "strafbaren Handlung" in § 260 Abs 1 Z 2 StPO meint bei wert- oder schadensqualifizierten Delikten, anders als dort, wo der Strafrahmen (nur) nach § 28 StGB zu bilden ist, zufolge der speziellen Bestimmung des § 29 StGB eine nach Maßgabe des Zusammenrechnungsgrundsatzes entstandene Substumtionseinheit sui generis, die aus der höchsten Wert- oder Schadensqualifikation und weiteren, in echter Konkurrenz dazu stehenden Begehungsformen (und unselbständigen Abwandlungen) des Grunddelikts besteht (14 Os 65/99 = JBl 2000/262). Die getrennte Annahme eines Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB neben dem "Vergehen" (richtig: Verbrechen) der betrügerischen Krida nach §§ 12, 156 Abs 1 StGB, begangen als Beteiligter, ist daher unzulässig und begründet insoweit Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO. Dem Angeklagten fällt daher zu A) und B)II) des Schuldspruchs nur das Verbrechen der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB, teilweise begangen als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, zur Last. Die vom Erstgericht angenommene gesonderte rechtliche Unterstellung dieser Schuldspruchfakten kann dem Angeklagten zum Nachteil gereichen (§ 292 letzter Satz StPO).

In Stattgebung der Wahrungsbeschwerde waren somit unter Feststellung der Gesetzesverletzung das Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, in der rechtlichen Unterstellung der zu A) und B)II) bezeichneten Taten und demzufolge auch im Strafausspruch aufzuheben sowie gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO die Subsumierung der genannten Taten richtig zu stellen.

Da der Angeklagte ohne Verteidiger erschienen war, konnte eine Strafneubemessung, in dem in die Zuständigkeit des Schöffengerichtes mit notwendiger Verteidigung gehörenden Fall, durch den Obersten Gerichtshof nicht erfolgen; insoweit war die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen. Dieses wird die Ausschließungsgründe zu beachten haben (§ 68 Abs 2 StPO).

Die Staatsanwaltschaft war mit ihrer obsolet gewordenen Berufung auf die obige Entscheidung zu verweisen.

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