OGH 13Os103/93

OGH13Os103/9328.7.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Juli 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Massauer, Dr.Markel und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Hatvagner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Reinhold A***** wegen des Verbrechens des Beischlafes mit Unmündigen nach dem § 206 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 14.April 1993, GZ 11 a Vr 814/92-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten werden Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß dem § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 15.September 1948 geborene, zuletzt beschäftigungslose Reinhold A***** der Verbrechen des Beischlafes mit Unmündigen nach dem § 206 Abs 1 StGB (Punkt I/A/1), der Vergewaltigung nach dem § 201 Abs 2 StGB (Punkt I/A/2), der Unzucht mit Unmündigen nach dem § 207 Abs 1 StGB (Punkt I/B/1), der geschlechtlichen Nötigung nach dem § 202 Abs 1 StGB (Punkt I/B/2), der schweren Nötigung nach den §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (Punkt II) und des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs 1 und 2 StGB (Punkt III) schuldig erkannt.

Darnach hat er in Stockerau

I) seine am 24.Jänner 1978 geborene Stieftochter Manuela N***** in

einer nicht näher festzustellenden Anzahl von Angriffen, teilweise mehrmals wöchentlich, durch Schläge gegen den Körper und Ohrfeigen sowie durch Drohungen, insbesonders mit dem Umbringen,

A) zur Vornahme des Beischlafes mit ihm veranlaßt und dadurch

1) in der Zeit ab einem nicht näher festzustellenden Zeitpunkt im Jahre 1989 bis zum 23.Jänner 1992 mit einer unmündigen Person den außerehelichen Beischlaf unternommen, und

2) in der Zeit ab einem nicht näher festzustellenden Zeitpunkt im Jahre 1989 bis September 1992 außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB eine Person mit Gewalt und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben zur Vornahme bzw. Duldung des Beischlafes genötigt;

B) zur Betastung seines erigierten Gliedes bis zum Samenerguß und zur Duldung der Betastung ihrer Brüste und ihres Geschlechtsorganes durch ihn veranlaßt und dadurch

1) in der Zeit ab einem nicht näher festzustellenden Zeitpunkt im Jahre 1989 bis zum 23.Jänner 1992 eine unmündige Person auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, und

2) ab einem nicht näher festzustellenden Zeitpunkt im Jahre 1989 bis September 1992 mit Gewalt und durch gefährliche Drohung zur Vornahme und zur Duldung geschlechtlicher Handlungen genötigt;

II) ab einem nicht näher festzustellenden Zeitpunkt im Jahre 1989 bis zu einem nicht näher festzustellenden Zeitpunkt Anfang 1990 seine Gattin Erna A***** durch Ohrfeigen, Faustschläge, einen Schlag mit einer Holzkarniese auf den Kopf und Drohungen mit dem Umbringen, somit durch Gewalt und gefährliche Drohung mit dem Tod zu Handlungen, nämlich zu den zu Punkt I des Urteilsspruches bezeichneten Tathandlungen zuzusehen und diese geschehen zu lassen und zur Unterlassung der Anzeigeerstattung darüber, genötigt;

III) Manuela N***** am 7.Oktober 1992 durch die telefonische Äußerung, wenn er sie in Stockerau sehe, erschlage er sie, es sei ihm egal, ob er ins "Häfn" komme, mit dem Tod gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gstützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Die Zeugin Manuela N***** hat sich in der Hauptverhandlung gemäß dem § 152 StPO der Aussage entschlagen (AS 226). Die Feststellungen zur Täterschaft des Angeklagten gründeten die Tatrichter auf die Angaben der genannten Zeugin vor der Gendarmerie (AS 21 ff), die sie durch Zeugenaussagen der Gabriele H***** (AS 146 ff), Claudia F***** (AS 213) und (hinsichtlich des Schuldspruches zu Punkt III) Christine K***** (AS 140) sowie durch das Gutachten der Sachverständigen Dr.Angelika Göttling (ON 12) für erhärtet hielten.

Die Tatsachenrüge (Z 5 a) vermag demgegenüber keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen darzutun. Sie versucht nur, aus den vom Erstgericht ohnedies ausführlich gewürdigten Umständen - daß Manuela N***** nach dem Tode ihrer Mutter beim Angeklagten verbleiben wollte und über lange Zeit hindurch diese inkriminierten Tathandlungen ertrug, ohne darüber anderen Personen Mitteilung zu machen - andere, für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen abzuleiten. Auch das Vorbringen der Tatsachenrüge zu Punkt II und III des Schuldspruches erschöpft sich lediglich in einer versuchten Umwertung der Verfahrensergebnisse und damit in einer - nach wie vor unzulässigen - Bekämpfung der Beweiswürdigung.

In seiner Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet der Beschwerdeführer, die ihm zum Faktum II des Urteilssatzes angelastete Drohung sei - weil es sich bei den Beteiligten um Mitglieder einer "Randschichtenfamilie" handle - nur als "milieubedingte Unmutsäußerung" zu qualifizieren.

Richtig ist zwar, daß solcherart zu qualifizierende Äußerungen deshalb nicht als gefährliche Drohungen gelten, weil sie nicht ernst gemeint sind (vgl. Leukauf-Steininger, Komm3 § 107 RN 3). Die Rüge übergeht hier aber die - der Annahme mangelnder Ernstlichkeit entgegenstehende - Feststellung zur subjektiven Tatseite, daß der Angeklagte die Manuela N***** mit dem Tod gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen (Urteilsspruch zu Punkt III, US 8 und 12). Weil die Rechtsrüge damit nicht vom festgestellten Urteilssachverhalt ausgeht, entbehrt sie einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits in nichtöffentlicher Sitzung gemäß dem § 285 d Abs 1 Z 1 StPO iVm dem § 285 a Z 2 StPO als nicht gesetzmäßig ausgeführt zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft fällt demnach in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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