European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0130NS00082.17P.1110.000
Spruch:
Dem Antrag wird nicht Folge gegeben.
Die Akten werden dem Oberlandesgericht Wien zurückgestellt.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
Da der Antrag (ua) auf § 29 JGG Bezug nimmt, sei vorausgeschickt, dass eine Delegierung die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Gerichts voraussetzt, dem die Sache abgenommen werden soll ( Oshidari , WK-StPO § 39 Rz 2; 14 Ns 11/16b ua). Nach Anklagevorwurf und Aktenstand liegen dem Angeklagten ausnahmslos Taten zur Last, die er nach Vollendung des 18. Lebensjahres begangen habe (zur vom Anklagevorwurf I erfassten Tat siehe insoweit ON 2 S 7). Daher geht das Landesgericht Wiener Neustadt zutreffend von seiner Zuständigkeit als Tatortgericht (hier: gemäß § 36 Abs 3 erster Satz, 37 Abs 1 erster Satz, Abs 2 erster Satz StPO) aus. § 29 JGG, der die örtliche Zuständigkeit jenes Gerichts normiert, in dessen Sprengel der Beschuldigte zur Zeit des Beginns des Strafverfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, gilt nämlich nur in Jugendstrafsachen; in Strafsachen gegen junge Erwachsene ist diese Bestimmung nicht anzuwenden (§ 46a JGG e contrario; Schroll in WK 2 JGG § 29 Rz 1).
Ein wichtiger Grund, aus dem allein gemäß § 39 StPO die Veränderung des gesetzlichen Richters (Art 83 Abs 2 B-VG) ausnahmsweise zulässig wäre, wird aber hier nicht dargetan:
Kein solcher Grund ist, dass der Wohnort des Angeklagten in Braunau am Inn, somit im Sprengel eines anderen Gerichts, gelegen ist (RIS-Justiz RS0053539 [T4]). Das Argument, seine Anreise zum Gericht sei wegen seiner „Mittellosigkeit“ „problematisch“, ist mit Blick auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Angeklagten laut Personalblatt (ON 2 S 15) aktenfremd (vgl im Übrigen RIS-Justiz RS0127777).
Hinzu kommt, dass mit der beantragten Delegierung – angesichts der nur teilweise geständigen Verantwortung des Angeklagten (ON 2 S 33 ff) – auch die Anreise der Zeugin Zalinka J*****, deren Wohnort im Sprengel des Landesgerichts Wiener Neustadt liegt (ON 2 S 41), zum Landesgericht Ried im Innkreis verbunden wäre. Mangels Einverständnisses oder übereinstimmenden Antrags von Ankläger und Angeklagtem liegen im Übrigen – dem Antragsvorbringen zuwider – die Voraussetzungen für die Vernehmung dieser Zeugin unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung (§ 247a Abs 1 zweiter Satz StPO) nicht vor.
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