European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0120OS00099.83.0510.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden Urteil wurde der am 25. Feber 1911 geborene Pensionist Otto A des Vergehens des Ansammelns von Kampfmitteln nach § 280 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.
Nach dem Inhalt des Schuldspruchs hat Otto A in der Zeit ab Anfang 1978 bis zum 21. Mai 1981 in M*, einen Vorrat von Waffen und Schießbedarf, und zwar sechs Stutzen des Fabrikats Steyr, zwei Armeegewehre M 1886 und M 71, ein sowjetisches Scharfschützengewehr M 1943 mit Zielfernrohr, drei Armeegewehre Karabiner 98 (eines mit Bajonett, eines mit Zielfernrohr), zwei Armeegewehre Stutzen M 95 (eines mit Bajonett), ein Armeegewehr Stutzen-Budapest mit Bajonett sowie ferner 220 Stück KK-Munition 22 Magnum 'Sinoxid', 40 Stück Büchsenpatronen 8 x 68 S Dynamit Nobel, 25 (richtig: 75) Stück Jagdpatronen 5,6 x 57 Dynamit Nobel, 15 Stück Büchsenpatronen 6,5 x 57 Dynamit Nobel, 141 Stück KK-Munition 9 mm Flobert 'Fiocchi', 460 Stück Randfeuerpatronen 22, 275 Stück Randfeuerpatronen 22 Z, 100 Stück Randfeuerpatronen Magnum, 28 Stück Schrotpatronen 'Rottweil', 15 Stück Schrotpatronen 7 x 67 R Dynamit Nobel, 75 Stück Schrotpatronen 'Winchester 33' Standard, 400 Stück Randfeuerpatronen, Long Rifle, Kal 22, angesammelt, die (nach Art und Umfang) geeignet waren, eine größere Zahl von Menschen zum Kampf auszurüsten.
Hiefür wurde der Angeklagte nach § 280 Abs. 1 StGB zu einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe verurteilt. Weiters wurden die vom Schuldspruch umfaßten Waffen sowie die Munition gemäß § 26 Abs. 1 StGB eingezogen.
Die Geschwornen hatten die (einzige) an sie gestellte Hauptfrage (in Richtung des Vergehens nach § 280 Abs. 1 StGB) einstimmig, jedoch mit der Einschränkung bejaht, daß weitere sieben in der Hauptfrage angeführte Jagdwaffen zu entfallen haben (ON 33).
Den Schuldspruch sowie den Ausspruch über die Einziehung bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Gründe der Z 6, 8 und 11 lit. a, der Sache nach auch auf jenen der Z 13 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer darin, daß seiner (auch in der Hauptverhandlung zur Sprache gekommenen) Eigenschaft als Waffensammler vom Schwurgerichtshof bei der Erstellung des Fragenschemas nicht durch Aufnahme einer entsprechenden Zusatzfrage Rechnung getragen worden ist, worin er eine Verletzung der Vorschrift des § 313 StPO erblickt, weil seiner Meinung nach seine Sammlerleidenschaft die Strafbarkeit nach § 280 Abs. 1 StGB ausschließe.
Dabei unterliegt der Beschwerdeführer jedoch einem grundlegenden Irrtum:
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 313 StPO ist, sofern in der Hauptverhandlung Tatsachen vorgebracht worden sind, die - wenn sie als erwiesen angenommen werden - die Strafbarkeit ausschließen oder aufheben würden, eine entsprechende (Zusatz-)Frage nach dem Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgrund zu stellen. Die Stellung einer solchen Zusatzfrage setzt demnach das Vorbringen von Umständen voraus, die einen Straflosigkeitsgrund darzustellen vermögen, mithin einen Rechtfertigungs-, Schuldausschließungs-, Strafausschließungsoder Strafaufhebungsgrund. Die vom Angeklagten im gegebenen Zusammenhang ins Treffen geführte 'Eigenschaft als Waffensammler' zielt demgegenüber weder auf einen Rechtfertigungsgrund noch auf einen Schuldausschließungs-, Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgrund ab; sie konnte vielmehr nur für den subjektiven Tatbestand des Vergehens nach § 280 Abs. 1 StGB von Bedeutung sein, worüber aber die Geschwornen bei der Beantwortung der Hauptfrage in Richtung dieses Vergehens abzusprechen hatten. Der in Rede stehende Umstand durfte somit gar nicht zum Gegenstand einer Zusatzfrage nach § 313 StPO gemacht werden, sodaß deren Stellung zu Recht unterblieben ist.
Soweit das bezügliche Beschwerdevorbringen aber als Ausführung einer Rüge im Sinne der Z 8 des § 345 Abs. 1 StPO gedeutet werden könnte, weil damit eine insoweit (infolge Unvollständigkeit) unrichtige Rechtsbelehrung behauptet wird, so ist es gleichfalls unbegründet. In der den Geschwornen gemäß § 321 StPO erteilten (schriftlichen) Rechtsbelehrung wird nämlich zutreffend dargelegt (S 256/257), daß sich der zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestands des Vergehens nach § 280 Abs. 1 StGB erforderliche Vorsatz des Täters im (zumindest bedingt) gewollten Ansammeln (Bereithalten oder Verteilen) eines entsprechenden Vorrates von Kampfmitteln, dem nach Art und Umfang die (abstrakte) Eignung zukommt, eine größere Zahl von Menschen zum Kampf auszurüsten, erschöpft, wobei - gleichfalls - zutreffend darauf hingewiesen wird, daß es - entsprechend der Zielsetzung der Strafbestimmung des § 280 Abs. 1 StGB, illegale und damit unkontrollierte Waffen- oder Munitionslager oder Lager an anderen Kampfmitteln hintanzuhalten - nicht erforderlich ist, daß der Täter die Kampfmittel ansammelt, bereithält oder verteilt, um die innere Sicherheit des Staates zu stören oder den Staat zu bedrohen. Hinweise darauf, aus welchen tatsächlichen Umständen es am Vorsatz, einen Vorrat von Kampfmitteln in der Bedeutung des § 280 Abs. 1 StGB anzusammeln (bereitzuhalten oder zu verteilen), fehlen könnte, waren dagegen in die schriftliche Rechtsbelehrung nicht aufzunehmen. Denn Gegenstand dieser Rechtsbelehrung können nur rechtliche, nicht aber tatsächliche Umstände sein, sodaß auf den Sachverhalt des zur Beurteilung stehenden Falles nicht einzugehen ist; die Zurückführung der in die Fragen aufgenommenen gesetzlichen Merkmale auf den ihnen zugrunde liegenden Sachverhalt ist vielmehr Sache der gemäß § 323 Abs. 2 StPO abzuhaltenden Besprechung (Mayerhofer/Rieder StPO Nr 14 ff zu § 345 Z 8).
Soweit der Beschwerdeführer des weiteren, insoweit ausdrücklich aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 8 des § 345 Abs. 1 StPO, die Rechtsbelehrung hinsichtlich der Erläuterung des Tatbestandsmerkmales 'einer größeren Zahl von Menschen', für deren Ausrüstung zum Kampf der vom Täter angesammelte Vorrat von Kampfmitteln nach Art und Umfang geeignet sein muß, als unrichtig rügt, so vermag er damit eine Nichtigkeit der Rechtsbelehrung nicht aufzuzeigen. Denn der Hinweis in der Rechtsbelehrung, unter dem Begriff 'größere Zahl von Menschen' sei 'eine Gruppe ab etwa 10 Personen' zu verstehen (S 255), gibt - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, der unter dem in Rede stehenden Begriff eine Mindestanzahl von 20 Personen verstanden wissen will - einen zum rechtsrichtigen Verständnis des erwähnten Gesetzesbegriffes hinreichenden Richtwert an, welcher der herrschenden Auslegung dieses Begriffes durchaus entspricht (vgl. Foregger/Serini StGB MKK 3 Anm II zu Par 280; Kunst in ÖJZ 1975, 561, 562; Leukauf/Steininger, Kommentar 2 § 69 RN 3).
Es kann aber auch entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen zum Nichtigkeitsgrund der Z 8 des § 345 Abs. 1 StPO von einer unrichtigen oder einer Unrichtigkeit gleichkommenden Unvollständigkeit der den Geschwornen erteilten Rechtsbelehrung zum Tatbestandsmerkmal des Ausrüstens zum Kampf keine Rede sein. Zutreffend wird nämlich in der Rechtsbelehrung dargelegt, daß bestimmte Waffen, die keine heute übliche Kampfausrüstung darstellen, nicht unter den Tatbestand des § 280 Abs. 1 StGB fallen, und daß gänzlich veraltete Kampfmittel ausscheiden, weil sie in der Regel nicht mehr als 'Kampfmittel', also als Kampfausrüstung nach den gegenwärtigen Gegebenheiten, angesehen werden können, wogegen bloß unmodern gewordene Waffen dem Tatbestand des § 280 Abs. 1 StGB zu unterstellen sind (S 254, 255). Soweit der Beschwerdeführer eine Erläuterung in der Rechtsbelehrung darüber vermißt, daß ein Teil der im Schuldspruch angeführten Gewehre schon seit längerer Zeit nicht mehr zu dem heute üblichen Ausrüstungsstandard einer mitteleuropäischen Armee zähle, so zeigt sie eine Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung nicht auf, wird doch darin zutreffend darauf verwiesen, daß das Ansammeln von bloß unmodern gewordenen (aber an sich gebrauchsfähigen) Waffen den Tatbestand des § 280 Abs. 1 StGB nicht ausschließt (vgl. ÖJZ-LSK 1983/98; Leukauf/Steininger aa0 § 280 RN 3).
In der auf § 345 Abs. 1 Z 11 lit. a StPO gestützten Rechtsrüge behauptet der Beschwerdeführer, das Gericht habe rechtsirrig das Vorliegen einer gerichtlich strafbaren Handlung angenommen. Soweit die Beschwerde dabei nicht den Inhalt des Wahrspruchs (und damit die darin getroffenen Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite) zugrundelegt, entbehrt die Rüge der gesetzmäßigen Ausführung, weil ein aus dem geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund behaupteter Rechtsirrtum sich aus dem Wahrspruch selbst ergeben und an Hand seines Inhalts dargetan werden muß. Soweit sie jedoch einen solchen Rechtsirrtum aus einem Vergleich der auf Grund des Wahrspruchs festgestellten Tat mit dem darauf angewendeten Gesetz abzuleiten sucht, indem sie - der Sache nach - meint, es sei (auf der Grundlage des Geschwornenverdikts) rechtsirrig ein Ansammeln eines Vorrates an Waffen und Schießbedarf angenommen worden, der nach Art und Umfang geeignet ist, Menschen zum Kampf auszurüsten, weil jedenfalls ein Teil der Gewehre und die angesammelte Jagd- bzw. Flobertmunition als Kampfmittel im Sinn des Par 280 Abs. 1 StGB objektiv ungeeignet gewesen sei, ist sie nicht im Recht.
Ob der Täter einen Vorrat von Waffen, Schießbedarf oder anderen Kampfmitteln angesammelt (bereitgehalten, verteilt) hat, der (objektiv) geeignet ist, (eine größere Zahl von) Menschen zum Kampf auszurüsten, ist in rechtlicher Beziehung darnach zu beurteilen, ob dessen illegales Vorhandensein (in toto) eine abstrakte Gefährdung des öffentlichen Friedens bedeutet. Zielt doch die Strafbestimmung des § 280 Abs. 1 StGB - ebenso wie zuvor jene des § 10 StaatsschutzG - gerade darauf ab, einer derartigen Gefährdung entgegenzuwirken. Der öffentliche Frieden ist aber schon dann abstrakt gefährdet, wenn der angesammelte (bereitgehaltene oder verteilte) Kampfmittelvorrat auch einzelne unmodern gewordene, aber an sich noch gebrauchsfähige Schußwaffen enthält bzw. sich unter dem Vorrat an Schießbedarf Jagd- oder Flobertmunition befindet. Hinsichtlich der Schußwaffen kommt es dabei nicht darauf an, ob diese gegenwärtig noch zur Ausrüstung von Armeen verwendet werden oder nicht mehr; denn eine Beschränkung des Tatbestands des § 280 Abs. 1 StGB auf Schußwaffen, die gegenwärtig (noch) zur militärischen Ausrüstung gehören, liefe dem Schutzzweck der in Rede stehenden Strafvorschrift zuwider. Ebensowenig spielt es für die rechtliche Beurteilung eine Rolle, daß einzelne Gewehre aus den achtziger bzw. neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts stammen, zumal Schußwaffen, die ab 1871 erzeugt worden sind, jedenfalls den Bestimmungen des WaffG unterliegen (§ 30 Abs. 1 Z 2 leg cit) und als solche demnach auch Gegenstand eines Waffenvorrats im Sinne des § 280 Abs. 1 StGB sein können. Damit zeigt sich, daß die Unterstellung der im Verdikt der Geschwornen festgestellten Tat unter die angewendete Gesetzesstelle frei von Rechtsirrtum ist.
Mit dem weiteren Vorbringen im Rahmen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes der Z 11 lit. a des § 345 Abs. 1 StPO, dem auf § 26 Abs. 1 StGB gestützten Einziehungserkenntnis mangle es an den gesetzlichen Voraussetzungen, behauptet der Angeklagte die gesetzliche Unzulässigkeit der Einziehung und demnach der Sache nach Urteilsnichtigkeit nach der Z 13 des Par 345 Abs. 1 StPO (ÖJZ-LSK 1977/14; 1978/227). Insoweit ist aber dieses Beschwerdevorbringen mangels näherer Substantiierung (worin die behauptete Unzulässigkeit des Ausspruchs über die Einziehung im einzelnen gelegen sein soll) einer argumentationsbezogenen sachlichen Behandlung und damit einer sinnvollen Erörterung nicht zugänglich, sodaß es an einer gesetzmäßigen Ausführung dieser Rechtsrüge mangelt. Das zwingende und keiner gerichtlichen Entscheidung im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens zugängliche Erfordernis des § 26 Abs. 1 StGB, demzufolge u.a. Gegenstände, die der Täter zur Begehung der mit Strafe bedrohten Handlung (hier nach dem § 280 Abs. 1 StGB) verwendet hat (instrumenta sceleris), der Einziehung unterliegen, ist im übrigen im vorliegenden Fall zu bejahen, sodaß die behauptete Nichtigkeit des Einziehungserkenntnisses (nach der Z 13 des § 345 Abs. 1 StPO) nicht vorliegt. Die Entscheidung über die Einziehung bildet einen Teil des Strafausspruchs und ist, soweit nicht wegen gesetzlicher Unzulässigkeit des Einziehungserkenntnisses Urteilsnichtigkeit vorliegt, nur mit Berufung anfechtbar (vgl. Leukauf-Steininger aaO RN 11 zu § 26 StGB). Dies gilt insbesondere für die Bekämpfung des weiteren, im § 26 Abs. 1 StGB statuierten Erfordernisses der Einziehung, demzufolge eine solche nur dann statthaft ist, wenn dies nach der besonderen Beschaffenheit der Gegenstände geboten erscheint, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen entgegenzuwirken. Dieser Berufungsgrund wird aber vom Angeklagten nach dem Inhalt seiner Rechtsmittelschrift, die nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde enthält, nicht geltend gemacht. Der zur Gänze unberechtigten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin ein Erfolg zu versagen.
Die vom Angeklagten angemeldete, aber nicht ausgeführte Berufung war gemäß §§ 294 Abs. 4, 296 Abs. 2 StPO zurückzuweisen.
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