Spruch:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil mit Ausnahme seines freisprechenden Teiles aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst entschieden:
Günther V***** wird von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe in Salzburg vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht teilweise als verantwortlicher Geschäftsführer der Alois N***** GmbH zwischen 1990 und 1995 Gewerbe-, Körperschafts- und Einkommenssteuer im Gesamtbetrag von 12,945.584 ATS (= 940.799,12 Euro) verkürzt (Anklagepunkt 1.1.) und zur Verkürzung von Einkommenssteuer des Günter V***** jun. im Gesamtbetrag von 1,908.060 ATS (= 138.665,14 Euro) beigetragen (Anklagepunkt 1.2.), gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Vom Vorwurf (Anklagepunkt 2.), er habe in Salzburg vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch Abgabe einer zufolge Nichtoffenlegung eines Spekulationsgewinnes unrichtigen Steuererklärung Einkommenssteuer in Höhe von 406.459 ATS (= 29.538,74 Euro) verkürzt, wird Günther V***** gemäß § 214 Abs 2 FinStrG freigesprochen.
Mit seiner Berufung wird er auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen - auch einen Teilfreispruch enthaltenden - Urteil wurde Günther V***** der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 11 dritter Fall FinStrG schuldig erkannt.
Danach hat er in Salzburg vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht
„1. als verantwortlicher Geschäftsführer der Alois N***** GmbH, diese wiederum als Komplementär der Alois N***** KG, bis 30. Juni 1994, sowie als verantwortlicher Geschäftsführer der Alois N***** GmbH ab 1. Juli 1994 durch Abgabe unrichtiger Steuererklärungen 1990 bis 1995 bescheidmäßig festzusetzende Abgaben
1.1. wie folgt verkürzt (in ATS):
1.1.1. Gewerbesteuer der Alois N***** GmbH:
1990 457.268,00
1991 690.109,00
1992 484.683,00
1993 424.369,00
1.1.2. Körperschaftssteuer der Alois N***** GmbH (ab 10. Mai 1995
G***** Handels GmbH):
1990 98.391,00
1991 180.416,00
1992 55.290,00
1993 153.828,00
1994 843.058,00
1995 3,787.940,00
1.1.3. Eigene Einkommenssteuer betreffend Günther V*****:
1990 1,069.938,00
1991 1,957.026,00
1992 479.950,00
1993 744.209,00
1994 1,519.113,00
insgesamt aus 1.1.1. bis 1.1.3. 12,945.584,00
(EUR 940.799,12)
1.2. zur Verkürzung der Einkommensteuer des Günter V***** jun. wie
folgt beigetragen:
1990 322.922,00
1991 604.982,00
1992 195.036,00
1993 366.640,00
1994 418.480,00
insgesamt 1,908.060,00
(EUR 138.665,14)
EUR 1,079.464,20
2. Günther V***** durch Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen
für das Jahr 1994 (Nichtoffenlegung eines Spekulationsgewinnes):
Einkommensteuer von ATS 406.459,00
(EUR 29.538,74)
insgesamt EUR 1,109.002,90"
Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil im Umfang seines Schuldspruches zu Punkt 1. mit einer auf Z 4, 5, 5a und 9 (lit) a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Der Rechtsrüge (Z 9 lit a), dass die Verweigerung der Bezeichnung von Empfängern abgesetzter Beträge gemäß § 162 BAO durch den Abgabepflichtigen keine strafbare Abgabenverkürzung begründe, kommt Berechtigung zu.
Nach den erstgerichtlichen Annahmen legte der Angeklagte als Geschäftsführer der Alois N***** GmbH zur Bedeckung teilweise „schwarzer" (ie belegloser oder nicht belegskongruenter) Wareneinkäufe von (unbekannt gebliebenen) Großverkäufern Scheinbelege unter Phantasienamen an, wobei die mit gefälschten Unterschriften der Lieferanten verbuchten „Schwarzeinkäufe" ca 40 % des Gesamteinkaufes ausmachten. Er „handelte mit dem Ziel, rechtmäßige Betriebsausgaben vorzutäuschen, um Gewinnverkürzungen zu erzielen" (US 5 f, 10, 12). Nachdem die Bedenken des Betriebsprüfers gegen die Unterschriften auf den in die Buchhaltung aufgenommenen Sammeleinkaufslisten durch einen Bericht der kriminaltechnischen Untersuchungsstelle der Bundespolizeidirektion Salzburg bestätigt worden waren (US 6 f), forderte das Finanzamt am 6. März 1996 das Unternehmen gemäß § 162 BAO auf, betragsabhängig Lieferanten im Prüfungszeitraum bekannt zu geben - dieses benannte keinen einzigen (US 18).
Wenn ein Abgabepflichtiger beantragt, dass Schulden, andere Lasten oder Aufwendungen abgesetzt werden, so kann die Abgabenbehörde nach § 162 Abs 1 BAO verlangen, dass der Abgabepflichtige die Gläubiger oder die Empfänger der abgesetzten Beträge genau bezeichnet. Soweit der Abgabepflichtige die verlangten Angaben verweigert, sind gemäß Abs 2 leg cit die beantragten Absetzungen nicht anzuerkennen. Die genannte Vorschrift ist ein Instrument der sogenannten Querverprobung mit dem Ziel, Steuerausfälle beim Empfänger eines vom Aufwender abzusetzen versuchten Betrages zu verhindern. Verweigert der Steuerpflichtige seine Mitwirkung, indem er den Empfänger nicht nennt, so geht ihm die Abzugsfähigkeit der geltend gemachten Posten verloren. Dies gilt selbst dann, wenn die Finanzverwaltung diese dem Grunde und der Höhe nach nicht bezweifelt, sondern in freier Beweiswürdigung als erwiesen ansieht. Dem nichtbenennenden Steuerpflichtigen wird durch das Auskunftsverlangen konstitutiv eine Art Gefährdungshaftung als Ausgleich für die Verweigerung seiner Mitwirkung (§§ 119, 143 BAO) auferlegt (vgl Ritz BAO² § 162 Rz 5, 8; sowie in Aktuelles zum Finanzstrafrecht 2000, Beiser, Die Empfängerbenennung nach § 162 BAO 75 [86 f] und Dannecker, Betriebsausgaben und Empfängerbenennung im österreichischen und deutschen Finanz- und Steuerstrafrecht, 99 [105 f, 109, 112]). Die Unterlassung oder Verweigerung der Empfängerbenennung (allein) vermag jedoch das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG nicht zu begründen, weil der (die Absetzbeträge nicht berücksichtigende, somit höhere) Abgabenanspruch erst durch die Nichtbenennung entsteht (Dannecker 111). Überdies wird bei tatsächlicher Leistung der geltend gemachten Zahlungen durch die Unterlassung oder Verweigerung der Empfängerbenennung keine Offenlegungspflicht verletzt, weil es dem Abgabepflichtigen frei steht, den Empfänger zu benennen oder die ihn belastenden abgabenrechtlichen Folgen auf sich zu nehmen (Reger/Hacker/Kneidlinger Das Finanzstrafgesetz I § 162 Rz 25). Die Sanktion für die Nichtbenennung erschöpft sich also im Verlust der Abzugsfähigkeit als Ausfluss einer abgabenrechtlichen Gefährdungshaftung (vgl Beiser 95). Sie bleibt damit - den Bedenken der Staatsanwaltschaft (S 21/III) entgegen - keineswegs folgenlos, weshalb auch keine planwidrige (Strafbarkeits-)Lücke vorliegt. Der Umstand, dass in der Buchhaltung des Unternehmens die Empfänger tatsachenwidrig bezeichnet sind, ändert nichts an dieser Beurteilung. Wenn die unrichtige Buchführung bei der Betriebsprüfung dem Prüfer als richtig präsentiert wird, so verstößt der Abgabenpflichtige zwar gegen seine Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, doch bewirkt er dadurch keine Abgabenverkürzung, weil er der Abzugsfähigkeit einer tatsächlich erfolgten Betriebsausgabe eben erst durch die Nichtbenennung des Empfängers trotz Verlangens der Abgabenbehörde verlustig wird (vgl Dannecker 110 f).
Die Herstellung unrichtiger Buchhaltungsbelege bzw deren Verfälschung, aber auch bloß die Vorweisung solcher Unterlagen im Abgabenverfahren (etwa bei einer Betriebsprüfung) vermögen aber andere strafbare Handlungen zu begründen. In Betracht kommen die Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 1, Abs 2 StGB, subsidiär die Vergehen der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 1, Abs 2 StGB, wobei Letztere insbesondere echte (Absichts-)Urkunden unwahren Inhalts (sogenannte „Lugurkunden") als Tatmittel erfassen (vgl Plöchl/Seidl in WK2 § 293 Rz 17 ff mwN). Die Subsidiaritätsklausel des § 22 Abs 3 FinStrG idF des Steuerreformgesetzes 2005 käme nur dann zum Tragen, wenn ein im Zusammenhang mit dem Urkunden- oder Beweismitteldelikt begangenes Finanzvergehen vorläge.
Eine Strafbarkeit wegen (versuchter oder vollendeter) Abgabenhinterziehung wäre lediglich dann gegeben, wenn die geltend gemachten Schulden, anderen Lasten oder Aufwendungen in Wahrheit gar nicht bestünden. Legt der Abgabepflichtige seinen Abgabenerklärungen solche fingierten Betriebsausgaben bzw Passiva zu Grunde, so würde er (auch) finanzstrafrechtlich für die dadurch bewirkte bzw zu bewirken versuchte Abgabenverkürzung haften (JBl 1974, 49).
Das Schöffengericht ging vorliegend allerdings ebenso wie das Finanzamt (S 114 f, 347/III) davon aus, dass die Alois N***** GmbH die für Einkäufe getätigten Aufwendungen tatsächlich erbrachte. Der Beschwerdeführer hat somit auf Grundlage des der Anklage zu Grunde gelegten (ON 54) und festgestellten Sachverhaltes hinsichtlich der Mehrbeträge an Ertragssteuern, die durch die Zurechnung gemäß § 162 Abs 2 BAO angefallen sind, das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG nicht zu verantworten. Wegen der - jeweils andere Tathandlungen als dieses Finanzvergehen erfordernden - Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 1 oder Abs 2 StGB bzw der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 1 oder Abs 2 StGB wurde der Angeklagte nie in Verfolgung gezogen (vgl die Anklagebegründung S 17 f/III). Ein Schuldspruch des Beschwerdeführers wegen eines dieser Delikte kommt daher schon wegen Verjährung nicht in Betracht.
Seine - bei Vorliegen aller erforderlichen objektiven und subjektiven Elemente grundsätzlich mögliche - Beitragstäterschaft zu allfälligen Finanzvergehen des (der) beleglos oder nicht belegskongruent („schwarz") Verkaufenden scheidet hier mangels Konkretisierung allenfalls hinterzogener Abgaben aus.
Der Angeklagte war daher hinsichtlich Punkt 1. des Urteils gemäß § 259 Z 3 StPO freizusprechen. Da der strafbestimmende Wertbetrag bezüglich des nicht bekämpften Punktes 2. des Urteils die Grenze des § 53 Abs 1 lit b FinStrG für die gerichtliche Zuständigkeit nicht übersteigt, musste insoweit gemäß § 214 Abs 2 FinStrG vorgegangen werden (§ 289 StPO).
Ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen erübrigte sich somit.
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