Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Eva N***** wurde mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB als Bestimmungstäterin nach § 12 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Darnach hat sie (zu ergänzen: zu einer nicht mehr feststellbaren Zeit zwischen 19.Jänner und 14.September 1991 in Wien - 237 f) Charlotte G***** dazu bestimmt, auf einen Beamten des Bundes in der Organisationseinheit der Externistenprüfungskommission beim Stadtschulrat für Wien dahingehend einzuwirken, daß dieser mit dem Vorsatz, den Staat an seinem Recht auf Kontrolle der den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechenden Zulassung zur Externistenmatura und zur Inskription an Universitäten und Hochschulen zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbrauchte, indem er für tatsächlich nicht abgelegte Vorprüfungen zur Externistenmatura aus Physik und Chemie positive Noten eintrug, ein Vorprüfungszeugnis ausstellte und dieses Eva N***** zukommen ließ, sodaß sie - ohne die Zulassungsvoraussetzungen zu erfüllen - zur Externistenmatura antreten konnte.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen aus Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Die Verfahrensrüge (Z 4) versagt schon aus formellen Gründen. Denn weder der Antrag auf Einvernahme des Michael N***** als Zeugen zum Nachweis dafür, daß "eine Verleitung oder Beteiligung der Angeklagten nicht vorgelegen ist", noch jener auf Beischaffung der Listen über Prüfer und Prüfungstermine für 1990 und 1991 zum Beweis dafür, daß die Beschwerdeführerin die schuldspruchrelevanten Vorprüfungen mit Erfolg abgelegt hat (227 verso), läßt nach Lage des Falles erkennen, aus welchen Gründen die begehrte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis denklogisch erwarten lassen konnte. Der Antrag hätte demnach für seine Beachtlichkeit einer besonderen Begründung bedurft, inwieweit der Bruder der Angeklagten - mag er auch nach deren Verantwortung dieselbe Maturaschule besucht haben (217 verso) - lückenlos fortgesetzte Wahrnehmungen gemacht haben sollte, die ein Gespräch zwischen Charlotte G***** und der Beschwerdeführerin im Sinne des Schuldspruches ausschließen ließen. Er hätte überdies anzugeben gehabt, weshalb die Kenntnis aller während der Jahre 1990 und 1991 in Frage kommenden Prüfer und Prüfungstermine die Aussage der Zeugin Mag.Margot S***** (219 f) auch nur relativieren sollte, wonach eine umfassende - auch anhand der Prüfungslisten vorgenommene - Überprüfung jenes Zeitraumes, welcher objektiviertermaßen für die Ablegung der Prüfungen allein in Frage käme, ergeben hat, daß der Name der Angeklagten in keiner der betreffenden Unterlagen aufscheint, für den Fall der tatsächlichen Prüfungsablegung jedoch aufscheinen müßte.
Entgegen der Mängelrüge (Z 5) hat das Erstgericht in seine Erwägungen sowohl die Verantwortung der Angeklagten, die Vorprüfungen aus Physik und Chemie mit positivem Ergebnis abgelegt zu haben, als auch deren Behauptung, das Prüfungsdekret deshalb nicht vorlegen zu können, weil es nicht ihr, sondern der Maturaschule ausgefolgt worden sei, miteinbezogen (245), dieses Beweisergebnis jedoch aus den im Urteil dazu ermittelten Prämissen ohne Widerspruch gegen Denkgesetze und Lebenserfahrung als ungeeignet erachtet, die gegen eine Ablegung der betreffenden Prüfungen sprechenden äußeren Umstände, namentlich die von den übrigen Gepflogenheiten abweichende, unvollständige und hinsichtlich des verzeichneten Prüfers unbestrittenermaßen falsche Prüfungsdokumentation, zu entkräften (241 f). Mit dem dagegen gerichteten Einwand, Charlotte G***** habe aus Werbegründen am Bestehen der Prüfungen ein persönliches Interesse gehabt und sei daher allein als Bestimmungstäterin zu betrachten, wird kein innerer Widerspruch der Urteilsgründe - ein solcher hat sich allein aus dem vom Schöffensenat tatsächlich gezogenen, nicht aber aus bloß möglichen Schlußfolgerungen zu ergeben - dargetan, sondern in unzulässiger Weise die erstgerichtliche Beweiswürdigung bekämpft.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) gelangt mit der Behauptung, ein Schuldspruch hätte die Feststellung erfordert, "welchen Tatentschluß Charlotte G***** bereits gefaßt hat", nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil sie sich damit über die Konstatierung hinwegsetzt, daß G***** - mag die Initiative zur illegalen Beschaffung der Vorprüfungszeugnisse (wie vom Erstgericht offen gelassen) möglicherweise auch von ihr ausgegangen sein - bei der Externistenprüfungskommission für die Angeklagte erst intervenierte, als sie von dieser dazu aufgefordert worden war (239 iVm 243). Damit hat das Erstgericht ausgeschlossen, daß sie im Zeitpunkt der Bestimmung durch die Beschwerdeführerin zur konkreten Tat bereits entschlossen war. Das dagegen ins Treffen geführte Argument mangelnder Beweisergebnisse ist im Rahmen eines materiellen Nichtigkeitsgrundes, welcher ein Festhalten am Urteilssachverhalt voraussetzt, unbeachtlich.
Soweit die Beschwerde zur Untermauerung ihres Standpunktes, die Feststellungen sprächen für eine alleinige Bestimmungstäterschaft der Charlotte G*****, überdies die Abgrenzungskriterien zwischen Bestimmungs- und Beitragstäterschaft aufzeigt, erweist sie sich als nicht nachvollziehbar, geht sie doch von der möglichen Leistung eines Tatbeitrages durch die Angeklagte gar nicht aus. Davon abgesehen wäre sie in diesem Fall wegen der rechtlichen Gleichwertigkeit der einzelnen Täterformen (Leukauf-Steininger Komm3 § 12 RN 14) nicht zum Vorteil der Beschwerdeführerin ausgeführt.
Das Erstgericht lastete der Angeklagten - auch in subjektiver Hinsicht - die Beschaffung eines Vorprüfungszeugnisses ohne Ablegung der Prüfungen durch eine bei der Externistenprüfungskommission des Stadtschulrates für Wien tätige, nicht näher bekannte Person unter Mißbrauch der dieser zustehenden Befugnisse an (239) und stellte damit fest, daß der Tatbestand des Mißbrauchs der Amtsgewalt in der Vorstellung der Beschwerdeführerin zumindest in groben Umrissen vorhanden war. Der näheren Kenntnis von den genauen Modalitäten der Tatverwirklichung durch den betreffenden Beamten bedurfte es in subjektiver Hinsicht hingegen nicht (Leukauf-Steininger Komm3 § 12 RN 33), weshalb der Schuldspruch die von der Beschwerde insoweit vermißten Feststellungen nicht erforderte.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte Eva N***** nach § 302 Abs 1 StGB zu sechs Monaten Freiheitsstrafe, welche es gemäß § 43 Abs 1 StGB für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah.
Bei der Strafbemessung wertete es keinen Umstand als erschwerend, den ordentlichen Lebenwandel und die Begehung der Tat vor Vollendung des 21. Lebensjahres hingegen als mildernd.
Der Berufung der Angeklagten, mit welcher sie die Herabsetzung der Freiheitsstrafe unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung anstrebt, kommt keine Berechtigung zu.
Im Hinblick auf den Ausnahmecharakter des § 41 Abs 1 StGB bleibt dessen Anwendbarkeit auf besonders gelagerte Fälle atypisch leichter Deliktsverwirklichung beschränkt (Leukauf-Steininger Komm3 § 41 RN 4).
Davon kann nach dem Urteilssachverhalt hier keine Rede sein. Selbst unter Berücksichtigung einer Tatbegünstigung durch das aktenkundige Verhalten von Charlotte G***** und des längeren Zurückliegens der Tat - für die in der Berufung behauptete Unbesonnenheit als ein dem ruhigen Denken entzogener Tatimpuls (Leukauf-Steininger Komm3 § 34 RN 13) liegt nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt vor - fehlt es schon wegen der - auch spezialpräventiv - besonderen Bedeutung der tatberührten öffentlichen Interessen, gegen die vorliegend ersichtlich aus einer manifest oberflächlichen Grundeinstellung heraus verstoßen wurde, an den gebotenen Voraussetzungen für die angestrebte Unterschreitung der gesetzlichen Mindeststrafe.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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